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Axel Pichler ◆ Para-Literarizität. Philosophisches Schreiben und<br />

die Gattungsgrenze von Wissenschaft und Literatur<br />

Während es in einem Großteil der Geisteswissenschaften üblich ist, das Verständnis und Prozedere<br />

des eigenen Untersuchungsfeldes durch die Applikation, Modifikation und Kombination<br />

veschiedenster heuristischer Modelle und Methoden zu vermehren, herrscht in der Philosophie<br />

– trotz des Poststrukturalismus – weiterhin die Auffassung, dass eines ihrer zentralen Betätigungsfelder<br />

in Analyse und Klärung von Argumenten liegt. Als Instrument dieser Analysen bedient man<br />

sich dabei fast ausschließlich der Methoden der formalen Logik. Die Dominanz dieser Sichtweise<br />

befremdet einen jedoch schnell, wenn man einen Blick in die Geschichte der Philosophie wirft. In<br />

dieser finden sich von Anfang an auch andere Modi des Philosophierens, welche sich alternativer -<br />

zumeist - literarischer Formen bedienen. Eingedenk dieser Traditionen und somit in Opposition<br />

zum dominierenden philosophischen Selbstverständnis und Usus will dieser Vortrag versuchen,<br />

durch die rein heuristische Suspendierung der ansonsten stets unreflektiert vorausgesetzten Vorrangstellung<br />

der konstativen Aussage die textinternen Prozesse, welche das heuristisch-methodische<br />

Vorgehen oder die Argumentation innerhalb philosophischer Texte tragen und vorantreiben,<br />

mit Hilfe alternativer deskriptiver Methoden zu erfassen. Anhand von Textbeispielen wird u.a.<br />

untersucht, welche Rolle dabei ästhetisch-literarische Praktiken spielen. Im Hintergrund dieser<br />

Untersuchung steht die Vermutung, dass der so häufig konstatierte Gattungsunterschied zwischen<br />

Literatur und Philosophie weitaus brüchiger ist als angenommen und dass Letztere eine Sonderform<br />

wissenschaftlichen Schreibens darstellt, die man als „para-literarisch“ bezeichnen könnte –<br />

im Anschluss an J. Hillis Millers Deutung des altgriechischen Präfixes para als „eine antithetische<br />

Vorsilbe, die gleichzeitig Nähe und Entfernung, Ähnlichkeit und Unterschied [...] bezeichnet [...],<br />

etwas, das zugleich diesseits und jenseits einer Grenze, einer Schwelle oder eines Randes liegt“. ◆<br />

Gerald Posselt ◆ Gewalt der Repräsentation.<br />

Zum Verhältnis von Sprache, Bild und Gewalt<br />

Fragt man nach dem Verhältnis von Sprache und Gewalt, so scheint mittlerweile über einen Punkt<br />

weitgehend Einigkeit zu herrschen: Wir können mit Sprache nicht nur Gewalt beschreiben, ausdrücken<br />

oder artikulieren, sondern auch Gewalt ausüben und anderen Gewalt zufügen. Doch zugleich<br />

scheint der Sprache selbst ein gewaltsames Moment eigen zu sein. Die Struktur und die Logik unserer<br />

Sprache bestimmt nicht nur das, was sich wie sagen lässt, sie begrenzt auch den Raum dessen, was nicht<br />

zur Sprache kommen kann und vom Sagbaren ausgeschlossen bleibt. Selbst in jenen Fällen, in denen<br />

wir es scheinbar mit einem rein repräsentativen Verhältnis von Sprache und Gewalt zu tun haben, in<br />

denen Sprache lediglich dazu dient, eine reale oder fiktive Gewalt zu beschreiben, darzustellen oder<br />

auszudrücken, ist das Verhältnis von Sprache und Gewalt vielleicht weniger äußerlich als es auf den<br />

ersten Blick erscheint. Doch gilt dies nur <strong>für</strong> sprachliche oder auch <strong>für</strong> visuelle Repräsentationen?<br />

Können wir gleichermaßen von einer Gewalt der Bilder sprechen wie von einer Gewalt der Sprache<br />

– und wie ist diese Gewalt selbst zu verstehen? Und wenn es zutrifft, dass jeder Repräsentation ein<br />

gewaltsames Moment inhärent ist, inwiefern nötigt uns das gegenseitige Bedingungsverhältnis von<br />

Gewalt und Repräsentation, diese Begriffe selbst neu zu denken und zu reformulieren? Diesen Fragen<br />

soll am Beispiel von zwei „dokumentarischen“ Szenen nachgegangen werden: einer Photographie<br />

des Pressephotographen Kevin Carter und eines Ausschnitts aus Claude Lanzmanns Film Shoa. Ziel<br />

des Vortrages wird es sein, die Unentscheidbarkeit von Repräsentation und Gewalt in diesen beiden<br />

Szenen sichtbar zu machen und eine Gewalt lesbar zu machen, die – eingeschrieben in eine komplexe<br />

Konstellation der Blicke, Verweise, der gesprochen Worte und supplementären Narrative – sich<br />

zugleich zeigt und verbirgt. ◆<br />

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