Seite 4 - Alt-breitscheid.de
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geschlossenes Urwaldgebiet, sumpfig, nebelig, steinig und kalt, nur von Jagd- und einigen<br />
wenigen Verbindungspfa<strong>de</strong>n durchzogen, festere Ansiedlungen nur in <strong>de</strong>n tieferen Tälern.<br />
Wer sollte in solcher Wildnis sangesfreudig auf <strong>de</strong>n Gipfeln unseres Berges geeilt sein, um<br />
die Götter zu loben? O<strong>de</strong>r wer möchte gar Lust verspürt haben, da oben ein Gesang zu<br />
wettstreiten, wo <strong>de</strong>r gespielige Wind o<strong>de</strong>r gar <strong>de</strong>r Worst <strong>de</strong>n Sieger sofort <strong>de</strong>n Ton vom<br />
Mun<strong>de</strong> abnimmt und ihn scha<strong>de</strong>nfroh in alle Win<strong>de</strong> zerstreut? –<br />
Bliebe noch übrig, <strong>de</strong>n Bar<strong>de</strong>nstein mit germanischen Bar<strong>de</strong>n (Sängern) in Verbindung zu<br />
bringen. Darüber kennen wir aus einer Sage, nach <strong>de</strong>r ein hartherziger Graf unserer Gegend<br />
<strong>de</strong>n Sänger, <strong>de</strong>r ihm in Lied seine Schandtaten vorhielt, aus Rache lebendig am Barstein<br />
anschmie<strong>de</strong>n ließ. Nun seien die Tiere <strong>de</strong>s Wal<strong>de</strong>s gekommen und hätten <strong>de</strong>m gefesselten<br />
Speise gebracht. Auf <strong>de</strong>r Jagd habe <strong>de</strong>r Graf zufällig <strong>de</strong>n angeschmie<strong>de</strong>ten Bar<strong>de</strong>n<br />
wie<strong>de</strong>rgefun<strong>de</strong>n, und gerührt über <strong>de</strong>ssen wun<strong>de</strong>rbare Erhaltung habe er ihn versöhnend ans<br />
Herz gezogen.<br />
Je<strong>de</strong>nfalls entbehrt das ganze Bar<strong>de</strong>ngeheul, ob nun keltischer o<strong>de</strong>r germanischer Art, <strong>de</strong>r<br />
wissenschaftlichen Begründung. Es wird <strong>de</strong>r Name „Bar<strong>de</strong>nstein“, so schön und stolz er auch<br />
klingt, nur eine vorübergehen<strong>de</strong> Erscheinung sein.<br />
Sind wir durch diese Ausführungen auch um eine schöne Illusion ärmer gewor<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>r Berg<br />
bleibt uns doch, wie es auch um seinen Namen bestellt sein möge, ein lieber treuer Zeuge aus<br />
<strong>de</strong>r Vergangenheit. Bis an seinen Fuß spülen die Wellen <strong>de</strong>s zeitlichen Weltgetriebes, er<br />
selbst bleibt unberührt davon, wie das Elend inmitten <strong>de</strong>r Meeresunruhen. Wer ihn<br />
empfänglichen Gemütes aufsucht, wird sich <strong>de</strong>s Zaubers seiner stillen Umwelt nicht entgehen<br />
können.<br />
„Hier kann <strong>de</strong>r Mensch von bangen Stun<strong>de</strong>n<br />
Am Herzen <strong>de</strong>r Natur gesun<strong>de</strong>n.“<br />
Eine Beschreibung unseres Berges habe ich nur bei Becher gefun<strong>de</strong>n. Er führt 1789 aus: „Vor<br />
Breitscheid nicht fern vom Dorf Rabenscheid (ob Becher wohl Gusternhain gar nicht gesehen<br />
hat?) erhebt sich ein Lavafelsen glattrund, welchen ich Bar<strong>de</strong>nstein nenne. In <strong>de</strong>n nächsten<br />
Orten wird er Barschstein und Barstein genannt. Er nimmt sich in <strong>de</strong>r Ebene, aus welcher er<br />
hervorgetreten, mit aus. Die nördliche <strong>Seite</strong>, welche 750 Fuß lang, ist mit Lavafelsen garniert<br />
und oben hat er eine 214 Fuß breite Fläche. Die Lava ist dicht und von bläulichgrauer Farbe,<br />
um sie herum fin<strong>de</strong>t sich aber auch noch Fläche mit Glummerblättchen aus bräunlichen und<br />
weißen Glaspunkten, insbeson<strong>de</strong>re auf <strong>de</strong>n Äckern, welche nach <strong>de</strong>m Breitschei<strong>de</strong>r Wald zu<br />
liegen. Auf <strong>de</strong>r ganzen Nordseite <strong>de</strong>s Bar<strong>de</strong>nsteins haben ehe<strong>de</strong>ssen die Felsen<br />
zusammengehangen und ein Ganzes ausgemacht, welchem an <strong>de</strong>r Höhe wenig von 30 Fuß<br />
gefehlt haben wird. Zeit und Menschen arbeiten aber an ihrer Zerstörung, wodurch Stücke<br />
eingefallen, noch mehr Lücken o<strong>de</strong>r Bruch entstan<strong>de</strong>n sind, daß die Breitschei<strong>de</strong>r vorn ihre<br />
Bausteine brechen wozu sie sehr schicklich sind.<br />
Der Felsen hat daher jetzt ein Ansehen, wie ein Gebirge, das <strong>de</strong>r Bergmann gerüttet nennt. Ich<br />
halte ihn in Verbindung mit <strong>de</strong>m Ganzen für einen beson<strong>de</strong>ren vulkanischen Ausbruch. Da<br />
die Gegend hoch, <strong>de</strong>r Bar<strong>de</strong>nstein noch höher ist und gleichsam die Form eines<br />
Amphitheaters hat, so genießt man von ihm eine weite Aussicht nach Nordost, Osten und<br />
Südwesten, wie die Grafschaften Witgenstein, die Darmstättischen Lan<strong>de</strong>, Wetterau und auf<br />
<strong>de</strong>n Vogelsberg.“<br />
Die erwähnte Sage lautet ausführlich:<br />
„Über <strong>de</strong>m Lan<strong>de</strong> herrschte einst ein wil<strong>de</strong>r Graf, raue Gesellen waren seine Untertanen. Die<br />
Kun<strong>de</strong> von <strong>de</strong>m gewaltigen, rechtbrechen<strong>de</strong>n Herrscher war weit nach Nor<strong>de</strong>n zu einem<br />
Hel<strong>de</strong>nsänger gedrungen. Nach langer Wan<strong>de</strong>rschaft kam er, überall seine Lie<strong>de</strong>r erschallen<br />
lassen, auch an <strong>de</strong>n Hof <strong>de</strong>s Westerwaldgrafen, freudig aufgenommen als <strong>de</strong>r Verschönerer