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Daniel Wehinger ◆ Selbstrepräsentationalismus und Selbstbewusstsein<br />

Uriah Kriegels selbstrepräsentationalistische Theorie des Bewusstseins strebt eine Reduktion phänomenal<br />

bewusster Zustände auf nicht-phänomenale Repräsentationen an. Ihren Ausgang nimmt sie<br />

von der Bestimmung phänomenaler Zustände und Erfahrungen als subjektiv, d. h. als sich <strong>für</strong> jemanden<br />

auf eine gewisse Art und Weise anfühlend. Diese Subjektivität oder, wie er auch sagt, for-me-ness,<br />

erlangen phänomenale Zustände Kriegel zufolge eben dadurch, dass sie sich selbst repräsentieren.<br />

Doch wenngleich er Selbstrepräsentation als notwendig <strong>für</strong> Subjektivität erachtet, sieht Kriegel in ihr<br />

noch keine hinreichende Bedingung <strong>für</strong> for-me-ness. Um subjektiv zu werden, so meint er, muss ein<br />

selbstrepräsentierender mentaler Zustand darüber hinaus erfassen, dass seine Repräsentation eben ihn<br />

selbst repräsentiert. Er muss, mit anderen Worten, über Selbstbewusstsein verfügen. Dieses Selbstbewusstsein,<br />

so argumentiere ich, mag nun in einer weiteren Repräsentation des selbstrepräsentierenden<br />

mentalen Zustands bestehen. Doch <strong>für</strong> diese andere Selbstrepräsentation gilt wiederum, dass der<br />

selbstrepräsentierende mentale Zustand, um sie als Repräsentation seiner selbst erkennen zu können,<br />

über ein Selbstbewusstsein verfügen muss, dass sie transzendiert. Und dasselbe lässt sich über jede weitere<br />

Selbstrepräsentation sagen, die er als solche erkannt hat und durch deren Verhältnis zu etwaigen<br />

anderen Selbstrepräsentationen er diese als Repräsentationen von sich selbst erfasst. Selbstbewusste<br />

Selbstrepräsentation, so scheint daraus zu folgen, setzt also nicht-repräsentationales Selbstbewusstsein<br />

voraus. Damit überschreitet Kriegel jedoch seinen selbstgesteckten repräsentationalistischen Rahmen.<br />

Denn er führt ein Theorieelement ein, das sich nicht auf Repräsentationen zu reduzieren lassen scheint.<br />

Sollte es nicht gelingen, dieses Problem zu beheben, so muss damit allem Anschein nach auch die von<br />

Kriegel intendierte Reduktion des Bewusstseins ein weiteres Mal vertagt werden. ◆<br />

Maren Wehrle ◆ Die Grenzen der Philosophie und ihre empirischen<br />

Horizonte: Ein genetischer Ansatz aus phänomenologischer<br />

und kognitionspsychologischer Sicht<br />

Es gibt zwei Möglichkeiten sich einem wissenschaftlichen Thema zu nähern, in statischer oder<br />

genetischer Weise. Während eine statische Perspektive auf eine distinkte Definition und Abgrenzung<br />

gegenüber anderen Untersuchungsobjekten abzielt, verfolgt eine genetische Sicht die Einbindung<br />

und Kontinuität des Phänomens in Bezug auf vermeintliche Vor- und Nebenbereiche und betont<br />

seine zeitliche Entwicklung. In der Phänomenologie Husserls stand zunächst die statische Analyse in<br />

Form einer eidetischen Bestimmung allgemeiner Bewusstseinsstrukturen im Zentrum des Interesses.<br />

Nach und nach entwickelte sich allerdings eine genetische Perspektive, die nicht einzelne Arbeitsschritte<br />

im Blick hat, sondern den umfassenden zeitlichen und inhaltlichen Erfahrungszusammenhang.<br />

Die genetische Phänomenologie folgt dabei der Einsicht, dass jeder Bewusstseinsaktivität eine<br />

vorgegebene Passivität vorangehen muss. Die Ausweitung der Phänomenologie auf ihre passiven<br />

Grundlagen zieht aber zwangsläufig eine empirische Erweiterung ihrer Horizonte nach sich. Genetische<br />

Themen wie die leibliche Habitualität oder passive Prozesse können aus der Ersten-Person-<br />

Perspektive nicht mehr vollständig reflexiv zugänglich gemacht werden. Sie erfordern insofern eine<br />

Bestätigung durch Dritte, d.h. eine Erweiterung um die Dritte-Person-Perspektive der empirischen<br />

Wissenschaften. Grenzbereiche der Phänomenologie lassen sich etwa in (neuro)psychologischen<br />

Experimenten anschaulich fassen. Trotz der methodischen und begrifflichen Unterschiede soll in<br />

Anbetracht aktueller dynamischer Konzepte wie der embodied cognition oder der neuronalen Plastizität<br />

<strong>für</strong> eine gemeinsame genetische Perspektive plädiert werden: Nur in der Überschneidung von<br />

subjektiven- und objektiven Untersuchungsmethoden kann man der biologischen, psychologischen<br />

und geschichtlichen Entwicklung des Subjekts in seiner Kontinuität auf die Spur kommen und die<br />

Interaktion desselben mit seiner Um- oder Lebenswelt adäquat beschreiben. ◆<br />

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