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E<br />

David Espinet ◆ Grenzen der Selbsterfahrung – Phänomenologie der Unzugänglichkeit<br />

(Husserl und Kant)<br />

Phänomenologie ist Zugangsforschung. Unbeirrt hält Husserl daran fest, das der Zugang zu den<br />

Sachen selbst durch originär gebende Präsenz erfolge, eine Annahme, die vom späten Husserl in<br />

einigen seiner Forschungsmanuskripte indes kritisch nuanciert wird. In „Das Problem des Anfangs“<br />

(Hua 39, Nr. 43) entfaltet Husserl eine Phänomenologie der indirekten Zugänglichkeit. Er beschreibt<br />

dort den Umgang mit dem direkt Unzugänglichen. Direkt unzugänglich ist mir nicht nur<br />

das alter ego, sondern all jene eigenen Erfahrung, von welchen mir keine Erinnerungen bleiben.<br />

Phänomenologisch virulent wird dies bei der Frage nach dem Anfang des Bewusstseins, nach dem<br />

allerersten Akt, der (Selbst)Erfahrung urstiftet. Das Referat möchte zeigen, dass (1) die Phänomenologie<br />

Husserls auf der Suche nach dem ersten Anfang des ego, auf eine originäre Leerstelle trifft,<br />

die nur rekonstruktiv gewonnen werden kann; dass (2) die transzendentale Phänomenologie damit<br />

erneut auf das Problem stößt, das bereits im Kontext der Fremderfahrung auftrat. Auf verschärfte<br />

Weise zeigt sich auch in der Selbsterfahrung des ego eine Grenze der originären Gegebenheit; dass<br />

(3) die transzendentale Phänomenologie damit ein Problem wiederholt und verschärft, dass sich<br />

bereits bei Kant stellte, nämlich dass das Subjekt sich nicht erkennt, wie es ist, sondern wie es sich<br />

erscheint; dass (4) dieser Phänomenalismus der Selbsterfahrung die Phänomenologie an eine Grenze<br />

bringt, auf welcher sich das eigene Selbst nurmehr appräsentativ, d.h. als Entzug, zeigt. Was in<br />

Bezug auf die Fremderfahrung vielfach als solipsistischer Schwachpunkt beschrieben worden ist, mag<br />

unter Maßgabe von Kants kritischer Philosophie auch als Stärke aufgefasst werden: Phänomenologie<br />

wäre die Zugangsforschung, die auch die Grenze der Selbstzugänglichkeit beschreibt. Damit erwiese<br />

sich die Phänomenologie als „Kritik“ im genauen Sinne: Grenzziehung der Grenzen, die meiner<br />

Subjektivität durch die Endlichkeit ihrer Erkenntnismöglichkeiten gegeben sind.◆<br />

Reinhold Esterbauer ◆ Leibzeit<br />

Seine Naturalisierung hat nicht nur dazu geführt, dass der Mensch als ein Tier unter Tieren<br />

verstanden wird, sondern auch dazu, dass der Leib nicht mehr auf ein Ich bezogen, sondern als<br />

Natur-Objekt dem Blick von außen zugänglich gemacht worden ist. Diese Abstraktion hat wichtige<br />

naturwissenschaftliche Forschungsfelder freigesetzt, allerdings um den Preis, dass unter anderem<br />

die Ich-Dimension des Leibes zurückgedrängt wurde. Will man diesen blinden Fleck der Anthropologie<br />

ins Bewusstsein rücken, bietet sich die Reflexion auf den Eigenleib an. Das Nachdenken<br />

über mich, insofern ich Leib bin, fördert eine zu den biologischen Fachwissenschaften alternative<br />

Perspektive zutage, die innerhalb der Philosophie besonders von der Phänomenologie eingenommen<br />

wird. Konkretisieren lassen sich Analysen aus dieser Perspektive besonders im Rückgriff auf das<br />

Zeitproblem. Levinas hat sie über das Maß der Reflexionen hinaus, wie sie auch schon bei Husserl,<br />

Heidegger oder Merleau-Ponty begegnen, radikal an die Leiblichkeit des Menschen gebunden. Damit<br />

hat er nicht nur Zeit als Untersuchungsfeld vorgeschlagen, das jenseits des Bewusstseins im Leib<br />

angesiedelt ist, sondern auch darauf hingewiesen, dass die enge Bindung von Leib und Raum <strong>für</strong> eine<br />

Leibphänomenologie eine zu überschreitende Grenze darstellt. Vor diesem Hintergrund widmet sich<br />

der Vortrag der Relation zwischen Leib und Zeit und rückt einige Dimensionen leiblichen Werdens<br />

in den Blick. Methodisch möchte ich so vorgehen, dass konkrete Beispiele menschlicher Leiberfahrung<br />

als Selbsterfahrung im Hinblick auf ihre zeitliche Valenz gedeutet werden. Dabei liegt die<br />

These zugrunde, dass leibliche Zeitphänomene sowohl diesseits naturwissenschaftlicher Objektivität<br />

als auch jenseits bewusstseinsphilosophischer Erklärungsversuche als Prolegomena <strong>für</strong> eine personale<br />

Theorie des menschlichen Werden von wesentlicher Bedeutung sind.◆<br />

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