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S<br />
Gertrud Schrötter ◆ Der Versuch einer kausal-funktionalen Rekonstruktion<br />
von Intentionalität – eine erfolgreiche reduktionistische Strategie?<br />
Eine der Herausforderungen, die sich an naturalistische Theorien der Philosophie des Geistes<br />
stellen, ist eine mögliche Explikation der Intentionalität des Mentalen. Unter „Intentionalität“<br />
wird dabei die Tatsache verstanden, dass einige mentale Zustände extramentale Wahrheits- bzw.<br />
Erfüllungsbedingungen aufweisen, also semantisch evaluierbar sind. Eine Erklärungsstrategie<br />
naturalistischer Ansätze besteht darin, die semantische Evaluierbarkeit mentaler Zustände auf deren<br />
kausal-funktionale Rolle zurückzuführen. Der Anspruch besteht darin, den Bezug mentaler<br />
Inhalte auf extramentale Sachverhalte über kausal-funktionale Umweltinteraktionen rekonstruieren<br />
zu können. Insofern es sich dabei um den Versuch einer reduktiven Erklärung handelt, ist<br />
<strong>für</strong> die Bewertung dieses naturalistischen Ansatzes möglicherweise eine Untersuchung von Relevanz,<br />
die sich an einem Kriterienkatalog zur Beurteilung der Gültigkeit reduktiver Erklärungen<br />
orientiert. Ein Referenzwerk auf diesem Gebiet ist Ernest Nagels The structure of science (1961); darin<br />
formuliert Nagel eine Reihe von Bedingungen <strong>für</strong> die erfolgreiche Reduktion naturwissenschaftlicher<br />
Theorien. Einige dieser Bedinungen, darunter die Forderung nach der Übersetzbarkeit<br />
der zentralen Terme der zu reduzierenden Theorie in die Sprache der reduzierenden Theorie,<br />
können auch an philosophische Reduktionsversuche gestellt werden. Am Beispiel des reduktionistischen<br />
Ansatzes von Fred Dretske soll gezeigt werden, dass eine kausal-funktionale Explikation der<br />
semantischen Evaluierbarkeit mentaler Zustände gerade in dieser Hinsicht entscheidende Mängel<br />
aufweist und ihre Gültigkeit insofern in Frage gestellt werden kann. ◆<br />
Patrick Schuchter ◆ Die Kultivierung von Lebenswissen in<br />
Gesundheitsorganisationen durch Philosophie<br />
Eine bedeutende Grenzüberschreitung in der praktischen Philosophie findet statt, wenn nicht<br />
mehr bloß Fachphilosoph/innen zu verschiedenen Themen der angewandten Philosophie Stellung<br />
beziehen, sondern wenn Menschen, die in den Praxiskontexten stehen, selbst zu „philosophieren“<br />
beginnen – oder wenn ein aufgeklärtes Selbstdenken an sich geboten wäre, weil spezialwissenschaftliche<br />
Diskurse an Grenzen stoßen. Solche Kontexte finden sich etwa im Gesundheitsbereich, wenn<br />
angesichts von „Grenzsituationen“ die mit den medizinischen und psychologischen Diskursen verbundene<br />
professionelle Beziehung transzendiert wird in eine gemeinsame Betroffenheit von der<br />
Fraglichkeit des menschlichen Lebens. Eine Antwort auf die „Antinomien der Existenz“ (Jaspers)<br />
kann niemandem abgenommen, an keine Fach-Expertise delegiert oder durch operative Geschäftigkeit<br />
medizinisch-pflegerischen Handelns als Problem abgeschafft werden. Betreute und Betreuende<br />
stehen gemeinsam – gleichermaßen als „Laien“ – in einer Situation, die nicht anders als „philosophisch“<br />
zu bezeichnen ist und der sie nicht anders begegnen können als auf der Basis des je eigenen<br />
durch Reflexion und Erfahrung erworbenen „Lebenswissens“. Im Vortrag soll gezeigt werden, wie<br />
konkret in Fürsorge-Beziehungen durch Philosophie „Lebenswissen“ kultiviert werden kann. Auf<br />
philosophischer Grundhaltung gebaute Beziehungen und Kommunikationsweisen unterscheiden sich<br />
stark von dem, was dazu in den Medizin- und Pflegediskursen <strong>für</strong> relevant gehalten wird. Anliegen<br />
des Vortrages ist es, einerseits diesen Unterschied herauszuarbeiten, andererseits ein Gespür da<strong>für</strong> zu<br />
entwickeln, wie ein Uranliegen der Philosophie, nämlich aufgeklärtes Selbstdenken zu organisieren,<br />
Gestalt annehmen könnte. ◆<br />
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