Monastic Island of Reicheneau - UNESCO: World Heritage
Monastic Island of Reicheneau - UNESCO: World Heritage
Monastic Island of Reicheneau - UNESCO: World Heritage
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Enclosure A 7 Hauslandschaft<br />
6<br />
tionen und ihrer großen Aussagekraft für<br />
die Datierung eines Gebäudes sehr in den<br />
Vordergrund des wissenschaftlichen Interesses<br />
der Hausforschung getreten sind,<br />
führt der Verlust des originalen Dachstuhls<br />
in der Regel zum Verlust der Denkmaleigenschaft.<br />
Daraus erklärt sich, daß<br />
nach heutigen Bewertungskriterien viele<br />
der stattlichen Bauten nicht mehr in der<br />
Denkmalliste auftauchen, obwohl sie ihr<br />
äußeres Erscheinungsbild und <strong>of</strong>t auch<br />
ihre Funktion beibehalten haben.<br />
Bei vielen der kleineren, traufständigen<br />
Bauten wurde zusammen mit der Dachstuhlerneuerung<br />
eine Art kleiner Kniestock<br />
eingebaut. Diese Bauten haben damit<br />
über dem Obergeschoß eine große<br />
Wandfläche bekommen und ihre ausgewogenen<br />
historischen Proportionen verloren.<br />
Der historische Dachumriß mit<br />
dem kleinen Knick für den Aufschiebling<br />
ist nur in ganz wenigen Fällen aufgenommen<br />
worden.<br />
Die Landwirtschaft auf der Reichenau<br />
wurde im 20. Jh. vom Weinbau auf den<br />
Gemüsebau umgestellt. Auslöser war zuletzt<br />
ein Frost 1928/29, der den Rebenbestand<br />
schwer geschädigt hatte. Die Viehhaltung<br />
wurde bis in die späten 1960er<br />
Jahre allgemein aufgegeben. 4 Folge davon<br />
war, daß die in ihren alten Funktionen<br />
nicht mehr gebrauchten Wirtschaftsräume<br />
z. T. umgenutzt wurden; vor allem aber<br />
entstanden Anbauten an den alten Häusern.<br />
Gebraucht wurden jetzt Räume zum<br />
Gemüsewaschen, für Mineraldünger, Abstellräume<br />
für Maschinen und Arbeitsgerät,<br />
Garagen. Diese sukzessive und wenig<br />
geordnet erstellten Anbauten beeinträchtigen<br />
das Erscheinungbild der Insel, greifen<br />
aber <strong>of</strong>t nicht in die Bausubstanz ein.<br />
Hier wären Verbesserungen möglich.<br />
Der zweite Wirtschaftszweig, der heute für<br />
die Reichenau wichtig ist und Auswirkungen<br />
auf die Bebauung hat, ist der Fremdenverkehr.<br />
Hierfür werden Neubauten erstellt<br />
oder werden in den Altbauten Ferienwohnungen<br />
eingebaut. Diese Ferienwohnungen<br />
werden entsprechend den<br />
vermeintlichen oder aber den tatsächlichen<br />
Ansprüchen der Städter mit Balkonen<br />
ausgestattet. Auch die Wohnansprüche<br />
der einheimischen Gemüsebauern haben<br />
sich dadurch geändert. Neben sinnvollen<br />
Neuerungen, wie dem Einbau von<br />
Bädern und Schmutzschleusen, ist seit<br />
den 60er Jahren ein städtischer Balkon am<br />
Weinbauernhaus zu einer Frage des Sozialprestiges<br />
geworden. Diese Balkone werden<br />
<strong>of</strong>t gar nicht benützt, weil im Arbeitsalltag<br />
der Gemüsebauern keine Zeit dazu vorhanden<br />
ist. Es gibt Beispiele von seit Jahrzehnten<br />
bestehenden Balkonvorbauten<br />
an der Giebelseite von Dächern, wobei der<br />
dahinter liegende Dachraum nicht als<br />
Wohnraum ausgebaut ist, sondern weiterhin<br />
traditionell als Lagerraum genutzt<br />
wird (Untere Rheinstraße 37, Felchenweg<br />
1). Dabei handelt es sich bei Balkonen um<br />
ein Merkmal städtischen Massenwohnungsbaus<br />
als Ersatz für fehlende Gärten.<br />
Die Altbauten werden dadurch empfindlich<br />
beeinträchtigt. Es bleibt zu h<strong>of</strong>fen,<br />
daß die Reichenauer den hohen Erholungswert<br />
ihrer wunderschönen Obstund<br />
Blumengärten für sich und ihre Gäste<br />
zu nutzen und zu schätzen lernen.<br />
Burgen, Schlösser, Herrenhäuser<br />
Die strategische Sicherung der Insel erfolgte<br />
durch Burgen bzw. feste Ministerialensitze.<br />
Auf einer dem Ostzipfel der Insel vorgelagerten<br />
kleinen Insel wurde zur Sicherung<br />
der bei Niedrigwasser begehbaren Furt<br />
schon früh durch das Kloster die Burg<br />
Schopfeln erbaut. Vermutet wird, daß sie<br />
vielleicht schon nach den Ungarneinfällen<br />
erbaut wurde, genannt wurde sie 1056,<br />
1263 und 1312, als sie unter Abt Diethelm<br />
wiederhergestellt wurde. Zwischen 1370<br />
und 1383 wurde sie durch die Konstanzer<br />
Fischerzunft endgültig zerstört. Noch heute<br />
erhebt sich die Ruine am Eingang zur<br />
Insel. Hier trifft der 1838/39 angelegte,<br />
von einer Pappelallee gesäumte Damm auf<br />
die Insel.<br />
Der wichtigste Pr<strong>of</strong>anbau, die Pfalz, die<br />
mehrfach als Aufenthaltsort deutscher<br />
Kaiser diente, später Sitz des Reichenauer<br />
Obervogts war, wurde bereits 1838 abgebrochen.<br />
Sie stand unmittelbar oberhalb<br />
des Klosters in Mittelzell, diente also u. a.<br />
vielleicht auch der militärischen Sicherung<br />
der Nordseite der Insel. Sie war Ende<br />
4 Blenck, Jürgen, Die Insel Reichenau, Eine<br />
Agrargeographische Untersuchung , in: Heidelberger<br />
Geographische Arbeiten 1971.