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S<br />

Florian Schmidsberger ◆ Zum Verhältnis von Philosophie und Einzelwissenschaften.<br />

Anhand der „Daseinsanalyse“<br />

Der Vortrag setzt sich mit dem Verhältnis von Philosophie und Einzelwissenschaften auseinander<br />

und fragt nach dem Übergang sowie den Grenzen jener beiden unterschiedlichen Typen von<br />

Wissenschaft. Die Grundlage <strong>für</strong> ein solches Vorhaben bietet die „Daseinsanalyse“, ein philosophisch<br />

begründeter Ansatz im Feld der Psychotherapie, wie er aus der langjährigen Zusammenarbeit des<br />

Arztes Medard Boss mit dem Philosophen Martin Heidegger hervorgegangen ist. Um das Vorhaben<br />

der „Daseinsanalyse“ kurz vorzustellen: Medard Boss geht von der Erfahrung einer starken Präsenz<br />

naturwissenschaftlichen Denkens im Medizinischen aus. Zum einen gründen darin die bemerkenswerten<br />

Leistungen der Medizin, zum anderen kommt es aber auch zu einem „Verstehensverlust“.<br />

– Aus dieser Ausgangserfahrung ergeben sich die leitenden Impulse <strong>für</strong> sein Vorhaben: Erstens<br />

die dringende Forderung, einen „neuen, menschengerechteren Zugang“ zu erarbeiten. Zweitens<br />

eine Hinwendung zur Philosophie, wo Boss die Grundlage <strong>für</strong> eine theoretische Neuausrichtung<br />

der Psychotherapie findet. An diesem Gefüge der Zusammenarbeit von Boss und Heidegger soll<br />

das Verhältnis von Philosophie und Daseinsanalyse näher bestimmt werden. Dabei sind zwei Betrachtungshinsichten<br />

zu berücksichtigen: 1) Eine formal-strukturelle: Hierbei werden Philosophie<br />

und Psychotherapie im Gefüge der Wissenschaften positioniert, um deren Eigenart, Andersartigkeit<br />

sowie deren Beziehung zueinander zu erläutern. Philosophie wird als ontologische Forschung, die<br />

Daseinsanalyse als einzelwissenschaftliche Fachdisziplin charakterisiert, wobei deren Verbindung<br />

die „regionale Ontologie“ darstellt, <strong>für</strong> deren Ausarbeitung die Philosophie einen „Leitfaden“ zu<br />

bieten vermag. 2) Eine inhaltliche: Hier geht es darum zu zeigen, worin der „Leitfaden“ phänomenologischen<br />

Denkens besteht. Nämlich über ein Verständnis des Mensch-Seins vom grundlegenden<br />

Weltbezug (der Offenheit) her, ein neues Grundverständnis von Krank-Sein zu gewinnen. ◆<br />

Oliver R. Scholz ◆ Philosophie der Geschichte – Metaphysik und Erkenntnistheorie<br />

Wenn man sich die wichtigsten Fragen vor Augen führt, die Historiker beantworten sollen, und die<br />

Erkenntnisquellen, die ihnen dabei zur Verfügung stehen, wird unmittelbar deutlich, dass die Beantwortung<br />

dieser Fragen sowohl metaphysische als auch erkenntnistheoretische Untersuchungen voraussetzt.<br />

Die Fragen lauten: (1) Was ist in der Vergangenheit geschehen? (2) Warum ist es geschehen?<br />

Hinzu kommt <strong>für</strong> beide Fragen die erkenntnistheoretische Frage: (3) Woher wissen wir das? Oder bescheidener:<br />

Wodurch sind die jeweiligen Hypothesen gerechtfertigt? Die Hypothesen der Historiker<br />

können sich auf Entitäten folgenden Typs beziehen: (a) Manifestationen individueller Intentionalität,<br />

insbesondere individuelle Handlungen und von einem Individuum hergestellte Artefakte und ihre<br />

Eigenschaften; (b) Manifestationen kollektiver Intentionalität, insbesondere kollektive Handlungen<br />

und von einem Kollektiv hergestellte Artefakte und ihre Eigenschaften; (c) historische Großereignisse.<br />

Für die Beantwortung dieser Fragen stehen uns drei Erkenntnisquellen zur Verfügung: (a) die<br />

Erinnerung; (b) das Zeugnis anderer; (c) Schlüsse von der Gegenwart auf die Vergangenheit. Wegen<br />

der Fehlschläge spekulativer Geschichtsmetaphysik (im Stile von Augustinus, Hegel oder Marx) waren<br />

metaphysische Fragestellungen in der neueren Philosophie der Geschichte insgesamt verpönt. So hat<br />

man die Aufmerksamkeit teils auf methodologische Fragen (Analytische Philosophie der Geschichte),<br />

teils auf die literarisch-rhetorische Form historischer Darstellungen (Narrativismus) konzentriert.<br />

In beiden Forschungsprogrammen droht jedoch die Wirklichkeit der Geschichte zu verschwinden. In<br />

kritischer Auseinandersetzung mit Aviezer Tuckers einflussreicher Philosophie der Historiographie<br />

wird gezeigt, an welchen Punkten die Philosophie der Geschichte und die wissenschaftliche Historiographie<br />

auf ontologische Untersuchungen angewiesen sind, ohne dass dies einen Rückfall in schlechte<br />

Geschichtsmetaphysik bedeuten müsste. ◆<br />

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