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Beleg für das Festhalten <strong>de</strong>s Bauern am alten Sprachgebrauch und seine Verwurzelung mit<br />
<strong>de</strong>r Scholle. Wenn wir <strong>de</strong>n „Dung“ in <strong>de</strong>r Schriftsprache nur noch als „Nahrung <strong>de</strong>s Ackers“<br />
kennen, so ist das eine Be<strong>de</strong>utungsverengerung. Es liegt mir aber fern, hier einen Streit<br />
entfachen zu wollen; ich möchte vielmehr einiges über die Grenzen <strong>de</strong>s Wortes mitteilen, wie<br />
ich sie vor 20 Jahren für unsere Gegend festgestellt habe. Danach hießt es in <strong>de</strong>n westlichen<br />
Orten <strong>de</strong>s Amts Herborn von Breitscheid und Rabenscheid bis nach Ro<strong>de</strong>nberg und<br />
Münchhausen, sowie in Haiger, Sechshel<strong>de</strong>n und Wissenbach „Huinkdung“, sonst im ganzen<br />
Dillkreis und auf <strong>de</strong>m Westerwald bis nach Emmerichenhain und zum Salzburger Kopf<br />
„Hoinkdong“. Der südlichste Teil <strong>de</strong>s Dillkreises geht mit <strong>de</strong>n benachbarten Gebieten: Sinn<br />
und Burg haben „Hoinkebrut“ wie <strong>de</strong>r Kreis Wetzlar, Fleisbach hat bei<strong>de</strong>s, in <strong>de</strong>n<br />
Kirchspielen Beilstein und Nen<strong>de</strong>roth fin<strong>de</strong>n sich schon die Formen, wie sie im Kreis<br />
Westerburg südlich von Emmerichenhain gelten, nämlich „Hoinksteck-stick“. Wie weit die<br />
„Dung“ sich noch ins Hessische erstreckt, wird man erst sehen, wenn einmal das „Hessen-<br />
Nassauischen Wörterbuch“ fertig ist, das ja in vorbildlicher Weise Karten von allen<br />
interessanten Wörtern bringt, wie die bisherigen vier Lieferungen zeigen.<br />
Südlich vom Dillkreis verläuft die Grenze ziemlich genau von Bellersdorf bis Staufenberg in<br />
westöstlicher Richtung; nördlich gilt „Dung (Dong)“, südlich „Hoinkebrut“. Im Hauptteil <strong>de</strong>s<br />
Kreises Bie<strong>de</strong>nkopf braucht man, wie mir versichert wur<strong>de</strong>, „Botter“ für unsere „Dung“, also<br />
auch „Hinkbotter“ für das nur mit Zwetschenkraut bestrichene Brot, wie ich es in Achenbach<br />
festgestellt habe.<br />
Der Siegerlän<strong>de</strong>r hat die „Dong“ wohl, das schöne Wort „Huink“ o<strong>de</strong>r „Hoink“ (wobei <strong>de</strong>r<br />
Leser selbst entschei<strong>de</strong>n mag, welches saftiger und schmackhater klingt), kennt er aber nicht,<br />
son<strong>de</strong>rn braucht nur Honich (Hunich) für <strong>de</strong>n Bienenhonig und nennt das Zwetschenkraut<br />
„Krutt“. Auch im Sü<strong>de</strong>n hat die Herrlichkeit <strong>de</strong>s „Hoink“ bald ein En<strong>de</strong>; im Taunus und in <strong>de</strong>r<br />
Wetterau gilt Latwerge, das sich von <strong>de</strong>m spätlateinischen Wort electuaruum = „Extrakt,<br />
dicker Saft“ herleitet.<br />
Und nun wünsche ich meinen lieben Landsleuten, daß sie sich trotz <strong>de</strong>r schlechten Zeit die<br />
„Huinkdung“ gut schmecken lassen – freilich muß erst Butter drauf sein, <strong>de</strong>nn<br />
wie man in Wissenbach sagt.<br />
Butter schmiert <strong>de</strong> Reppe,<br />
Huink schmiert <strong>de</strong> Deppe,<br />
Nochmals die „Dung“<br />
(Entgegnung zum vorherigen Artikel)<br />
Herr Dr. Krob möchte das mundartliche Wort „Dung“ (für ein geschmiertes Stück Brot) statt<br />
von „tunken“ lieber von „düngen“ abgeleitet wissen. Gegen diese Deutung scheint mir <strong>de</strong>r<br />
Umstand zu sprechen, daß die Worte „düngen“ und „Dung“ in ihrer eigentlichen Be<strong>de</strong>utung<br />
unter unseren Bauern gar nicht gebräuchlich sind (wenigstens in Breitscheid nicht) und auch<br />
wohl nie ihrem Sprachschatze angehört haben. Es heißt: Der Acker wird „gebessert“, es fehlt<br />
ihm an „Besserung“. Erst mit <strong>de</strong>m künstlichen Dünger um die letzte Jahrhun<strong>de</strong>rtwen<strong>de</strong> kam<br />
auch das Wort „Dünger“ bei uns auf, aber nur als Bezeichnung für <strong>de</strong>n künstlichen; mit<br />
diesem wird auch nicht „gedüngt“, son<strong>de</strong>rn „gestraacht“ (gestreut). – Einen Bun<strong>de</strong>sgenossen<br />
für meine Auffassung führte übrigens Herr Dr. Kroh selbst an in seiner Doktordissertation<br />
über die Wissenbacher Mundart, Marburg 1912. Zu <strong>de</strong>m Worte „Dung“ (Butterbrot) bringt er<br />
folgen<strong>de</strong> Fußnote: „Bech, Beiträge zu Bilmars Idiotidon, S. V, leitet es von „tunken“ ab;<br />
möglich wäre auch, an „Dung“, „Dunger“, zu <strong>de</strong>nken.“