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Andreas Hetzel ◆ Politisierung der Grenzen. Eine radikaldemokratische Perspektive<br />

Angesichts des europäischen Einigungsprozesses, der Öffnung des Eisernen Vorhangs und der<br />

Globalisierungsschübe in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts schien die Grenze zu veralten.<br />

Um so erstaunlicher ist ihre aktuelle Renaissance. Selten zuvor in der Geschichte trat uns mit einer<br />

solchen materiellen Wucht und exkludierenden Kraft entgegen wie, um nur wenige prominente<br />

Beispiele zu nennen, zwischen den palästinensischen Autonomiegebieten und Israel, zwischen<br />

Mexiko und den USA, zwischen Mauretanien und Marokko sowie an den EU-Außengrenzen. In<br />

meinem Beitrag möchte ich, ausgehend von der Position des französischen Philosophen Étienne<br />

Balibar, <strong>für</strong> eine Politisierung, konkreter: eine Demokratisierung der Grenze plädieren. Ich<br />

werde zeigen, dass uns Balibars Arbeiten einerseits beim Verständnis der Renaissance der Grenze<br />

helfen können, andererseits aber auch normative Potenziale bereithalten, die eine Kritik der mit<br />

Grenzdispositiven verbundenen Exklusionsformen zu orientieren vermögen. Balibar zeigt, wie der<br />

europäische Einigungsprozess mit neuen Formen der inneren und äußeren Exklusion einhergeht<br />

(die Festigung der EU-Außengrenzen ebenso wie die Errichtung innerer Exklaven, etwa in<br />

Form von Ghettos <strong>für</strong> illegale Einwanderer), denen wiederum neue Formen des Rassismus und<br />

Nationalismus korrespondieren. Auf der Ebene Europas kommt es zu einer Art supranationalen<br />

Konsolidierung des Nationalstaates mit all seinen Problemen. Gegen die Europäisierung von oben<br />

macht Balibar die Perspektive eines europäischen ‚demos‘ geltend, der Klassifikationsschemata<br />

nach nationalstaatlicher (und europäischer) Zugehörigkeit zurückweist und soziale Bürgerrechte<br />

zu universalisieren sucht. Die Grenzen wäre dann nicht länger an ein Territorium gebunden<br />

sondern stünden zur demokratischen Disposition. ◆<br />

Christian Hiebaum ◆ Staatsgrenzen und soziale Gerechtigkeit:<br />

Zu einigen partikularistischen Argumentationslinien<br />

Nach weitverbreiteter Auffassung (innerhalb und außerhalb der politischen Philosophie)<br />

beschränkt sich der Anwendungsbereich von Normen der sozialen Gerechtigkeit auf staatlich verfasste,<br />

jedenfalls aber partikulare <strong>Gesellschaft</strong>en. Zwar möge es moralische Pflichten geben, die<br />

über Staatsgrenzen hinausgehen, aber dabei handle es sich eben nicht um Pflichten der sozialen<br />

Gerechtigkeit. Allenfalls seien es Pflichten der internationalen Gerechtigkeit, welche Staaten<br />

gegenüber anderen Staaten haben. Und diese ließen sich schwerlich als Pflichten der den Kern<br />

der sozialen Gerechtigkeit bildenden Verteilungsgerechtigkeit charakterisieren. Insbesondere aber<br />

könnten etwaige Pflichten der Bürger wohlhabender Staaten zum Transfer von Vermögen in andere<br />

Teile der Welt oder zur Unterstützung globaler Institutionen der Umverteilung ökonomischer<br />

Ressourcen nicht auf Prinzipien der Verteilungsgerechtigkeit gegründet werden. In diesem Papier<br />

möchte ich einige der gängigen Argumente <strong>für</strong> diesen gerechtigkeitstheoretischen Partikularismus<br />

einer Kritik unterziehen: Argumente der Kooperation, der Solidarität und der Souveränität. Doch<br />

damit ist weder beschlossen, dass bestehende Staatsgrenzen moralisch irrelevant wären, noch dass wir<br />

uns eine Welt ohne Staatsgrenzen wünschen sollten. ◆<br />

55<br />

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