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untugend mit folgten. Deshalb sal solichs auch genzlich abgetan und einem jeklichen nach<br />

gehaltennem Gottesdienste, meß und Predige ungesten und getrunken wyd<strong>de</strong>r in syn<br />

Behüsung zu gehen gebotten wer<strong>de</strong>n, und die übertretten by <strong>de</strong>r buß gestraaft.“<br />

1729 heißt es in einer Verordnung: „Die ärgerlichen Kirchenmessbegehungen sind<br />

abgeschafft.“ Schließlich war die Kirmes nur noch ein rein weltliches Fest, <strong>de</strong>ssen in <strong>de</strong>r<br />

Kirche gar nicht mehr Erwähnung getan wur<strong>de</strong>. Nicht einmal <strong>de</strong>s Ursprungs <strong>de</strong>r Kirmes als<br />

eines Kirchlichen Festes ist sich das Volk bei uns bewußt. Zu Pfarrer Hains Zeit (1873-1886)<br />

war es noch an<strong>de</strong>rs.<br />

Frau Pfarrer Bickel durfte es noch wagen, sich auf <strong>de</strong>n Tanzplatz vorm Rathaus zu begeben,<br />

ohne Anstoß zu erregen. Je<strong>de</strong>r Kirmesbursch durfte einmal mit ihr tanzen. Die bei<strong>de</strong>n alten<br />

Frauen, die mir das erzählten, sagen hierzu: „Tanzen ist keine Sün<strong>de</strong>.“<br />

Breitscheid bleib noch lange nach seiner Lostrennung von Herborn (1309) ganz für sich als<br />

Kirchengemein<strong>de</strong>. Erst um 1588 kam Me<strong>de</strong>nbach, das bis dahin nach Herborn eingepfarrt<br />

war, zu uns. (Nach Vogel). Die Gemein<strong>de</strong> Me<strong>de</strong>nbach soll damals Pfaffenrain an Breitscheid<br />

abgetreten haben. Ein urkundlicher Beleg dafür ist mir nicht zu Gesicht gekommen. 1603<br />

wird Pfaffenrain „<strong>de</strong>r Kirchen-Gerechtigkeit“ genannt. 1507 gabs schon <strong>de</strong>n Namen „Paffen<br />

Reyne“. Fleißige Kirchgänger nach hier sind die Me<strong>de</strong>nbacher niemals gewesen. Zur Zeit<br />

kommen sie nur zur Prüfung <strong>de</strong>r Konfirman<strong>de</strong>n und zur Konfirmation herauf. An <strong>de</strong>n übrigen<br />

Sonntagen <strong>de</strong>s Jahres glänzen sie auf ihrer Bühne durch Abwesenheit. Es ist eine ständige<br />

Klage <strong>de</strong>r Pfarrer durch die Jahrhun<strong>de</strong>rte hindurch. 1719 klagt Pfarrer Weler in einem Bericht<br />

über schlechten Kirchenbesuch <strong>de</strong>r Me<strong>de</strong>nbacher. Im Jahre 1736 schreibt Pfarrer Groos: Am<br />

30. September „seyend die Me<strong>de</strong>nbächer, welche beinahe 6 Jahre hier nicht in die<br />

Kirchegegangen, wie<strong>de</strong>r anhero kommen und haben recht or<strong>de</strong>ntlich ihre Plätze wie<strong>de</strong>r in <strong>de</strong>r<br />

Kirche eingenommen. Da nun by<strong>de</strong> Gemein<strong>de</strong>r von langen Jahren her nicht wohl miteinan<strong>de</strong>r<br />

haben harmonieren können, wur<strong>de</strong>n sie öffentlich bei erklärung <strong>de</strong>s größten Gebotts aus <strong>de</strong>m<br />

Evangelio Matth. 22 zur beharrlichen Liebe und einträchtigkeit anermahnet.“<br />

Die kirchliche Behör<strong>de</strong> ließ Verordnungen ergehen, daß die Leute zur Kirche zu gehen hätten,<br />

wohin sie eingepfarrt seien und nicht in an<strong>de</strong>re Kirchen. Me<strong>de</strong>nbach will 1684 <strong>de</strong>m Pfarrer<br />

die hergebrachten Dienste nicht mehr leisten. Pfarrer Ludwig berichtet über die Auflehnung:<br />

„Anno 1684 <strong>de</strong>n letzten tag Februar sind ie gantze gemein<strong>de</strong> Me<strong>de</strong>nbach gegen mich<br />

pastorem in <strong>de</strong>r Cantzlei (zu Dillenbur) gewesen, wovon alsbald ihrer fünff in die Stöck<br />

(Wegen Vorgehen wur<strong>de</strong>n die Leute damals in <strong>de</strong>n Stock gesetzt, das ist ein Holzblock, in<br />

welchem Arme und Beine festgelegt wur<strong>de</strong>n. Auch Paulus legte man die Füße in Rom in <strong>de</strong>n<br />

„Stock“. Das Dillenburger Gefängnis heißt auch heute noch bei uns das „Stockhaus.“) gesetzt<br />

wur<strong>de</strong>n, die an<strong>de</strong>ren alle seyend Zum tor hinauß entlauffen, haben <strong>de</strong>arin gesessen biß zum<br />

2ten tag Mertz zu abend, die ursach wahr, wollen sie nichts bei die Pfarr alhier tun o<strong>de</strong>r geben<br />

wollen – es haben ihrer drey zu herbohrn im arrest <strong>de</strong>swegen gesessen.“ Auf fürstlichen<br />

Befehl kam die Versöhnung im April <strong>de</strong>s Jahres zustan<strong>de</strong>. Die Me<strong>de</strong>nbacher baten mit<br />

Handgelöbnis um Verzeihung; „sie sollten nun ein halben tag je<strong>de</strong>s Pferd ackern, ein karrn<br />

Holz führen, ein Hecker (Feldarbeiten mit <strong>de</strong>r Harke) einen tag arbeiten und die Gemein<strong>de</strong><br />

inßgesampt die Pfarrwiese unter Erbach mehen: hingegen <strong>de</strong>r Pastor anstatt <strong>de</strong>n wochen<br />

predigten Zu allen 14 tagen <strong>de</strong>s nachmittags <strong>de</strong>n Sonntag zu Me<strong>de</strong>nbach predigen.“<br />

Aus <strong>de</strong>n Jahren 1770 bis 1776 liegen Beschwer<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Pfarrei Breitscheid über die Gemein<strong>de</strong><br />

Me<strong>de</strong>nbach wegen Versäumen <strong>de</strong>s Gottesdienstes im Staatsarchiv zu Wiesba<strong>de</strong>n.<br />

Vor 1736 war es Herkommen, daß die Me<strong>de</strong>nbacher <strong>de</strong>m Breitschei<strong>de</strong>r Pfarrer vom Herbst,<br />

wenn die Kornsaat beendigt war, bis zum Frühjahr, wenn <strong>de</strong>r erste Pflug wie<strong>de</strong>r hinausging,<br />

das sogenannte Winterpferd stellten zum Reiten nach Me<strong>de</strong>nbach. Das Winterpferd ist in <strong>de</strong>r<br />

Folge mit 1 Reichstaler abgelöst wor<strong>de</strong>n. Die „Reitpferdvergütung“ ist heute noch in <strong>de</strong>r

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