Verlag.Buchhandel.Service. - Österreichische Gesellschaft für ...
Verlag.Buchhandel.Service. - Österreichische Gesellschaft für ...
Verlag.Buchhandel.Service. - Österreichische Gesellschaft für ...
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Hans Kraml ◆ Bekunden und Behaupten<br />
Nach einer weithin geteilten Wahrnehmung ist in unserer momentanen kulturellen Situation<br />
ein Dilemma entstanden zwischen der Bewältigung des Problems, die <strong>für</strong> das Erreichen von Zielen<br />
erforderlichen Mittel bereitzustellen, und der Frage, wie die unterschiedlichen Ziele handelnder<br />
Menschen aufeinander abgestimmt werden können. In der Darstellung als Dilemma wird übersehen,<br />
dass Menschen aus Bedürfnissen heraus tätige Wesen sind, die sich gegenseitig benötigen.<br />
Zur Verständigung darüber ist die Bekundung der Bedürfnisse der miteinander Tätigen grundlegend.<br />
Die Rolle von Bekundungen <strong>für</strong> objektive Verständigung wurde vor längerer Zeit von Franz<br />
Koppe eindringlich dargestellt. Bekundungen liegen allen anderen Verständigungsleistungen<br />
zu Grunde und bestimmen deren Charakter. Wie im Anschluss an Koppe in einer Arbeit von<br />
Notburga Falkinger hervorgehoben wurde, zeigt eine genauere Betrachtung dieser Situation, dass<br />
selbst die darstellenden Leistungen der Sprache bestimmt sind durch die Bedürfnislagen gemeinsam<br />
lebender Menschen, in deren Tätigkeiten äußere Umstände berücksichtigt werden müssen.<br />
Als äußere Tatsache kommt in den Blick, was <strong>für</strong> das Leben und Handeln der Menschen bedeutsam<br />
ist und so weit es das ist. Die in manchen philosophischen Konzeptionen betonte Werthaltigkeit<br />
auch unserer Sachverhaltsfeststellungen kann so verständlich gemacht werden. Die Darstellung<br />
dieser Zusammenhänge soll hier auch eine Klärung der Beziehungen der verschiedenen Arten von<br />
sprachlichen Handlungen fördern. Wenn die Darstellungsleistung der Sprache auf Bekundungen<br />
angewiesen ist, dann ist vielleicht Ziel sinnvollen Umgangs von Menschen miteinander nicht die<br />
Wahrheit, sondern die Achtung der Person, die solche Bekundungen äußert, und der Respekt vor<br />
dem, was als Bedürfnis geäußert wird. Handlungsorientierung bis hinein in die Politik wäre nicht<br />
an feststellbaren Tatsachen – wie etwa den Mechanismen eines Marktes – zu suchen, sondern an<br />
den einsichtigen Bekundungen von Anliegen der Personen. Das hindert nicht, Mechanismen zur<br />
Kenntnis zu nehmen, aber es verlangt, diese zu benützen, nicht ihnen zu folgen. ◆<br />
Dominikus Kraschl ◆ Wie viel Objektivität haben<br />
Glaubens- und Naturwissenschaft gemein?<br />
Der Bereich des Objektiven ist eng verwoben mit Begriffen wie Wahrheit, Überzeugung und<br />
Erkenntnis. Paradigma der Objektivität ist <strong>für</strong> viele Menschen die Naturwissenschaft, während<br />
man den Bereich der Religiösen eher mit dem Bereich der (bloßen) Subjektivität in Verbindung<br />
bringt. Nichts desto weniger beanspruchen religiösen Überzeugungen <strong>für</strong> gewöhnlich, dem<br />
Bereich des Objektiven zugerechnet zu werden: Religiöse Überzeugungen gehen mit Wahrheitsansprüchen<br />
einher, und sie berufen sich auf eine spezifische Form der Erkenntnis: auf religiöse<br />
Erkenntnis. Will man einerseits an der Objektivität der Glaubenserkenntnis (und damit einer<br />
bestimmten Auffassung von Religion) festhalten und erachtet man die Naturwissenschaft andererseits<br />
als Paradigma der Objektivität, scheint man in ein Trilemma zu geraten: (1) (Eine bestimmte<br />
Auffassung von) Religion kann Objektivität beanspruchen. (2) Religion ist von ganz anderer Art<br />
als die Naturwissenschaft. (3) Nur was von der Art der Naturwissenschaft ist, kann Objektivität<br />
beanspruchen. Die drei Thesen können nicht alle zugleich wahr sein; mindestens eine von<br />
ihnen scheint falsch zu sein. In meinem Vortrag werde ich da<strong>für</strong> argumentieren, dass religiöse<br />
Wahrheiten, Überzeugungen und Erkenntnisse gar nicht so verschieden von wissenschaftlichen<br />
Wahrheiten, Überzeugungen und Erkenntnissen sind, wie man gemeinhin annimmt (gegen These<br />
2). Dazu sollen Naturwissenschaft, Moral und Glaube unter wissenschaftstheoretischer Rücksicht<br />
miteinander verglichen werden. ◆<br />
65<br />
K