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H<br />
Florentina Hausknotz ◆ Zur Wahrheit. Arbeiten am Unbestimmten –<br />
Beispiel: Mahatma Gandhi<br />
Wie schafft es das philosophische Denken immer wieder Wahrheit wahr zu machen? In meinem<br />
Vortrag werde ich nicht die gegebenen Umstände einer Untersuchung unterziehen, es geht mir nicht<br />
darum, offen zu legen, wer und warum innerhalb der Betriebe der Wissensproduktion unzulässig das<br />
Monopol auf das Sprechen der Wahrheit beansprucht. Ich möchte eine besondere Form des Denkens<br />
aufgreifen, das die Produktion von Wahrheit an ProduzentInnen gebunden beschreibt. Philosophie<br />
soll in ihrem Anspruch, universell Gültiges finden zu wollen, ernst genommen werden. Bezweifelt<br />
wird jedoch, dass es Methoden der Wahrheitsproduktion geben kann. Diese allgemeinen Überlegungen<br />
werden am Beispiel Mahatma Gandhi greifbar gemacht. Gandhis Yoga des Handelns stellt<br />
dem Denken zwei Aufgaben. Erstens müssen Philosophierende auch Handelnde sein, zweitens darf<br />
ihr Handeln nicht auf andere, ein soziales Gefüge, Situationen beschränkt bleiben, sondern muss<br />
auch selbsttransformierende Formen annehmen. Die Wahrheit muss, mit Gandhi gesprochen, angestrebt<br />
werden und zeichnet sich dadurch aus, sich am Ende eines Arbeitsprozesses, der Kohärenz<br />
im Existieren und Denken der Philosophierenden erreichen möchte, zu zeigen. Mit Gandhi wird<br />
einsichtig, dass Wahrheit kein Gut an sich ist, sie erhält ihre Bedeutung erst mit den Transformationen,<br />
die sie als angestrebte in einer Welt vornimmt. Sie findet ihre Bedeutung in der Welt, die<br />
durch sie möglich wird. Philosophieren, das bereit ist, die Grenzen gängiger Forschungspraktiken zu<br />
überschreiten – und Interkulturelles Philosophieren muss dies immer zum Ziel haben – löst sich von<br />
Methoden ab. Womit die Frage nach neuen Richtlinien, einer neuen Form von Wissenschaftlichkeit<br />
notwendig wird. In diesem Kontext findet mein Nachdenken seinen Ursprung. ◆<br />
Rico Hauswald ◆ Natürliche Arten in der sozialen und medizinischen Ontologie<br />
Paradigmatische Beispiele natürlicher Arten werden meist aus dem Bereich der Naturwissenschaften<br />
angeführt; häufig genannt werden physikalische Grundbausteine, chemische Elemente<br />
oder biologische Spezies. Der Bereich der Humanwissenschaften und insbesondere des Sozialen<br />
wird – als Sphäre des Artifiziellen und der Artefakte – demgegenüber meistens als geradezu selbstverständlicher<br />
Gegenpol betrachtet und die darin vorkommenden Arten bestenfalls als „nominal“<br />
oder „artificial kinds“ bezeichnet. In meinem Beitrag werde ich mich kritisch mit dieser Auffassung<br />
auseinandersetzen und insbesondere einige genauere Überlegungen zum Status von Arten in der<br />
sozialen und medizinischen Ontologie (und damit zwei wichtigen Typen humanwissenschaftlicher<br />
Arten) anstellen. Ich werde da<strong>für</strong> argumentieren, dass (a) natürliche Arten eine zentrale Rolle beim<br />
Einlösen realistischer Ambitionen in verschiedenen wissenschaftlichen Disziplinen spielen, (b) die<br />
humanwissenschaftlichen Fächer derartige Ambitionen durchaus zu erfüllen im Stande sind und (c)<br />
auf Grundlage der besten verfügbaren Theorien natürlicher Arten nachvollziehbar wird, wie dies<br />
möglich ist. Natürliche Arten zeichnen sich dadurch aus, dass sie eine wichtige explanatorische Rolle<br />
im Zusammenhang mit Induktionen und Prognosen, Gesetzen und kausalen Erklärungen spielen;<br />
charakteristisch ist ferner ihre ontologische Rolle bei der Individuation von Einzeldingen und der<br />
semantische Externalismus. Im Anschluss an die Theorien von Boyd und LaPorte werde ich argumentieren,<br />
dass natürliche Arten am besten verstanden werden sollten über ihre Rolle in den inferentiellen<br />
und explanativen Zusammenhängen in den jeweiligen Disziplinen. Daraus ergibt sich zum<br />
einen eine Kontextabhängigkeit – diese Relativierung wird am Beispiel der Humanwissenschaften<br />
bzw. der sozialen und medizinischen Ontologie genauer untersucht –, zum anderen eine Gradualisierung<br />
der „Natürlichkeit“. ◆<br />
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