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konnte mit einer Art Leichtfertigkeit Dinge berühren und abtun, die an<strong>de</strong>ren heilig sind.<br />
Daneben bestand aber ein an<strong>de</strong>rer Philippi, einer, <strong>de</strong>ssen persönliches Leben sich entzün<strong>de</strong>t<br />
hatte an <strong>de</strong>r „warmherzigen Frömmigkeit“ <strong>de</strong>s Professors Herrmann in Marburg, einer mit<br />
einer tiefinnerlichen Art, <strong>de</strong>n größten religiösen Fragen nachzuspüren. Philippi zählte auch zu<br />
<strong>de</strong>n be<strong>de</strong>utendsten religiösen Christen seiner Zeit. Wer aber solchen tiefempfun<strong>de</strong>nen Lie<strong>de</strong>r<br />
dichten kann, <strong>de</strong>m müssen doch die Gefühle, <strong>de</strong>nen er darin Ausdruck verleiht, selbst zum<br />
Erlebnis gewor<strong>de</strong>n sein. Dieser an<strong>de</strong>rer Philippi ist <strong>de</strong>r Westerwaldgemein<strong>de</strong> nicht genügend<br />
bekanntgewor<strong>de</strong>n, soweit er sich in <strong>de</strong>m Schrifttum <strong>de</strong>s Dichters offenbart. Daß ihr Pfarrer<br />
aber praktisches Christentum übte und stets für die bitten<strong>de</strong> Not eine offene Hand hatte, durfte<br />
sie doch erfahren. – Dies mußte hier einmal ausgesprochen wer<strong>de</strong>n, wo <strong>de</strong>r Versuch<br />
unternommen wird, Philippi sowohl, als auch seinen Westerwäl<strong>de</strong>rn – Getreuen und<br />
Ungetreuen – gerecht zu wer<strong>de</strong>n.<br />
In seiner Be<strong>de</strong>utung für die Volkskun<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Westerwal<strong>de</strong>s darf man Philippi unmittelbar nach<br />
Riehl einreihen. Es ist erstaunlich, wie viel Kleinarbeit er hier geleistet hat. Kein Vorgang von<br />
Be<strong>de</strong>utung im dörflichen Leben, <strong>de</strong>r nicht in seinen Erzählungen dichterisch geschil<strong>de</strong>rt<br />
wor<strong>de</strong>n ist. Bei seiner Lust zum Fabulieren und in <strong>de</strong>m Bestreben, spannend zu erzählen, hat<br />
jedoch <strong>de</strong>r Künstler, <strong>de</strong>r ohnehin die wirkliche Welt nicht in photographischer Genauigkeit<br />
darstellt, vieles in <strong>de</strong>r Kennzeichnung <strong>de</strong>r Wesensart <strong>de</strong>r Bewohner ins Uebernatürliche<br />
gesteigert und manches hinzuphantasiert, und so ist doch für die Leser draußen, die Wahrheit<br />
und Dichtung hier nicht zu schei<strong>de</strong>n wissen, ein verzerrtes Bild von unserer Heimat<br />
entstan<strong>de</strong>n. Zu welch’ merkwürdiger Charakterisierung <strong>de</strong>r hiesigen Bevölkerung kommt z.B.<br />
Professor Knebels, Hei<strong>de</strong>lberg, in seinem Schriftchen „Fritz Philippi als religiöser Dichter“<br />
lediglich auf Grund <strong>de</strong>r Westerwäl<strong>de</strong>r Erzählungen Philippis! Nur ein Satz daraus ist hier<br />
niedriger gehängt: „Ihr Dorf betrachten sie als <strong>de</strong>n Mittelpunkt <strong>de</strong>r Welt und suchen <strong>de</strong>n Weg<br />
zum lieben Gott gera<strong>de</strong>aus in <strong>de</strong>r Verlängerung ihres Rauchfanges.“ Wo gab es um die letzte<br />
Jahrhun<strong>de</strong>rtwen<strong>de</strong> noch eine so weltvergessene Ecke mit solchem abson<strong>de</strong>rlichen Völklein im<br />
lieben <strong>de</strong>utschen Vaterland?!<br />
Ein an<strong>de</strong>rer Pfarrer hätte wohl bald noch <strong>de</strong>r bewegten Zeit <strong>de</strong>s Frühjahrs 1903 hier <strong>de</strong>n Staub<br />
von <strong>de</strong>n Füßen geschüttelt. Nicht so Philippi! Er lief <strong>de</strong>m Leben nicht aus <strong>de</strong>r Schule, son<strong>de</strong>rn<br />
ließ sich die unliebsamen Erfahrungen zur Lehre dienen. „Ich nehme mich nicht genug<br />
zusammen, so bekennt er später in seinem zweiten Hirsekornbüchlein. Diese Schwäche <strong>de</strong>s<br />
Charakters hat er nie ganz überwun<strong>de</strong>n, und sie hat ihm auch in seinem späteren Dichtungen<br />
Widrigkeiten verursacht. Man erkennt aber in <strong>de</strong>m nun entstehen<strong>de</strong>n neuen Buche seiner<br />
Westerwäl<strong>de</strong>r Bauerngeschichten, daß betitelt ist „Unter <strong>de</strong>n langen Dächern“, daß <strong>de</strong>r<br />
Dichter bemüht gewesen ist die Klippen zu umschiffen, an <strong>de</strong>nen er im ersten gescheitert war.<br />
Mit welch innig-schöner Erzählung wird dies zweite Buch mit „Hei<strong>de</strong>kreuz“ eröffnet! „Ich<br />
will von einer großen Tat schreiben. Sie haben es nötig, die Menschen“ Auch „Das<br />
Hei<strong>de</strong>kreuz“ ist ganz erdichtet. Aber hier will Philippi etwas Vorbildliches <strong>de</strong>m Leser vor<br />
Augen führen, ihn damit anspornen, sein Leben hinauf zu steigern. Selbst „hülfreich und gut“<br />
zu wer<strong>de</strong>n. Das Hei<strong>de</strong>kreuz auf <strong>de</strong>r Hub soll das An<strong>de</strong>nken an die opferfreudige Tat <strong>de</strong>r<br />
Pfarrerstochter erhalten. „Es fühlt sich warm an am Ostermorgen Anna Barbara!“<br />
Als im November <strong>de</strong>s Jahres 1904 Philippi nun doch <strong>de</strong>n Westerwald verließ, da hatte <strong>de</strong>r<br />
Zufall mitgewirkt. Die Stelle in Freiendiez, wo er Vilar gewesen war, war frei gewor<strong>de</strong>n, und<br />
die Gemein<strong>de</strong> hatte ihn einstimmig zum Pfarrer gewählt. Den Entschluß zu gehen, so schrieb<br />
er später im „Hirsekorn“, „sollte noch blutsauer wer<strong>de</strong>n, das war die Absicht <strong>de</strong>r<br />
Westerwäl<strong>de</strong>r Heimat. Die Ahnung beschlich mich, daß ich nirgendwo wie<strong>de</strong>rfin<strong>de</strong>, was ich<br />
hier hatte.“ – In <strong>de</strong>r letzten Eintragung in die Kirchenchronik gibt er einer gewissen<br />
Verstimmung Ausdruck, Schatten umstan<strong>de</strong>n ihn. Aber sie wichen bald <strong>de</strong>r Erkenntnis, daß