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Ashraf Sheikhalaslamzadeh ◆ Denken über die Grenzen der Religion und Philosophie<br />
im Kontext der islamischen Mystik (Sufismus)<br />
Der Beitrag ist ein Lautdenken über eine Möglichkeit <strong>für</strong> die Entschärfung des „verminte(n)<br />
Gelände(s)“ (J. Habermas) im Grenzbereich zwischen Philosophie und Religion im Kontext der<br />
isl. Mystik, die eine Erkenntnis (m’arifa) der einen Wahrheit „über“ die Grenzen der Religion und<br />
Philosophie anstrebt. Sie ist der Versuch über den Antoritätsanspruch einer selbst determinierten<br />
Vernunft der Philosophen und eines selbstdeterminierten Gott der Theologen, einen persönlichen<br />
Weg (Tariqa) zur unmittelbaren Erfahrung der Gegenwart der Gottheit zu suchen! Dass es sich dabei<br />
in der Tat um die wesentliche Verbindung von Liebe und Erkenntnis im metaphysischen Sinn<br />
handelt wird im Beitrag aufgeklärt. „Ich bin weder Christ noch Jude noch Parse, noch Muslim. Ich<br />
stamme weder aus dem Morgenland noch aus dem Abendland, weder von der Erde noch vom Meer<br />
... Mein Ort ist, was ohne Ort ist, meine Spur,was keine Spur läßt ... Ich habe die Zweiheit abgelegt,<br />
ich habe gesehen, dass die zwei Welten nur eine sind; ich suche das Eine, ich kenne das Eine, ich sehe<br />
das Eine und rufe es an: Er ist der Erste, Er ist der letzte, Er ist das Außen, Er ist das Innen ...“ (Jalal<br />
ad-Din Rumi) „Mein Herz hat sich allen Formen geöffnet, es ist ein Weide <strong>für</strong> die Gazellen und ein<br />
Kloster christlicher Mönche, es ist ein Götzentempel und ist die Kaaba des Pilgers und die Tafeln<br />
der Tora und das Buch des Korans. Ich übe die Religion der Liebe aus; in welcher Richtung seine<br />
Karawane auch ziehen mögen, die Religion der Liebe wird meine Religion und mein Glaube sein“<br />
(M.Ibn Arabi) „Von den Worten Ursubstanz und Prima Causa wirst du nie die Gegenwart Gottes<br />
erfahren.“ (F. Attar). ◆<br />
Julia Shestakova ◆ Die Grenzen des Erinnerungsbegriffs<br />
Der seit Mitte des 19. Jahrhunderts herrschende moderne Erinnerungsbegriff hat einen reproduktiven<br />
und reaktivierenden Charakter, d.h. er bedeutet eine Wiedererinnerung bzw. Erinnerung an etwas<br />
Erlebtes, Geschehenes und Erfahrenes: Erinnert wird an das, was zuvor einmal stattgefunden hatte<br />
und gewesen war und nunmehr wieder ins Leben gerufen werden soll; Geschehenes muss festgehalten<br />
werden, wenn es nicht in Vergessenheit geraten soll. Erinnerung hat demnach einen expliziten<br />
Vergangenheitsbezug: Ihr Wirkungsterrain begrenzt sich ausschließlich auf Gewesenes; sie setzt eine<br />
rückwärts gewandte Tätigkeit voraus. Doch ist das der einzig mögliche Weg, die Grenzen von Erinnerung<br />
abzustecken? Oder ist es möglich, den Erinnerungsraum auch um Zukünftiges zu erweitern? In<br />
meinem Vortrag skizziere ich Schellings Theorie der so genannten ‚transzendentalen’ Erinnerung am<br />
Beispiel seiner ersten Erlanger Vorlesung. Dabei geht es mir im ersten Schritt um die Auslegung des<br />
Erinnerungsbegriffs als Erinnerung an Künftiges: Schelling ergänzt die Erinnerung mit einer ahndenden<br />
Charakteristik, wodurch sich ein Wechsel der Erinnerung vom Aufbewahrungsraum zu einem<br />
prospektiven, produktiven und hervorbringenden Erinnerungsvermögen vollzieht. Die Verwandtschaft<br />
von Erinnerung und Ahndung bekommt bei Schelling eine neue Bedeutung, und zwar im Kontext<br />
eines erinnernden Erkenntniswegs der Philosophie: Die Erinnerung enthüllt sich nicht als eine Wiederholung,<br />
sondern als sein Entwurf, d.h. als eine in die Zukunft gerichtete ständige Neuauslegung<br />
und Neuentdeckung. In dem immerwährenden Kreis der Internalisierung und Externalisierung wird<br />
ursprüngliches Wissen dergestalt angeeignet, dass es eigentlich erneut geschaffen wird. Die Entdeckung<br />
und Erschaffung von Wissens ist nicht als ein einseitiges Streben des nach Wissen Strebenden zu verstehen:<br />
Das Wissen selbst ist in diesen dynamischen Prozess insofern einbegriffen, als es sich auch<br />
beständig erneuert: Erinnernd ringt man stets nach Neuem, wobei dieses Neue bereits ursprünglich da<br />
ist. Im zweiten Schritt erläutere ich den Wechsel im Verständnis von Erinnerung in der Mitte des 19.<br />
Jahrhunderts am Beispiel von Hegel. Die Neuvermessung der Grenzen des Erinnerungsbegriffs ziehen<br />
Sinnverschiebungen nach sich, die ambivalent ausfallen. ◆<br />
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