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Georg Friedrich ◆ Modalitäten, das Infinite-Monkey-Theorem und die unendliche Zeit<br />
Der Ansatz die Modalitäten in zeitlichen Begriffen zu definieren, ist in vielerlei Hinsicht eine<br />
Alternative zu logisch-formalen sowie semantisch-metaphysischen Definitionsversuchen. Zeitliche<br />
Modalitäten sind aber vor allem eine einfache und elegante Lösung, um zu erklären, was „möglich“<br />
und „notwendig“ bedeuten. Die logisch-formalen Definitionen sind in der Regel rein syntaktische<br />
Definitionen, die bloß die Folgerungsbeziehungen festlegen, die <strong>für</strong> einen Satz gelten, der einen Modaloperator<br />
enthält. Streng genommen wird dabei jedoch nicht erklärt, was die Modalitäten bedeuten.<br />
Der semantisch-metaphysische Erklärungsansatz, der von möglichen Welten spricht, macht weitreichende<br />
Annahmen, die um nichts verständlicher sind als die Begriffe, die definiert werden sollen.<br />
Hingegen scheinen die folgenden Definitionen sowohl einfach verständlich als auch zutreffend zu sein:<br />
Etwas ist definitionsgemäß möglich, wenn es irgendwann einmal der Fall ist. Und etwas ist notwendig,<br />
wenn es immer der Fall ist. Kontingent ist das, was gegenwärtig der Fall ist, aber nicht immer der Fall<br />
war oder nicht immer der Fall sein wird. Wie man sieht, sind „notwendig“ und „omnitemporal“ nach<br />
dieser Interpretation gleichbedeutend. Dem Einwand, dass auch möglich sein sollte, was nie verwirklicht<br />
wird, kann entgegnet werden, dass man sich <strong>für</strong> die Erklärung der Modalitäten in hypothetischer<br />
Weise annimmt, dass die Zeit unendlich verläuft. In einer unendlichen Zeit wird alles, was möglich ist<br />
auch einmal verwirklicht werden. Für die Erklärung ist es unerheblich, ob die Zeit tatsächlich endlich<br />
oder unendlich ist. An dieser Stelle muss einerseits darauf hingewiesen werden, dass hier von echten<br />
Modalitäten die Rede ist und nicht von einem alltäglichen nichtphilosophischen Sprachgebrauch. „Es<br />
ist möglich, dass es heute regnet“ ist ein Beispiel <strong>für</strong> eine alltägliche Verwendungsweise, in „Es ist notwendig,<br />
dass ich mit mir selbst identisch bin“ kommt eine echte Modalität vor. Anderseits drängt sich<br />
die Frage auf, warum in einer unendlichen Zeit alles was möglich ist, auch tatsächlich einmal verwirklicht<br />
werden sollte. Die Antwort liefert das Infinite-Monkey-Theorem. Das Infinite-Monkey-Theorem<br />
besagt, dass irgendeiner einer unendliche Anzahl von zufällig auf einer Schreibmaschine herumtippenden<br />
Affen es auf Anhieb zustande bringen würde, ein beliebiges literarisches oder philosophisches<br />
Werk zu tippen. Das ist schlicht eine Frage der Wahrscheinlichkeit und mathematisch beweisbar. Auch<br />
wenn die Wahrscheinlichkeit <strong>für</strong> einen einzelnen tippenden Affen dies zu tun, annähernd bei Null<br />
liegen und die Seiten an sinnlosen Zeichenketten gigantische Ausmaße annehmen würden, wird man<br />
unter diesen Seiten Platons Dialoge oder Schillers Räuber finden. Diese Erkenntnis kann bei der Suche<br />
nach einer Definition der Modalitäten nützlich sein. Wenn man das Wesen einer unendlichen Zeit<br />
adäquat erfasst, erkennt man, dass in diesem zeitlichen Rahmen alles, was möglich ist, auch irgendwann<br />
einmal verwirklicht sein wird oder verwirklicht war. Es ist einfach eine Frage der Geduld bzw. der<br />
Zeit. Die möglichen Welten, die man zur Definition der Modalitäten herangezogen hatte, kehren hier<br />
in veränderter Form zurück. Sie stehen jedoch nicht als Paralleluniversen eines modalen Realismus<br />
„nebeneinander“ sondern gewissermaßen „nacheinander“. Nacheinander stehen sie natürlich nicht<br />
insofern, als es eine Welt nach der anderen gäbe, sondern nur insofern, als ein Ereignis irgendwann<br />
nach einem anderen Ereignis eintritt. ◆<br />
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