Verlag.Buchhandel.Service. - Österreichische Gesellschaft für ...
Verlag.Buchhandel.Service. - Österreichische Gesellschaft für ...
Verlag.Buchhandel.Service. - Österreichische Gesellschaft für ...
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Eckart Ruschmann ◆ Laien##Philosophie. Grenzüberschreitungen zwischen<br />
„(akademischer) Philosophie“ und „Laienphilosophie“ –<br />
und umgekehrt<br />
Auch wenn als letzter Bezugspunkt der Philosophie häufig das alltägliche menschliche Bewusstsein<br />
genannt wird, interessieren sich akademische Philosophen in der Regel kaum da<strong>für</strong>, was philosophische<br />
Laien wirklich denken, was <strong>für</strong> eine Art von „Philosophie“ (als persönliche Weltsicht) sie<br />
<strong>für</strong> sich entwickelt haben. Seit über 10 Jahren begleite ich – im Kontext meiner Arbeit im Bereich<br />
angewandter Philosophie als Philosophische Praxis und Beratung – Menschen darin, ihre persönlichen<br />
Konzepte und Vorstellungen über „Mensch, Welt und Gott“ zu artikulieren und zu reflektieren.<br />
Ich bin dabei immer wieder beeindruckt, mit welcher Ernsthaftigkeit und Differenziertheit philosophische<br />
Laien den Themen und Fragen der Welt- und Lebensorientierung nachgehen. Seit einiger<br />
Zeit verwende ich da<strong>für</strong> den Begriff „Laienphilosophie“, der sowohl die Abgrenzung zur akademischen<br />
Philosophie wie auch die Verbindung zu ihr charakterisieren soll. In der konkreten Arbeit mit<br />
philosophischen Laien lege ich die systematische Ordnung der Philosophie als strukturelle Matrix<br />
zugrunde und nutze die Philosophiegeschichte als Themen- und Fragensammlung zu den verschiedenen<br />
Bereichen (geordnet in der thematischen Form der Systematischen Philosophie, insbesondere<br />
Ontologie / Metaphysik, Anthropologie und Ethik), auf die jeder Mensch seine ganz persönlichen<br />
Antworten, mehr oder weniger explizit, gefunden hat. Vor diesem Hintergrund soll – auch anhand<br />
von konkreten Praxisbeispielen – aufgezeigt werden, dass „Laienphilosophien“ vielfach sehr kreative<br />
und komplexe Weltsichten repräsentieren. Die im Titel durch das Symbol der Raute (##) angedeutete<br />
„Grenze“ zwischen Laien und akademischer Philosophie in beide Richtungen durchlässiger zu<br />
machen ist das Grundanliegen meiner philosophischen Arbeit. Das soll im Vortrag thematisiert und<br />
veranschaulicht werden. ◆<br />
Sascha Salatowsky ◆ Die Grenzüberschreitung der Sozinianer:<br />
Die Vernunft jenseits von Philosophie und Theologie<br />
Die seit dem Mittelalter gebräuchliche Rede von der Philosophie als ancilla theologiae hat auch<br />
noch in der sog. zweiten Scholastik des 16./17. Jahrhunderts den Diskurs zwischen beiden Disziplinen<br />
bestimmt. Gemeinhin unterschied man einen legitimen Gebrauch der Philosophie in der<br />
Theologie (Erklärung der Begriffe, Festigung der eigenen Position und Wiederlegung der Gegner)<br />
von ihrem Missbrauch, der in einer unzulässigen Anwendung philosophischer Prinzipien auf theologische<br />
Sachverhalte bestand. Um dabei die absurde Konsequent einer doppelten Wahrheit und<br />
einer Missachtung der Philosophie zu vermeiden, betonte man, dass die Mysterien nicht contra,<br />
sondern supra rationem seien. Der Sozinianismus hielt diese Einteilung <strong>für</strong> vollkommen grundlos<br />
und formulierte einen Neuansatz, der <strong>für</strong> die nachfolgende Frühaufklärung bedeutsam wurde: Es ist<br />
die Vernunft allein, die als Richtschnur aller theologischen und philosophischen Debatten dienen<br />
kann. Sie entscheidet, welche Interpretation der Bibel die angemessene ist und welche philosophische<br />
Lehre am besten mit den Phänomenen der Welt übereinstimmt. Auch ist es ihr nicht möglich,<br />
etwas ihr Widersprechendes anzunehmen, und sei es auch nur im Glauben. Stattdessen sprachen die<br />
Sozinianer von einer durch den Hl. Geist erleuchteten Vernunft. Damit verschwand die künstliche<br />
Grenze zwischen Philosophie und Theologie, die nunmehr ihr Verhältnis auf neuer Grundlage zu<br />
bestimmen hatten. Dieser Diskurs führte in der Frühaufklärung zu einer Umkehrung des klassischen<br />
Verhältnisses beider Disziplinen. ◆<br />
97<br />
R S