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Der Butzemann mit <strong>de</strong>m man abends <strong>de</strong>n Kin<strong>de</strong>rn Angst macht, ist, wie die wil<strong>de</strong>n<br />
Weiberchen, kein wirkliches Wesen gewesen, son<strong>de</strong>rn nur ein Gebil<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Volksphantasie.<br />
Man zählt ihn zu <strong>de</strong>n Kobol<strong>de</strong>n, ähnlich wie die Kölner Heinzelmännchen und leitet seinen<br />
Namen ab von mittelhoch<strong>de</strong>utschen bozen = klopfen, pochen, schlagen. Am Wege nach<br />
Donsbach gibt es ein Butzemannswiesche. Nach Sprelmann war <strong>de</strong>r Butzemann <strong>de</strong>r<br />
stürmen<strong>de</strong> Wettergott, welche Erklärung weniger für sich hat.<br />
Der Nachtjäger, ebenfalls eine Schreckgestalt für die Kin<strong>de</strong>r („Etz kummt <strong>de</strong>r Noochtjager“),<br />
ist auf keinen Geringeren als auf Wodan, <strong>de</strong>n obersten Gott unserer heidnischen Vorfahren<br />
zurückzuführen. Nur <strong>de</strong>m Volke <strong>de</strong>n Glauben an ihn zu verbieten, verwan<strong>de</strong>lte ihn die Kirche<br />
in ein Schreckgespenst. Er ist <strong>de</strong>r „wil<strong>de</strong> Jäger“, <strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Sage nach mit seinem wüten<strong>de</strong>n<br />
Heere im Sturm (Woost) durch die Lüfte saust.<br />
Der Glaube an an<strong>de</strong>re Gespenster, Geistererscheinungen, Hexen und <strong>de</strong>n Teufel reicht auch in<br />
heidnische Zeiten zurück und ist heute bei uns noch nicht erloschen. Ich will hier einen Fall<br />
anführen, <strong>de</strong>n mir mein Stiefvater von Uckersdorf erzählte: Ein Uckersdorfer befand sich auf<br />
<strong>de</strong>m Heimwege von Herborn. Da sah er hinter einem Baume eine Frau mit einem Kopftuche<br />
hervorschauen. Er ging darauf los, da war sie verschwun<strong>de</strong>n, er lief um <strong>de</strong>n Baum herum und<br />
rief: „Hier war jemand, wo ist er?“ Alles still, nichts zu sehen. Da erfasste ihn eine namenlose<br />
Angst, er packte <strong>de</strong>n Hut in die Hand und stürzte in atemlosem Laufe davon. Wochenlang hat<br />
er an <strong>de</strong>n Folgen <strong>de</strong>s Schreckens zu belegen. – Ein an<strong>de</strong>rer Fall. Eine Frau aus Breitscheid<br />
erzählte mir die Bekehrung sei ihr leicht gemacht wor<strong>de</strong>n, Jesus sei ihr selbst erschienen, sie<br />
habe ihn unter <strong>de</strong>r Zimmer<strong>de</strong>cke schweben sehen. In bei<strong>de</strong>n Fällen können die Personen das,<br />
was sie angeben, gesehen zu haben, auch wirklich gesehen haben. In ihrem Gehirn war das<br />
Bild vorhan<strong>de</strong>n. Dem Bil<strong>de</strong> lag aber kein entsprechen<strong>de</strong>r Gegenstand zugrun<strong>de</strong>. Es war eine<br />
Sinnestäuschung, eine sogenannte Halluzination, ein Spiel <strong>de</strong>r erregten Einbildungskraft.<br />
Mitten im Weltkriege trug sich in Breitscheid eine Gespenstergeschichte zu: Es war kein<br />
Trugbild <strong>de</strong>r Sinne, son<strong>de</strong>rn leibhaftige Wirklichkeit! Die Bewohner <strong>de</strong>s letzten Hauses am<br />
Me<strong>de</strong>nbacherweg sahen an einem Winteraben<strong>de</strong> eine wage Gestalt hin und her wan<strong>de</strong>ln. Ein<br />
Gespenst, feuchte die gläunig Aage. Die Frau sickt bleich vor Schrecken vom Stuhl und <strong>de</strong>r<br />
Mann <strong>de</strong>nkt an die Axt. Ein Spuk geht durchs Dorf. Und was war <strong>de</strong>s Pu<strong>de</strong>ls Kern? Ein<br />
Breitschei<strong>de</strong>r „Romeo“ hatte auf seine „Julia“ gewartet; vom Schneegestöber war <strong>de</strong>r Mantel<br />
weiß, und die brennen<strong>de</strong> Zigarre war das gläunig Aag. – So geht alles natürlich zu. Nach<br />
ehernen großer Getetzen vollzieht sich alles. Und wo wir neue Erscheinungen uns nicht<br />
erklären können, da fehlt uns noch die Einsicht in <strong>de</strong>n Zusammenhang <strong>de</strong>s Geschehens. Den<br />
Glaube von Gespenster und Geister können wir trotz <strong>de</strong>s Shakesspeareschen Ausspruches,<br />
daß es Dinge zwischen Himmel und Er<strong>de</strong> gäbe, von <strong>de</strong>nen sich unsere Schulweisheit nichts<br />
träumen ließe, endgültig begraben, (kein Geist ohne Verbindung mit <strong>de</strong>m Stoffgeist ein<br />
wissenschaftliches Gesetz. Also gibt es auch keinen persönlichen Teufel und keine Hexen, die<br />
in seinem Banne stehen. In uns selbst steckt das Böse! Und <strong>de</strong>s Teufels Behausung, die Hölle,<br />
als ein Ort irgendwo im Weltall, wo er ewig das Feuer spürt für die verdammten Seelen, gibt<br />
es natürlich nicht. Wohl gibt es eine Hölle, aber sie ist ein Zustand <strong>de</strong>s sterblichen<br />
Bewusstseins. An <strong>de</strong>n heidnischen Glauben, an böse Geister erinnert noch folgen<strong>de</strong>s. Der<br />
Lehrer Hermanni in Breitscheid von 1836-42, erzählte in <strong>de</strong>r Schulchronik, daß er, als er im<br />
Jahre 1831 seine vorherige Stelle in Liebenscheid angetreten habe, dort mit „Peitschknallerei“<br />
empfangen wor<strong>de</strong>n sei. Der hiesige Pfarrer Schellenberg erzählt in unserer Kirchenchronik,<br />
als er im Jahre 1837 seine junge Frau von Herborn hierher geholt habe, sei er von einem Zug<br />
Breitschei<strong>de</strong>r mit Musik und Gewehrschießen empfangen wor<strong>de</strong>n. Noch heute wird beim<br />
„Winkof“ (Verlobung), ja mit Peitschen geknallt. An<strong>de</strong>rwärts wur<strong>de</strong>n bei solchen<br />
Gelegenheiten auch Scherben bei <strong>de</strong>n betreffen<strong>de</strong>n Hause zerworfen. Der ursprüngliche Sinn