27.02.2013 Aufrufe

Die Seele Chinas - Chinaseiten

Die Seele Chinas - Chinaseiten

Die Seele Chinas - Chinaseiten

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Sechzehntes Kapitel<br />

Peking<br />

Städte haben ihre Zeiten, Zeiten der Schöpfung, Zeiten des Verfalls. Es gibt keine Stadt<br />

- selbst die ewige Stadt ist nicht ausgeschlossen -, die zu allen Zeiten etwas bedeutete.<br />

Doch gibt es Unterschiede unter den Städten. Es gibt solche, die sind nur Produkt einer<br />

bestimmten Konstellation. Ihr verdanken sie ihre Größe und Blüte. Alle Gebäude, Straßen<br />

und Plätze sprechen von der Größe dieser Zeit. Andere Zeiten kommen. Der Weltenstrom<br />

gräbt sich ein anderes Bett. <strong>Die</strong> Stadt verfällt, wird zur Ruine. Es gibt Städte im<br />

Wüstensand, an denen die Weltgeschichte endgültig vorübergegangen ist. Wieder<br />

andere werden von mehreren Zeitaltern heimgesucht. Troja ist solch ein Ort, an dem<br />

aufeinanderfolgende Jahrhunderte ihre Stockwerke auf den Ruinen der Vergangenheit<br />

getürmt. Aber es gibt auch Städte, die Jahrhunderte verschlafen haben. Sie zeigen<br />

Lücken. Verschiedene Zeiten sind über diese Lücken weg einander nahegerückt, wie oft<br />

in den geologischen Schichten eines Platzes einzelne Zeitalter ausgefallen scheinen,<br />

und Neues unmittelbar auf Ältestes stößt.<br />

Peking ist eine Stadt von mehreren Zeiten. Aber sie sind einander gefolgt, und das von<br />

ihnen Gestaltete ist in einem einheitlichen Ganzen zusammengewachsen, das heute<br />

noch lebt, wenn es auch mitten in einer neuen Veränderung begriffen ist. Peking heißt<br />

die nördliche Hauptstadt. Es war immer bezeichnend für die politische Situation einer<br />

Zeit in China, an welchem Ort die Hauptstadt lag. Tausend Jahre vor unserer Zeitrechnung<br />

gewannen von Westen her die Tschou-Leute das Reich. Ihre Hauptstadt lag im<br />

westlichen Teil von China, und ihr Hauptaugenmerk war darauf gerichtet, die Grenzen<br />

der Kultur gegen westliche Barbaren zu sichern. <strong>Die</strong> Dynastie wurde schwach, die Barbaren<br />

drangen vor, die Hauptstadt wurde ins Zentrum des damaligen China verlegt. Das<br />

war der Anfang zum Untergang des alten Feudalstaates. Der Weststaat Ts'in, der in das<br />

frühere Gebiet der Tschou einrückte, erlangte mit der Zeit die Oberherrschaft. Später<br />

wurde der Norden entscheidend. Dorther drängten die Hunnen, Mongolen und Mandschuren.<br />

<strong>Die</strong> Hunnen wurden durch den Bau der großen Mauer abgehalten. Ein Jahrtausend<br />

später drangen die Mongolen in China ein. <strong>Die</strong> Sungdynastie zog sich mit ihrer<br />

Hauptstadt immer weiter nach Süden zurück. Endlich wurde sie hinweggefegt. Der<br />

Mongolenkhan wurde Herrscher in China. Er gestaltete sein Feldlager, das im Mittelpunkt<br />

zwischen der Mongolei und China lag, zur Hauptstadt aus. Marco Polo besuchte<br />

den Mongolenkhan in Cambaluc. Das war das erste Peking. Es lag etwas nördlicher als<br />

die heutige Stadt. Der Glockenturm und der Trommelturm, die heute an der nördlichen<br />

Peripherie liegen, bildeten damals den Mittelpunkt. Sie sind noch immer im Gebrauch.<br />

Auf dem einen hängt die große Glocke, deren dumpfer Ton um die Zeit der Nachtwachen<br />

über die Stadt hinweht. Nichts ist erhabener, als wenn um Mitternacht der Ton<br />

dieser Glocke erwacht. Sie ist umgeben von Sagen. Sie konnte nicht richtig gegossen<br />

werden, ehe des Glockengießers Töchterlein durch das Opfer ihres Lebens die tückischen<br />

Mächte bannte, die den Guß verhindern wollten. Noch jetzt hört man ihre feine<br />

Stimme aus dem Metall klagen, wenn der große Holzbalken auf die Glocke stößt. - <strong>Die</strong><br />

große Trommel auf dem Trommelturm gibt das Zeichen, wenn die Tore der Stadt<br />

165

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!