Seite 4 - Alt-breitscheid.de
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Bei <strong>de</strong>r Anstellung <strong>de</strong>s Nachfolgers wur<strong>de</strong> natürlich darauf gesehen, daß dieser Luthers Lehre<br />
zugetan war: So mag sich in Breitscheid <strong>de</strong>r Bruch mit <strong>de</strong>m alten, wenigstens im Pfarrhaus,<br />
schmerzlos vollzogen haben. Der erste lutherische Pfarrer in Breitscheid hieß Jakob<br />
Ebersbach. „Er hatte 1519 zu Bologne studiert, war zu Dillenburg Choralis gewesen und<br />
hernach Kaplan zu Siegen gewor<strong>de</strong>n. War einmal zu Trier, hernach durch Erasmus Sarone<br />
ordiniert wor<strong>de</strong>n.“ Die Besetzung <strong>de</strong>r hiesigen Pfarrstelle stand <strong>de</strong>m Grafen von Dillenburg<br />
zu als Lehnsherren <strong>de</strong>r Herborner Kirche. In <strong>de</strong>r Urkun<strong>de</strong> vom 4.Juli 1536, die sich im<br />
Staatsarchiv zu Wiesba<strong>de</strong>n befin<strong>de</strong>t, bekennt Graf Wilhelm <strong>de</strong>r Reiche, daß es nach <strong>de</strong>m To<strong>de</strong><br />
<strong>de</strong>s Nikolaus Koch mit <strong>de</strong>r Kapelle in Breitscheid <strong>de</strong>n Priester Jakob Eberbach belehnt habe,<br />
<strong>de</strong>r hierzu geeignet und tauglich ist, um Gottes Willen, sein heiliges Wort lauter und rein zu<br />
predigen, und <strong>de</strong>m Volke zur Lehre, zum Leben und Wesen vorzustehen.“ – Die Geistlichen<br />
durften jetzt heiraten „und sollen sie im Herrn wohl fragen,“ heißt es in einer<br />
Kirchenordnung. Jakob Ebersbach scheint vorerst nicht geheiratet zu haben. 1541 saß er (nach<br />
Mitteilungen aus <strong>de</strong>m Archiv) im Gefängnis, weil sein Verkehr mit einer verwandten 3.<br />
Gra<strong>de</strong>s (wahrscheinlich seine Haushälterin) nicht ohne Folgen geblieben war. Derartiges<br />
natürliches Zusammenleben war in <strong>de</strong>r katholischen Zeit bei <strong>de</strong>r Ehelosigkeit <strong>de</strong>r Priester<br />
unter <strong>de</strong>n Priestern häufig, und die Papstkirche drückte bei<strong>de</strong> Augen zu, in <strong>de</strong>r evangelischen<br />
Kirche wur<strong>de</strong> es aber we<strong>de</strong>r gedul<strong>de</strong>t noch entschuldigt. Der Pfarrer Sarrer, <strong>de</strong>r Vorsitzen<strong>de</strong><br />
<strong>de</strong>r Syno<strong>de</strong> in Dillenburg, handhabte strenge Kirchenzucht. Ebersbach wur<strong>de</strong> von <strong>de</strong>r Syno<strong>de</strong><br />
abgesetzt und zum Kaplan nach Haiger gemacht. (Steubing schreibt in seiner<br />
Kirchengeschichte, <strong>de</strong>r Breitschei<strong>de</strong>r Kaplan Hans von Ebersbach wäre abgesetzt wor<strong>de</strong>n.<br />
Ganz klar liegt die Sache nicht.) Jakob Ebersbach ist doch wie<strong>de</strong>r nachher als Pfarrer hier<br />
gewesen, 1549. Er war in <strong>de</strong>m genannten Jahr unter <strong>de</strong>n Zwei Pfarrern im Dillenburgischen,<br />
welche die evangelische Lehre wie<strong>de</strong>r preisgaben und das Augsburger Intarien annahmen. Er<br />
