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Briefe von H. F. Kohlbrügge an J. Wichelhaus - Licht und Recht

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ängstlich macht, ist dies, daß ein so junger M<strong>an</strong>n sich nicht so frei bewegt; darum möchte ich Dich<br />

fragen, ob er den Kl<strong>an</strong>g kennt <strong>und</strong> <strong>von</strong> sich gibt, <strong>an</strong> den eine lebendige Gemeinde gewöhnt ist.<br />

Von den Petri-Predigten ist Kap. 2 unter der Presse, darum habe ich für’s erste kein Geld mehr,<br />

um etwas drucken zu lassen. Drängt es Dich, etwas in Halle drucken zu lassen, – ich glaube aber<br />

nicht, daß vieles da<strong>von</strong> abgesetzt werden wird, da Schrey 40 Exemplare verkauft, während der<br />

Buchhändler Hassel nur eins abgesetzt hat, – so frage einmal selbst bei Peter Schumacher g<strong>an</strong>z bestimmt<br />

darum <strong>an</strong>. Ich k<strong>an</strong>n nicht gut um Geld bitten. M<strong>an</strong> disponiert m<strong>an</strong>chmal über meine Druckkasse<br />

<strong>und</strong> fragt nicht, woher das Geld kommen soll. – Wenn m<strong>an</strong> die Druckkosten zu geben gewillt<br />

ist, k<strong>an</strong>n m<strong>an</strong> ebenso gut sie geben, als sagen, daß m<strong>an</strong> sie geben will.<br />

Bevor ich auf Deine Anfrage wegen Verfügung über Exemplare, welche bei Mühlm<strong>an</strong>n liegen<br />

geblieben sind, <strong>an</strong>tworte, muß ich erst nachsehen, was Schrey noch hat. Er hat <strong>von</strong> allem nur sehr<br />

wenig mehr hier auf Lager <strong>und</strong> will hier auch nicht gerne „nein“ sagen, wenn jem<strong>an</strong>d etwas haben<br />

will. Das nimmt aber nicht weg, daß es Dir überlassen ist, einem Studenten, wenn Du weißt, daß es<br />

bei ihm <strong>an</strong>gebracht ist, ein Exemplar <strong>von</strong> dieser oder jener Predigt zu schenken.<br />

Dieses Blatt liegt bereits acht Tage da, wo nicht länger, ohne daß ich weiter schreiben konnte. In<br />

den Abendpredigten bin ich mit Jesajas zu Ende. Die Gemeinde hat sich voriges Jahr um 80 Seelen<br />

vermehrt. Vorige Woche ist ein <strong>an</strong>gesehener Hausvater, ein gläubiger M<strong>an</strong>n aus der lutherischen<br />

Gemeinde, zu uns übergetreten, was Sensation macht. Im g<strong>an</strong>zen ist unsere Gemeinde doch nicht<br />

über 900 Seelen stark. Auf den Tellern wurden voriges Jahr 1250 Tal. kollektiert, – <strong>an</strong> Extragaben<br />

350 Taler, das macht im g<strong>an</strong>zen 1600 Tal. Unsere vierteljährliche Kollekte beläuft sich auf 750 Tal.,<br />

das macht im Jahre 3000 Taler. Die Petripredigten finden sehr freudige Aufnahme. Von dem kleinen<br />

Katechismus lasse ich hier eine neue Auflage <strong>von</strong> 1500 Exemplaren drucken, fast für denselben<br />

Preis wie in Halle. Von dem großen Katechismus hat Schrey nur noch 134 Exemplare: <strong>von</strong> allen übrigen<br />

Sachen hat er auch nicht viel mehr.<br />

Luthers Schriften in der Ausgabe <strong>von</strong> Walch habe ich, wie ich Dir bereits schrieb, wieder abgegeben.<br />

Es wäre mir doch erwünscht, einmal zu wissen, inwiefern diese Ausgabe mehr enthält, als<br />

die <strong>an</strong>dern. Mehreres, was mir <strong>von</strong> Luther bek<strong>an</strong>nt ist, suchte ich bei Walch vergebens. Wie kommt<br />

das? Gestern sah ich in Köhlers <strong>an</strong>tiquarischem Anzeigenhefte vom Oktober 1851 Luthers Werke,<br />

12 Bde., fol. Wittenber. Luft. 1539, zu 12 Taler <strong>an</strong>gezeigt. Du zeigtest mir mal eine Ausgabe <strong>an</strong>,<br />

halb lateinisch halb deutsch, auch zu 12 Taler. Ich sah einmal eine Ausgabe in Folio, eine <strong>an</strong>dere in<br />

Quart g<strong>an</strong>z Latein zu 50 flor. Bertrains Frau ist Weihnachten plötzlich gestorben. Unser Diakonus<br />

Hold wird bald ein Fräulein Sieperm<strong>an</strong>n heiraten. Wolffs sind sehr glücklich zusammen. Dr. Keller<br />

hat eine gute <strong>und</strong> glückliche Praxis. – Es ist in unserer Gemeinde die Frau des Kontoristen H. des<br />

Hungertodes gestorben. Der Kehlkopf ging ihr allmählich zu. Diese Frau war geistlich sehr tot,<br />

noch 3 Wochen vor ihrem Tode. Selten erlebte ich aber eine so wahrhaftige Bekehrung, ein so nüchternes<br />

Übergehen in den Glauben, ein so demutvolles, friedsames Hinscheiden, als bei dieser Frau.<br />

Die Geschichte dieser Bekehrung <strong>und</strong> dies Hinscheiden hat bei Cato, der ältesten Tochter unsers<br />

Westendorp gewirkt. Sie lag <strong>an</strong> der Auszehrung darnieder. Was der Vater uns nun <strong>von</strong> ihrem Hinscheiden<br />

mitgeteilt hat, ist sehr tröstlich.<br />

Deine T<strong>an</strong>te Bertha ist <strong>an</strong> einer Pleuritis erkr<strong>an</strong>kt, doch ist es nicht mehr bedenklich. Deine liebe<br />

Großmutter ist noch so, wie Du sie verlassen hast. Bei Froweins sind alle recht wohl. – In unserem<br />

neuen Hause sind die Fußböden gelegt. Die Türen sind schön gemacht; auch die Fassade gefällt einem<br />

jeden. Meine liebe Frau befindet sich recht wohl, <strong>und</strong> ist äußerst glücklich mit ihrer Gehilfin<br />

Karoline. Mit der lieben Anna geht’s noch zwischen Freudigkeit <strong>und</strong> Zagen auf <strong>und</strong> ab. Doch nun<br />

will ich schließen. Sei der Gnade des treuen Hirten unserer Seelen befohlen, der wohl weiß, wo wir<br />

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