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Tobias Keiling ◆ Phänomenologie des Ortes bei Husserl und Heidegger<br />

Edward Casey hat in seiner Philosophiegeschichte des Ortes (The Fate of Place, Stanford 1997)<br />

Husserls und Heideggers Phänomenologien einander gegenübergestellt: Während sich bei Husserl<br />

der kinästhetische Leib als Ort von sinnlicher Konstitution und bewusster Intentionalität erweist,<br />

bedeutet Heideggers frühe Privilegierung der Zeit vor dem Raum einen „Umweg“ zu Heideggers<br />

spätem Versuch, Lichtung und Ereignis als universales, aber ortsgebundenes Geschehen des<br />

„Nähern“ zu verstehen. Caseys Gegenüberstellung verdeckt jedoch eine systematische Ähnlichkeit:<br />

beide orientieren sich an derselben Modellsituation, nämlich der Erfahrung eines Dings. In<br />

meinem Vortrag möchte ich von der Beobachtung ausgehen, dass Heidegger seine Theorie von<br />

Raum und Ort in Bezug auf Dinge bestimmt: Heidegger kritisiert zwar die einseitige Bestimmung<br />

des Horizonts als Vorstellungshorizont einer zentralen Subjektivität; Erscheinungsmodalitäten<br />

und -möglichkeiten jedoch als horizonthaften Möglichkeitsraum eines Dings zu konzipieren, ist<br />

bei Husserl vorgeprägt. Heidegger findet <strong>für</strong> dieses Erscheinen von Dingen den Begriff des Ortes,<br />

der in Husserls Analysen fast gänzlich fehlt. Dinghorizonte umgreifen den Erscheinungsraum,<br />

den Ort, an dem etwas sich zeigt. Dinge im starken Sinn Heideggers eröffnen Orte von Erfahrung<br />

und sind so gleichberechtigte Bedingungen der Möglichkeit von Erkenntnis. Anders als Husserl<br />

bedenkt Heidegger jedoch den Geschehenscharakter dieser Erfahrungsermöglichung nicht vom<br />

sich bewegenden Leib her, sondern als solchen: während Husserl allein die kinästhetisch erfahrenden<br />

Leiber als durch Bewegung Horizonte eröffnend beschreibt, weitet Heidegger den<br />

Gedanken dynamischer Horizonteröffnung und -erschließung auf alle Dinge aus. Diese Erweiterung<br />

kommt dadurch zum Ausdruck, dass jedes Ding die Horizontstruktur des Gevierts in einer Weise<br />

eröffnet, die Heidegger als versammelnd bezeichnet. ◆<br />

Jens Kertscher ◆ Kant und Brandom über Normativität,<br />

Sozialität und Objektivität begrifflicher Normen<br />

Die These, dass semantische Gehalte normative Eigenschaften haben, kann in der gegenwärtigen<br />

Sprachphilosophie fast schon als Gemeinplatz gelten. Eine vieldiskutierte Version dieser Normativitätsthese<br />

hat Robert Brandom entwickelt. Er vertritt nicht nur die These, dass propositionale<br />

Einstellungen aufgrund ihrer inferentiellen Rollen intrinsisch normative Eigenschaften haben,<br />

sondern dass diese inferentiellen Rollen durch die soziale Praxis des deontischen Kontoführens<br />

instituiert werden. Daraus folgt <strong>für</strong> Brandom, dass der semantische Gehalt von propositionalen<br />

Einstellungen genau deshalb normativ ist, weil er in sozialen Praktiken instituiert wird. Das ist<br />

der zentrale Gedanke seines Phänomenalismus in Sachen Normativität. Einer von Brandoms<br />

historischen Bezugsautoren <strong>für</strong> diese These ist Kant. In seiner Deutung hat auch Kant die<br />

These vertreten, dass Normen im Allgemeinen und begriffliche Normen im Besonderen dadurch<br />

instituiert werden, dass sie von Subjekten anerkannt werden, die sich an diese Normen binden.<br />

In meinem Vortrag werde ich Schwierigkeiten beider Thesen diskutieren. Erstens werde ich in<br />

Frage stellen, ob es Brandom gelingt, auf überzeugende Weise die Verträglichkeit von Objektivität<br />

und sozialer Konstitution begrifflicher Normen zu begründen. Zweitens werde ich seine Kant-<br />

Deutung problematisieren und eine alternative skizzieren, die es erlaubt, ausgehend von Kant<br />

sowohl an der Normativität begrifflicher Gehalte festzuhalten als auch die Objektivität dieser<br />

Normen verständlich zu machen, ohne auf eine sozialpragmatische Begründung zurückgreifen<br />

zu müssen. Auf diese Weise soll eine Perspektive eröffnet werden, um das Thema semantischer,<br />

begrifflicher und epistemischer Normen jenseits der Alternative von individualistischen und<br />

kollektivistischen Ansätzen zu diskutieren. ◆<br />

63<br />

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