Briefe von H. F. Kohlbrügge an J. Wichelhaus - Licht und Recht
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Ich habe voll gehalten, Spencer solle beweisen, was er nicht beweist; aber pag. 453 erzählt<br />
Spencer: „Apompaios, welchen die hebräische Schrift Azazel nennt, war niem<strong>an</strong>d <strong>an</strong>ders als der<br />
Teufel“ seien Worte des Origenes, <strong>und</strong> in einem Liede des alten Dichters X<strong>an</strong>i in Marcum Valentini<br />
discipulum lese m<strong>an</strong>: „Was dir dein Vater Sat<strong>an</strong> darreicht, tut immer durch Macht der Engel<br />
Azazel“. Liest m<strong>an</strong> in dem Lied <strong>und</strong> bei Origenes wirklich Azazel? Hat Origenes nicht noch eine<br />
<strong>an</strong>dere Auslegung des Wortes bei 3. Mose 16?<br />
Entschuldige mich, wenn ich Dich als Professor obendrein noch für etwas <strong>an</strong>deres in Anspruch<br />
nehme. Ich habe ein Buch <strong>von</strong> J. A. D<strong>an</strong>z, Leipzig 1736, dessen Titel heißt: Novum Testamentum<br />
ex Talmude; d<strong>an</strong>n folgt ein Traktat ad illustr<strong>an</strong>dum baptisma Jo<strong>an</strong>nis [um die Taufe des Joh<strong>an</strong>nes zu<br />
erläuteren]; sod<strong>an</strong>n: <strong>an</strong>tiquitas baptismi [das Altertum der Taufe] pag. 299. Dort aus J. Damasceno<br />
zu 1. Kor. 10, Vs. 2: „Denn die Wolke war ein Symbol des Geistes; das Meer aber des Wassers“. In<br />
Holl<strong>an</strong>d weigert m<strong>an</strong> sich nämlich im Gebet des Taufformulars zu sagen: O allmächtiger ewiger<br />
Gott, der du hast durch die Sintflut nach deinem gestrengen Urteil die ungläubige <strong>und</strong> unbußfertige<br />
Welt gestraft, <strong>und</strong> den gläubigen Noah selbacht aus deiner großen Barmherzigkeit erhalten – <strong>und</strong><br />
den verstockten Pharao mit allem seinem Volk im roten Meere ertränket, dein Volk Israel aber<br />
trocknen Fußes hindurch geführet, durch welches diese Taufe bedeutet wird. Wir bitten Dich usw.“,<br />
denn die Sintflut <strong>und</strong> die Errettung Noahs, sowie die Ertränkung Pharaos im roten Meer <strong>und</strong> der<br />
Durchg<strong>an</strong>g Israels durch dasselbe bilde nicht die Taufe ab. Eine Anzahl Eltern, welche darauf best<strong>an</strong>den,<br />
daß die Prediger das Formular <strong>und</strong> dieses Gebet wörtlich [ohne Auslassung] lesen sollten,<br />
wurden nun mit ihren Kindern <strong>von</strong> der Taufe abgewiesen, da die Prediger in den Städten Utrecht<br />
<strong>und</strong> Delft u. a. m. sich weigerten, diese Sätze zu lesen. Ich wünsche nun etwas in Form eines Gespräches<br />
zwischen einem alten <strong>und</strong> einem jungen Prediger zu schreiben, darin die beiden Stellen 1.<br />
Kor. 10, Vs. 1 u. 2 [Ich will euch aber, liebe Brüder, nicht verhalten, daß unsere Väter sind alle unter<br />
der Wolke gewesen <strong>und</strong> sind alle durch das Meer geg<strong>an</strong>gen, <strong>und</strong> sind alle unter Mose getauft mit<br />
der Wolke <strong>und</strong> mit dem Meer;] <strong>und</strong> 1. Petri 3, Vs. 21 [„welches Wasser der Sintflut nun auch uns selig<br />
macht in der Taufe, die durch jenes bedeutet ist;“] kurz auszulegen <strong>und</strong> d<strong>an</strong>n nachzuweisen, daß<br />
diese beiden Stellen die Jahrh<strong>und</strong>erte hindurch so ausgelegt sind, daß sie die Taufe bedeuten. Letzteres<br />
nur mit kurzen Sätzen aus den Kirchenvätern, die am schlagendsten sind. Du würdest mir nun<br />
einen Gefallen erweisen, wenn Du mir die Stellen lateinisch abschreiben könntest. Valckenaer ad 1.<br />
Kor. 10 führt Chrysostomus <strong>an</strong>, Tom. III pag. 228 ff. Er schreibt: Egregie hunc Locum explicit Joh.<br />
Chrysostomus nexum simul orationis Paulinae indic<strong>an</strong>s. [Vortrefflich legt diese Stelle Joh. Chrysostomus<br />
aus, indem er zugleich den Zusammenh<strong>an</strong>g der Rede Pauli nachweist.] Ich k<strong>an</strong>n sie nicht<br />
nachschlagen. Er empfiehlt diese Stelle. Auf die Einwürfe, daß die neuere Theologie das <strong>an</strong>ders verstehe,<br />
wünsche ich mit drei oder vier Stellen zu <strong>an</strong>tworten, wie z. B. aus de Wette welcher ausdrücklich<br />
sagt, Paulus habe das so verst<strong>an</strong>den, er, de Wette, verstehe es <strong>an</strong>ders.<br />
Endlich wünsche ich noch drei oder vier Stellen namhafter Theologen unseres letzten Decenniums<br />
[Jahrzehnts], die mit der alten Auslegung einig sind.<br />
Willst Du mich nun damit beglücken? Des Herrn Gnade befohlen, mein lieber Joh<strong>an</strong>nes!<br />
Die festen Gnaden Davids bestehn. Es geht uns allen wohl. Du weißt ja, daß Jakob Premierleutn<strong>an</strong>t<br />
geworden ist bei dem materieel (eine besondere Auszeichnung).<br />
Unsere herzlichsten Grüße!<br />
G<strong>an</strong>z Dein H. F. <strong>Kohlbrügge</strong>.<br />
Elberfeld, den 6. Juni 1855.<br />
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