durfte darum seine Stelle behalten, während die übrigen Pfarrer, die <strong>de</strong>r evangelischen Lehre<br />
fernblieben, abgesetzt wer<strong>de</strong>n sollten. Auch Sarner hatte das Feld räumen müssen, 1548.<br />
Wegen seines Verhaltens am 6. Februar 1549 haben wir keine Ursache, auf Jakob Ebersbach<br />
als <strong>de</strong>n ersten evangelischen Pfarrer hier mit Stolz zu blicken. Danach ist er kein standhafter,<br />
aufrechter Charakter gewesen. Die im Anfange <strong>de</strong>s 17. Jahrhun<strong>de</strong>rts hier wohnhaften<br />
„Ebersbach“ Nachkommen dieses Pfarrers. Die neuen Gedanken, die die große Umwälzung<br />
brachte, drangen nur ganz allmächlich ins Volksbewußtsein. Es vergingen noch Jahrzehnte,<br />
bis erst einmal die äußeren Einrichtungen <strong>de</strong>r katholischen Kirche wie Messgewand,<br />
Cruzifixe, brennen<strong>de</strong> Lichter und <strong>de</strong>rgleichen beseitigt waren.<br />
Das Taufwasser wur<strong>de</strong> gesalzen, das Kind mit Öl auf Brust und Schultern gesalbt, sein Kopf<br />
mit Chysam bestrichen, in seine Ohren und Nase Speichel und Kot getan, in seine Augen<br />
geblasen, ihm Salz in <strong>de</strong>n Mund getan und brennen<strong>de</strong> Kerzen in die Hand gegeben. Dies alles<br />
fiel mit <strong>de</strong>m Papsttum, aber die Fragen an das Kind und die Austreibung <strong>de</strong>s Teufels<br />
bestan<strong>de</strong>n noch Jahrzehnte. Den Teufel trieb man aus bei <strong>de</strong>r Taufe und nachher war er doch<br />
im Menschen. In <strong>de</strong>r um 1597 herausgekommenen Kirchenordnung heißt es in <strong>de</strong>r Vorre<strong>de</strong>,<br />
die neue Lehre habe bis jetzt schlechte Fortschritte gemacht, dies läge aber nicht an <strong>de</strong>r Lehre<br />
selbst, son<strong>de</strong>rn an <strong>de</strong>m Unfleiß <strong>de</strong>r Prediger; „das Län<strong>de</strong>rvolk zwischen Westerwal<strong>de</strong> und<br />
Westphalen sei seiner Art noch etwas hartlernig,“ darum solle dieser Bericht von Predigern<br />
etwas zu Hülfe kommen. Es fehlte in <strong>de</strong>r Tat an tüchtigen Geistlichen, die durch ein<br />
vorbildliches Leben <strong>de</strong>r neuen Lehre eine Stütze sein konnten. Sieben Pfarrer im<br />
Dillenburgischen waren zur Zeit <strong>de</strong>r Reformation wegen Vollsaufens o<strong>de</strong>r Unzucht angeklagt.<br />
Darunter befand sich auch <strong>de</strong>r Schönbacher Pfarrer R., <strong>de</strong>r 1539 abgesetzt wur<strong>de</strong>. Wenn<br />
manche Pfarrer die Schenke o<strong>de</strong>r Herberge, also das Wirtshaus im Dorf hatten, und wenn sie<br />
gehalten waren, das Vieh zu hüten wie je<strong>de</strong>r Bauer, so oft die Reihe an sie kam, dann kann die<br />
Achtung <strong>de</strong>s Volkes vor ihnen nicht allzu groß gewesen sein. – Zum Scha<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s geistlichen<br />
Amtes. 1543 baten die Pfarrer auf <strong>de</strong>r Syno<strong>de</strong> zu Dillenburg „um Freyheit von <strong>de</strong>r Säue und<br />
Viehheit“, sie wollten gerne das Ihrige dazu beitragen, wenn man einen gemeinen Hirten