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Den Rosmarinstrauch hatte sie immer am Fenster stehen. Sie wohnte in Kuhlmanns Haus.<br />
Zimmer jetzt nicht mehr vorhan<strong>de</strong>n, befand sich rechts vom Ern wo jetzt <strong>de</strong>r Stall ist.<br />
Die Gemeinschaftsbewegung<br />
Das heutige Gemeinschaftschristentum ist aus <strong>de</strong>m Pietismus hervorgegangen. Der Begrün<strong>de</strong>r<br />
<strong>de</strong>s <strong>de</strong>utschen Pietismus ist Phil. Jak. Spener, <strong>de</strong>r von 1666 ab Pfarrer <strong>de</strong>r lutherischen Kirche<br />
in Frankfurter M. war. Es betrübte ihn zu sehen, wie die lutherische Kirche in ernster Gefahr<br />
schwebte, in starre Rechtgläubigkeit, in bloßes Wort Christentum zu versinken. Um bei seinen<br />
Gemein<strong>de</strong>glie<strong>de</strong>rn eindringlicher auf ein lebendiges Christentum, das in <strong>de</strong>r Liebe tätig ist<br />
hinarbeiten zu können, hielt er seit 1670 neben <strong>de</strong>n Gottesdiensten noch beson<strong>de</strong>re<br />
Erbauungsstun<strong>de</strong>n, in welchen er die Bibel erklärte, worüber sich dann die anmaßen<strong>de</strong>n<br />
Männer aussprachen. Sener stand fest auf kirchlichem Bo<strong>de</strong>n. Die von ihm eingerichteten<br />
Versammlungen sollten unter kirchlicher Leitung bleiben, das Neue sollte ein Kirchlein in <strong>de</strong>r<br />
Kirche bil<strong>de</strong>n. Aber die Entwicklung ist doch an<strong>de</strong>re Wege gegangen, und wenn <strong>de</strong>r gute<br />
Spener heute sähe, wie seine „frommen Wünsche“ in vielen Gemein<strong>de</strong>n zu einer Trennung<br />
von <strong>de</strong>r Kirche geführt haben, wür<strong>de</strong> er vielleicht ausrufen: „Das habe ich nicht gewollt.“ Der<br />
Pietismus entwickelte sich nun weiter, und viele Segnungen sind ihm zu verdanken. Es sei<br />
mir an Frem<strong>de</strong> und sei es Waisenhaus in Halle und an die Herrn Hüter Brü<strong>de</strong>rgemein<strong>de</strong><br />
erinnert. Das Fremdwort Pietismus be<strong>de</strong>utet soviel wie Frömmigkeit, kindliche Liebe,<br />
Verehrung und Hingabe (an <strong>de</strong>n Heiland). Die Betätigung <strong>de</strong>s Pietismus führt aber bei<br />
schwärmerisch veranlagten Menschen leicht zu einem Überschwung <strong>de</strong>r Gefühle, und so<br />
zeigten sich schon bald, beson<strong>de</strong>rs im Gebiete <strong>de</strong>r oberen Lahntäler, krankhafte Entartungen<br />
<strong>de</strong>s Pietismus; Schwarmgeister verwirrten die Gemüter.<br />
So trat in <strong>de</strong>n letzten Jahren vor 1700 in unserer Gegend <strong>de</strong>r Professor <strong>de</strong>r hohen Schule zu<br />
Herborn, Heinrich Horche auf. Er „sah Gesichter, einen offenen Himmel und goldgekrönte<br />
Lämmer. Die Kirchen nennen ihn Götzenhäuser. Wie „einer <strong>de</strong>r ersten Christen,“ langbärdig<br />
im braunen Kittel, wan<strong>de</strong>rte er von begeisterten Jüngern umgeben, dahin. Einen schlichten<br />
Bürgersmann wählte er zum Hohenpriester seiner Schar. Abends sammelte er sich zuweilen<br />
mit <strong>de</strong>n Seinen völlig entblößt in einem überheitzten Zimmer. Nun waren sie die Männer im<br />
feurigen Ofen.“ U.s.w. Aber damals hatten die <strong>de</strong>utschen noch nicht die Freiheit, frei nach<br />
ihrem Glauben zu leben. Horche wur<strong>de</strong> 1698 abgesetzt. Er hatte mit Klopfer in Greifenstein<br />
<strong>de</strong>m „<strong>de</strong>n Sohn Gottes sich nennen<strong>de</strong>n Irrgeist“, in Verbindung gestan<strong>de</strong>n. Klopfer hatte sich<br />
geweigert, sein Kind taufen zu lassen. Er wur<strong>de</strong> gefangen gesetzt, und während<strong>de</strong>ssen wur<strong>de</strong><br />
sein Kind gegen seinen Willen getauft. Als er weiter auf seiner Weise beharrte, wur<strong>de</strong> er mit<br />
<strong>de</strong>n Seinen auf einen Karrn über die Grenze geschafft. Obwohl Horche abgesetzt war, kehrte<br />
er wie<strong>de</strong>r zurück, und sein Einfluß zog weitere Kreise. „Zuweilen soll er auf offenem Markte<br />
vor 200 Personen gere<strong>de</strong>t haben“. So wur<strong>de</strong>n auch die Dorfleute mit seinen religiösen<br />
Ansichten bekannt. Steubing schreibt um 1790 von Uckersdorf: „Zu Anfang dieses<br />
Jahrhun<strong>de</strong>rts sind hier viele Pietisten, beson<strong>de</strong>rs Horchianer, gewesen“. (Steubing schreibt<br />
von Horche: Er „predigte unbenommen erbaulich und drang sehr auf praktisches<br />
Christentum“. Die Pfarrer im Dillenburgischen fan<strong>de</strong>n 1699 Fürsten <strong>de</strong>r schweren<br />
Verantwortung erinnert, die ihm ihr Amt auferlegt; sie sollen <strong>de</strong>n Irren<strong>de</strong>n „zu hülff<br />
kommen“. In einem Bericht vom Jahre 1704 sagt <strong>de</strong>rselbe: „Nicht wenigeren scha<strong>de</strong>n<br />
empfin<strong>de</strong>t die Kirche durch das sogar wie eine pestilenz eingerissene Zanckwesen, worinnen<br />
viele sogar erbittert sind, daß sie jahr und tag dabey verharren, predigern und ältesten bey<br />
gewöhnlichen Hausvisitationen und an<strong>de</strong>ren Privat-Zuredungen auf wohlgemeinten<br />
Erinnerungen unbeschei<strong>de</strong>ntlich antworten, zu widriger religion sich zu begeben androhen,<br />
die zu gutem Zweck angedrohte obrigkeitliche Hülffe verspotten, das Heilige Abendmahl,<br />
weiß mit welcher maasen, ohne offentliche communion und annehmung eingesetzter Zeichen