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Monastic Island of Reicheneau - UNESCO: World Heritage

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Enclosure A 10 Historische Strukturen im Landschaftsbild<br />

16<br />

Insel liegende Ackerflächen dienten der<br />

Produktion von Getreide. Das vor allem<br />

inmitten der Insel im Westen gelegene,<br />

wenige Wiesenland sorgte für die Produktion<br />

von Heu und konnte als Weide genutzt<br />

werden. Die Hausgärten waren dem<br />

Anbau von Gemüse vorbehalten.<br />

Nach einer kurzen Auswertung der entsprechenden<br />

Quellen für die vorliegende<br />

Studie kann dieses Bild der Kulturlandschaft<br />

in seiner Grundstruktur vermutlich<br />

bis in das Mittelalter zurückverlängert<br />

werden (Blenck 1971:163): eine bäuerliche,<br />

soweit möglich auf Selbstversorgung<br />

ausgerichtete Landwirtschaft, die eingebettet<br />

ist in ein weit ausgedehntes Rebland,<br />

welches vor allem der Versorgung des<br />

Klosters mit Wein diente.<br />

Auch bis in das ausgehende 19. Jahrhundert<br />

läßt sich diese historische Entwicklungslinie<br />

ohne gravierende Veränderungen<br />

weiterziehen (Karte 6). Erwähnenswert<br />

ist allerdings die im Westen der Insel<br />

durchgeführte Bodenmelioration. Das dort<br />

1707 noch vorhandene große Riedgebiet<br />

wurde weitgehend trockengelegt und in<br />

Wiesen- bzw. Ackerland umgewandelt. Es<br />

wird damit einbezogen in die bäuerliche<br />

Landwirtschaft, bleibt aber wie bereits<br />

1707 siedlungsfrei. Trotz der fehlenden<br />

Angaben zur Parzellenstruktur deutet die<br />

räumliche Verteilung der Bodennutzungen<br />

dennoch eine sich in historischer Zeit<br />

vollziehende Veränderung der Besitz- bzw.<br />

erbrechtlichen Verhältnisse auf der Insel<br />

an.<br />

Solange das Kloster existierte, wurde der<br />

für Südwestdeutschland üblichen Freiteilbarkeit<br />

der Bauerngüter Einhalt geboten.<br />

Entsprechend erscheint die Flur im Jahr<br />

1707 wenig in einzelne, kleine Parzellen<br />

zersplittert. Nach der Auflösung des Klosters<br />

Anfang des 19. Jahrhunderts wurden<br />

die Reben aus dem Klosterbesitz nach und<br />

nach parzellenweise verkauft. Die Entlassung<br />

der Bauern aus der Feudalherrschaft<br />

in den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts<br />

erlaubte nun auch die Teilung<br />

des bäuerlichen Eigentums bei der Weitergabe<br />

an die Erben (Blenck 1971:167 f.).<br />

Beide Entwicklungen setzten auf der Reichenau<br />

<strong>of</strong>fenbar einen Prozeß der Zersplitterung<br />

in kleinere Parzellenstrukturen<br />

in Gang, der sich auch in der gestiegenen<br />

Kleinkammerung der Bodennutzungsformen<br />

im Jahr 1876 zu manifestieren<br />

scheint. An der bereits dargelegten Grundstruktur<br />

der Anordnung der Bodennutzungen<br />

jedoch änderte sich darüber hinaus<br />

zwischen 1707 und 1876 wenig.<br />

Sehr stark fallen demgegenüber die Veränderungen<br />

zwischen 1876 und 1998 auf<br />

(Karte 7). Der Weinbau ist bis auf wenige<br />

Reste verschwunden. Das Rebland wie das<br />

Acker- und Wiesenland ist weitgehend in<br />

ackerbaulich genutzte Flächen umgewandelt.<br />

Das Gartenland jedoch existiert noch<br />

wie früher um die Häuser. Vor dem Hintergrund<br />

dieses, sich auf den ersten Blick sehr<br />

tiefgreifend manifestierenden Kulturlandschaftswandels<br />

sind jedoch vor allem zwei<br />

Aspekte festzuhalten.<br />

Erstens ist das grundlegende, die Kulturlandschaft<br />

der Reichenau gestaltende Muster<br />

keineswegs zerstört. Auch die Landschaft<br />

von 1998 gliedert sich nach den alten<br />

Strukturen: die Aufteilung zwischen<br />

den eindeutig auf die Ufer ausgerichteten<br />

Siedlungsflächen und dem freien, dem intensiven<br />

Anbau von agrarischen Produkten<br />

vorbehaltenen <strong>of</strong>fenen Land. Wie vor<br />

zwei Jahrhunderten umgibt ein sehr extensiv<br />

genutzter Ufersaum die Insel, der in<br />

weiten Teilen bis heute als Riedfläche erhalten<br />

ist. Zwischen Niederzell und Mittelzell<br />

besteht darüber hinaus der Überrest<br />

einer ehemals größeren Riedfläche. In dieser<br />

manifestiert sich immer noch gut<br />

sichtbar die alte, von der Reichenau ursprünglich<br />

getrennte Insellage von Niederzell.<br />

Zweitens sind bei einer Analyse der Bodennutzungen<br />

auch die Nutzungsfolgen<br />

zu beachten. Es reicht in diesem Zusammenhang<br />

nicht, einfach festzustellen, daß<br />

eine Anbauform, der Wein, nach der Krise<br />

in den zwanziger Jahren 16 abrupt untergegangen<br />

ist (Karte 8). Vielmehr muß danach<br />

gefragt werden, wie der Weinbau<br />

durch andere Nutzungsformen abgelöst<br />

wurde.<br />

Das heute vorherrschende Ackerland auf<br />

der Reichenau breitete sich von den 1707<br />

bereits vorhandenen Bereichen auf Kosten<br />

anderweitig genutzter Flächen aus (Karten<br />

9 und 10). Dabei überprägte das Ackerland<br />

ohne Unterschied die Rebflächen ebenso<br />

wie die in geringerer Zahl vorhandenen<br />

Wiesenflächen. Weitgehend unangetastet<br />

16 Siehe ausführlich hierzu bei Blenck (1971)<br />

und bei Glönkler (1991).

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