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Auch in Breitscheid ist noch vieles über diese Zeit im Gedächtnis <strong>de</strong>s Volkes lebendig. Die<br />

Heimsuchungen <strong>de</strong>s Westerwal<strong>de</strong>s durch die Franzosen waren eben so schwerer Art, daß sie<br />

so leicht nicht vergessen, son<strong>de</strong>rn von Geschlecht zu Geschlecht weitererzählt wur<strong>de</strong>n mit <strong>de</strong>r<br />

Mahnung: „Bittet Gott, daß kein Feidsvolk ins Land kommt!“ Was die Breitschei<strong>de</strong>r<br />

Ueberlieferungen uns nun zu berichten wissen, läßt uns über <strong>de</strong>n Zeitpunkt <strong>de</strong>r Geschehnisse<br />

im Unklaren. Das Volk verlegt sie ganz naturgemäß alle in die napoleonische Zeit, unsere<br />

eigentliche Franzosenzeit (1806 –1813). Napoleon, <strong>de</strong>r Gewaltige, haftet in seinem<br />

Gedächnis, und um ihn rankt es dann alles, was auf die Franzosen in diesem ganzen Zeitraum<br />

zurückgeht. Wir müssen aber die nachfolgend aufgeführten Ereignisse in <strong>de</strong>r Hauptsache in<br />

die Zeit <strong>de</strong>r Revolutionskriege, die 1790er Jahre, verlegen, beson<strong>de</strong>rs die schlimmsten<br />

darunter, die <strong>de</strong>n zuchtlosen Ban<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r <strong>de</strong>m Hexenkessel drüben in Frankreich entstiegenen<br />

Revolutionsheere am ehesten zugemutet wer<strong>de</strong>n können, dann unter Napoleons Regiment<br />

waren doch im allgemeinen geordnete Verhältnisse, in <strong>de</strong>nen die Führer die Truppen mehr in<br />

<strong>de</strong>r Hand hatten. Aber auch da sind böse Erfahrungen nicht ausgeblieben. Wir führen im<br />

fogen<strong>de</strong>n die Berichte im Zusammenhange an, da wir auch nicht wissen können, wie sie auf<br />

die bei<strong>de</strong>n Zeitabschnitte zu verteilen sind. Nur das, was sicher <strong>de</strong>r napoleonischen Zeit<br />

angehört, möge dort seinen Platz fin<strong>de</strong>n.<br />

In einem Breitschei<strong>de</strong>r Pfarrbuch heißt es in 1810, „in <strong>de</strong>n unruhigen Kriegsperio<strong>de</strong>n 1795<br />

und 1796, da man flüchtete“, ist wahrscheinlich ein gewisses Pfarrbuch abhan<strong>de</strong>n gekommen.<br />

Von einer solchen Flucht erzählt uns auch unser Bürgermeister Petri, <strong>de</strong>r von <strong>de</strong>r Ziegelhütte<br />

stammte. Sein Vater, <strong>de</strong>r Johannes Anton, damals noch jung, hat seinen Kin<strong>de</strong>rn viel von <strong>de</strong>n<br />

Ereignissen in ihrem Hause, einem Wirtshaus erzählt. In <strong>de</strong>n 1793er Jahren, als er noch ein<br />

Junge war, rückten einst französische Truppen von Schönbach aus an. Von <strong>de</strong>r Höhe <strong>de</strong>s<br />

Schönbacher Weges sahen sie, wie die Breitschei<strong>de</strong>r in Scharen auf <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren <strong>Seite</strong> <strong>de</strong>s<br />

Dorfes <strong>de</strong>m Wal<strong>de</strong> zueilten. Unser Johannes Anton war zurückgeblieben; am Eingang <strong>de</strong>s<br />

Hofes <strong>de</strong>r Ziegelhütte stehend, fragten ihn die eingerückten Franzosen; „Wie heißt hier die<br />

Dorf?“ Er antwortete: „Breitscheid“! Darauf sie: „Nein, nicht Breitscheid, son<strong>de</strong>rn<br />

Leutscheut!“ Wie diese „Leute“ zu scheuen waren, das zeigten sie eben auf dieser Zeigelhütte<br />

bei dieser o<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>rer Gelegenheit. Sie suchten von <strong>de</strong>m Wirt allerlei zu erpressen, stießen<br />

ihn mit <strong>de</strong>m Kopf an die Dohen (Trägerbalken), daß ihm das Blut aus Mund und Nase floß.<br />

Ein an<strong>de</strong>rmal warfen sie ihn in <strong>de</strong>n Teig im Backtrog, um ungehin<strong>de</strong>rter plün<strong>de</strong>rn zu können.<br />

Der Frau <strong>de</strong>s Hauses raubten sie 1700 Gul<strong>de</strong>n aus <strong>de</strong>r Schürze, als sie über <strong>de</strong>n Hof ging und<br />

im Begriffe war, das Geld draußen in Sicherheit zu bringen, weil es im Geheimfach ihres<br />

Klei<strong>de</strong>rschrankes nicht mehr sicher war; in Schatese Kalkofen am Schönbacher Weg<br />

verteilten sie dann <strong>de</strong>n Raub unter sich. Die Familie Petry hoffte nach <strong>de</strong>m 70er Kriege, als<br />

wir wie<strong>de</strong>r oben waren, auf Ersatz <strong>de</strong>s Gel<strong>de</strong>s, aber es kam nicht dazu.<br />

In Aelberte Haus misshan<strong>de</strong>lten die Unhol<strong>de</strong> einen alten Mann, sodaß Hilfe aus <strong>de</strong>n<br />

Nachbarhäusern geholt wer<strong>de</strong>n mußte. Das Dienstmädchen von <strong>de</strong>r Ziegelhütte, das in <strong>de</strong>m<br />

jetzt abgebrochenen alten Nickels Haus etwas zu tun hatte, hielten französiche Soldaten dort<br />

zurück. Als es ausblieb, forschte man nach und sah durchs Fenster, wie etwa sechs Franzosen<br />

das Mädchen auf <strong>de</strong>m Tische liegen hatten und festhielten. Drei handfeste Männer, darunter<br />

<strong>de</strong>r Bru<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s Mädchens, drangen nun, mit Hacken und <strong>de</strong>rgleichen bewaffnet, ein und<br />

verjagten sie. Die Franzosen nahmen Reißaus durchs Fenster, fassten aber draußen wie<strong>de</strong>r<br />

Mut und drangen nun auf die Verteidiger <strong>de</strong>s Mädchens ein. Diese flüchteten auf <strong>de</strong>n<br />

Speicher und ließen die Falltüre nie<strong>de</strong>r. Die Franzosen druchstachen diese, die Breitschei<strong>de</strong>r<br />

aber konnten sich durchs Dachfenster retten. Sie entflohen dann in <strong>de</strong>n Wald, wo sie sich drei<br />

Wochen versteckt halten mußten: ihre Angehörigen brachten ihnen heimlich das Essen.In<br />

Stahl’s Haus am Gusternhainerweg fingen zwei Franzosen Fangball mit <strong>de</strong>m Säugling im<br />

Hause durchs niedrige Fenster; die verzweifeln<strong>de</strong> Mutter fleht sie an, es zu unterlassen,<br />

umsonst! Von meiner Großmutter hörten wir, ein Franzose habe in Webers Haus (am<br />

Katzenweiher) ein Kind in <strong>de</strong>r Wiege aufgespießt und auf <strong>de</strong>r Spitze <strong>de</strong>s Säbels

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