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G<br />
Stephan Grotz ◆ Die Grenzen des Unendlichen.<br />
Universum und menschlicher Geist bei Nicolaus Cusanus<br />
Versucht man den Gedanken zu plausibilisieren, daß das Weltganze seine Entstehung einer anderen<br />
oder gar höheren Ursache als irgendwelchen natürlichen oder weltimmanenten Ursachen verdankt,<br />
dann sind da<strong>für</strong> offensichtlich zwei konzeptuelle Voraussetzungen einer wesentlichen Begrenztheit<br />
zu machen. Zum einen ist dies die raum-zeitliche Endlichkeit des Universums und zum anderen das<br />
Auftreten von menschlichem Geist auf einem begrenzten Raum im ansonsten geistfreien Universum.<br />
Nirgends kommen diese beiden Aspekte sinnfälliger zum Ausdruck als in der antik-mittelalterlichen<br />
Auffassung des Kosmos, wonach die Erde genau in der Mitte eines zwiebelschalenartigen Gebildes<br />
ruht. Für seine christlich geprägte Philosophie macht Nicolaus Cusanus weder die eine noch die<br />
andere der genannten beiden Voraussetzungen. Für ihn ist das Weltall erschaffen – und doch ohne<br />
fixen Mittelpunkt und räumliche Grenze. Ebenso hat der menschliche Geist als Abbild des göttlichen<br />
Geistes und dank seiner immensen schöpferischen Fähigkeiten eine Ausnahmestellung im Universum<br />
− und ist doch nicht einzigartig. In meinem Beitrag möchte ich zeigen, daß <strong>für</strong> Cusanus diese<br />
Auflösungen von gesicherten Grenzen und Standpunkten gar keinen Verlust bedeuten, sondern<br />
allererst einen adäquaten Begriff vom Kosmos und vom menschlichen Geist ermöglichen. Denn die<br />
mit dem Wegfall eines fixen Mittelpunktes einhergehende Unendlichkeit des Weltalls sichert auch<br />
dem menschlichen Geist seine Unabhängigkeit von einem Fixpunkt, der ihm von vornherein im<br />
Weltganzen zugewiesen ist. Es gibt somit nicht eine einzige und alleingültige Sicht auf einen geschlossenen<br />
Kosmos, sondern es eröffnet sich <strong>für</strong> den menschlichen Geist eine unabsehbare Vielfalt von<br />
Möglichkeiten, wie er das unendliche Universum messend begreifen kann. Diese Entgrenzungen,<br />
die sich von starren Vorgaben lösen, haben freilich auch ihren Preis: Jegliches Wissen, auch das<br />
der gewissesten Art, kann niemals seinen mutmaßenden (konjekturalen) Charakter abschütteln.<br />
Approximatives Wissen, das sich dem Maximum absoluter Präzision zwar immer mehr annähern, aber<br />
dieses Maximum niemals erreichen kann, ist die Kehrseite der uneingeschränkten Erkenntniskraft<br />
des menschlichen Geistes. Insgesamt zeigt sich so, daß wir es bei Cusanus mit einer Neubestimmung<br />
der Grenze zwischen Endlichkeit und Unendlichkeit zu tun haben: Die Unendlichkeit wird zu einem<br />
integralen Moment der Endlichkeit, insofern es die Endlichkeit fundamental auszeichnet, daß ihr<br />
abschließbare Ganzheiten versagt sind. ◆<br />
Johann Gudmundsson ◆ Die Einheit der Formen des Guten<br />
In seinem Buch The Varieties of Goodness stellt Georg Hernik von Wright die Frage nach der Einheit<br />
der Formen des Guten. Formen des Guten sind Weisen, in denen etwas gut sein kann. So nennen<br />
wir z. B. Dinge gut, wenn sie nützlich, geschickt, angenehm oder vollkommen sind. In den meisten<br />
unserer Gütezuschreibungen schreiben wir nicht Güte schlechthin zu, sondern Güte in einer ihrer<br />
Formen. Die Frage nach der Einheit der Formen des Guten zielt auf ein Verständnis dessen ab, was<br />
die „Formen“ des Guten jeweils zu Formen des „Guten“ macht. ◆<br />
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