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herausgetragen; Die Leute im Dorf seien fast alle in <strong>de</strong>n Wald geflüchtet gewesen. Daß solche<br />

Scheußlichkeiten eine tiefgehen<strong>de</strong> Erbitterung schufen, die sich bei unbeherrschten Leuten zu<br />

Rachetaten ähnlicher Art auswirkte, sobald sich Gelegenheit dazu bot, ist zu begreifen. Im<br />

Jahre 1838 fügte Pfarrvikar Schellenberg, um <strong>de</strong>n Charakter <strong>de</strong>r Breitschei<strong>de</strong>r ins rechte Licht<br />

zu setzen, unseren Pfarrakten ein Schriftstück folgen<strong>de</strong>n Inhalts bei: „In <strong>de</strong>n<br />

siebenzehnhun<strong>de</strong>rtneunziger Jahren haben die Breitschei<strong>de</strong>r und ein frem<strong>de</strong>r Häfnergeselle<br />

Namens Michel mehrere Fanzosen, nach<strong>de</strong>m die Breitschei<strong>de</strong>r dieselben ihres Gel<strong>de</strong>s beraubt<br />

hatten, in und vor <strong>de</strong>m Orte Breitscheid zum Theil in Schweineställen, zum Theil auf <strong>de</strong>r<br />

Straße erwürgt o<strong>de</strong>r todt geschlagen und dann in <strong>de</strong>r Wal<strong>de</strong>cke gen Gusternhain zu unter die<br />

Er<strong>de</strong> verscharrt. Solches theilte mir mit <strong>de</strong>r pensionierte Schullehrer Justus Haas in<br />

Breitscheid.“ Soweit Vikar Schellenberg. Welche Schandtaten aber die Franzosen begangen<br />

hatten, davon sagt er nichts; es diente hier nicht seinem Zwecke. Kein Zorn ohne Ursache!<br />

Ein Bericht etwas heiterer Art möge hier <strong>de</strong>n Beschluß bil<strong>de</strong>n. Dieser Fall ist natürlich ganz<br />

ins Reich <strong>de</strong>r Fabel zu verweisen. Ich bringen ihn nur seiner Abson<strong>de</strong>rlichkeit wegen und um<br />

zu zeigen, wie bei manchen Dörfler längst für übewun<strong>de</strong>n geglaubte Wahnvorstellungen noch<br />

munter fortbestehen. Mein Gewährsmann ist völlig überzeugt davon, daß es sich um eine<br />

wirkliche Begebenheit han<strong>de</strong>lt. Seine Großmutter hat ihm erzählt: Einst in <strong>de</strong>r Franzosenzeit<br />

erschien französische Reiterei auf Hermannsroth, <strong>de</strong>r Höhe südlich von Breitscheid. Darob<br />

große Angst im Dorf. Aber einer war darin, <strong>de</strong>r „aut konnt“, nämlich hexen. Er stellte die<br />

Pfer<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Franzosen, bannte sie, daß sie zwei Tage nicht von <strong>de</strong>r Stelle konnten trotz<br />

Fluchens und Wetterns <strong>de</strong>r Reiter. Als sie dann nachher, aufs höchst erbost, ins Dorf rückten,<br />

erging es <strong>de</strong>n Leuten nicht gut, beson<strong>de</strong>rs aber bekam <strong>de</strong>r Heimberger ihren Unmut zu spüren.<br />

Wie scha<strong>de</strong>, daß man vor <strong>de</strong>m Ausbruch <strong>de</strong>s Weltkrieges in Deutschland nicht mehr hexen<br />

konnte! Die feindlichen Heere zwei Tage auf <strong>de</strong>r Grenze festgebannt – und <strong>de</strong>r Krieg war<br />

gewonnen!<br />

Mit <strong>de</strong>m Abflauen <strong>de</strong>r Revolution drüben in Frankreich lenkte das kriegerischen Leben,<br />

soweit es die Zivilbevölkerung berührte, zwar geordnetere Bahnen, aber die Durchmärsche<br />

und Einquartierungen und die damit verbun<strong>de</strong>nen Lieferungen an die feindlichen Truppen,<br />

sowie die vom Fein<strong>de</strong> auferlegten und erpressten beson<strong>de</strong>ren Kriegsgel<strong>de</strong>r, ließen unsere<br />

Ureltern weiter nach <strong>de</strong>m Drucke <strong>de</strong>s Krieges erseufzen. Da die Gemein<strong>de</strong>rechnungen<br />

unseres Dorfes nicht erhalten geblieben sind, kann ich mit Belegen darüber aus unserer<br />

Gemein<strong>de</strong> nicht dienen. Ein Hinweis auf Einquartierungen fin<strong>de</strong>t sich in unseren Pfarrakten.<br />

Am 1. August 1798 fragt unser Pfarrer beim Amtmann in Herborn an, ob ihm bei <strong>de</strong>n<br />

bevorstehen<strong>de</strong>n französischen Einquartierungen die Gemein<strong>de</strong> nichts zu Vergüten habe. Er<br />

dürfe sich, wie bisher noch immer geschehen, keiner Verschonung schmeicheln. Der<br />

Amtmann antwortet: Bei unständigen, starken Einquartierungen können herrschaftliche<br />

Bediente, Professoren und Prediger so wenn als an<strong>de</strong>re Einwohner davon verschont bleiben;<br />

sie können auch keine Vergütung dafür verlangen, „wenn nicht <strong>de</strong>r Einquartierte ein General<br />

o<strong>de</strong>r wenigstens Obrist ist, <strong>de</strong>r eine förmliche öffentliche Tafel hält, so auf Gemein<strong>de</strong>kosten<br />

veranstaltet wer<strong>de</strong>n muß. Ist die Einquartierung von längerer Dauer, so muß auch die<br />

Bepflegung an<strong>de</strong>rer Offiziere auf öffentliche Kosten geschehen.“<br />

Die Gemein<strong>de</strong> Schönbach bewahrt noch einen Schuldschein auf, <strong>de</strong>n sie im Jahre 1798<br />

ausgestellt hat. Sie lieh „zu Bezahlung <strong>de</strong>r Kriegskosten von <strong>de</strong>m Herrn Stadt-Leutnant und<br />

Han<strong>de</strong>lsmann Johann Gottfried Rückert zu Herborn 2000 Gul<strong>de</strong>n.“ Sämtliche 47 Ortsbürger<br />

mußten <strong>de</strong>n Schuldschein unterschreiben. Wie schwer mag es <strong>de</strong>n kleinen Leuten gewor<strong>de</strong>n<br />

sein, sich für eine solche für sie so hoch erscheinen<strong>de</strong> Summe mitzuverbürgen! Am 2..<br />

September 1800 beschloß die Fürstliche Lan<strong>de</strong>sregierung, „daß zur Abtragung <strong>de</strong>r von <strong>de</strong>m<br />

Französich – batavischen Obergeneral Augereau zu Höchst von <strong>de</strong>n hiesigen Fürstlichen<br />

Lan<strong>de</strong>n gefor<strong>de</strong>rten und sofort abgetragen wer<strong>de</strong>n müssen<strong>de</strong>n außeror<strong>de</strong>ntlich starken<br />

Kontribution die gesamten Fürstliche Bediente, Zivil, Militär und Geislichen Stan<strong>de</strong>s, alle<br />

Professoren und sonstige Schulverwandte zwey Procent von ihrer jährlichen Besoldung

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