Briefe von H. F. Kohlbrügge an J. Wichelhaus - Licht und Recht
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Sehen Sie nunmehr auf das höhere Walten Gottes. Der ewig treue Gott mag doch wohl seine Absichten<br />
dabei haben, daß Ihnen weder in Bonn, noch in Halle bis dahin das gelungen ist, was doch<br />
sonst <strong>an</strong>deren gelingt. Daß Gottes Gerechtigkeit, die Wahrheit seiner Worte dar<strong>an</strong> offenbart wird,<br />
indem die, welche glauben etwas zu sein, sich als untauglich <strong>und</strong> ohne Gerechtigkeit zeigen, dabei<br />
können Sie nicht stehen bleiben, sondern Sie sollen vielmehr fragen: was bezweckt Gottes Erbarmen<br />
mit mir dabei? Und da wollte ich, Sie hätten die g<strong>an</strong>ze Geschichte mehr unter dem Knie, wie<br />
es bei mir war, da ich zu promovieren hatte. Nicht, daß es Ihnen gleichgültig sein sollte, ob der Gott<br />
aller Wahrheit seine Verheißungen <strong>an</strong> uns erfülle, sondern die Überzeugung, daß er sie erfüllt, soll<br />
uns um so mehr treiben, daß wir uns <strong>an</strong> den lebendigen Gott halten, damit wir nicht durch das augenscheinlich<br />
alles uns Versprechende oder alles uns Nehmende des Sichtbaren bezaubert oder darniedergeworfen<br />
werden. Denn unser gnädiger Gott <strong>und</strong> Hort hat tausend Mittel <strong>und</strong> Wege, bei uns<br />
sein heiliges Wort zu bewahren.<br />
Ich finde es g<strong>an</strong>z nach Gerechtigkeit, daß Sie sich <strong>von</strong> Gottes Güte erflehen, daß er Ihnen zu einem<br />
<strong>von</strong> der elterlichen Hilfe unabhängigen St<strong>an</strong>d verhelfe, <strong>und</strong> Sie werden darin auch nicht laß<br />
werden, <strong>und</strong> so wird er es tun. Wie aber?, – das bleibe seiner Macht <strong>und</strong> Weisheit vorbehalten. Er<br />
wird wohl Rat wissen. Nur sei bei uns, da wir vom Herrn wert geachtet werden <strong>von</strong> seinem Namen<br />
zu zeugen, ein Herz, das, was vor uns liegt, so zu treiben, als hinge Himmel oder Hölle dar<strong>an</strong>; wiederum<br />
es auch zu bekennen, daß es alles Eitelkeit der Eitelkeiten ist, <strong>und</strong> wir selbst Eitelkeit sind,<br />
<strong>und</strong> er nur Gott, unser Gott ist. Unsere Jahre sind bald dahin, – er bleibt. Der Bauch ist schnell gesättigt.<br />
Er weiß dafür zu sorgen, der das Schreien der verlassenen jungen Raben hört. Der Leib ist<br />
klein <strong>und</strong> schnell mit einem Kleid bedeckt <strong>von</strong> dem, der in einem Nu die Erde mit einem Sternenzelt<br />
überdacht hat. Und unsere Wohnung, unser ewiges Haus, – nicht hier steht es. Daß wir aber<br />
Brüder stärken, uns bei ihren W<strong>und</strong>en <strong>und</strong> Qualen mitleidig zeigen, daß wir ihre Schmerzen im Namen<br />
des Herrn Jesu heilen, daß wir <strong>an</strong>dere trösten mit dem Troste Gottes, daß wir es tun <strong>und</strong> lehren<br />
können: „Ich will Barmherzigkeit <strong>und</strong> nicht Opfer“, – daß wir das Wort Gottes recht schneiden, daß<br />
wir Heiligen Geist überkommen, daß wir Liebe haben, daß wir nicht meinen zu suchen, sondern<br />
wahrlich suchen, was Gottes, was des Nächsten ist, – o, mein teurer Bruder, darum geht es. Wenn<br />
m<strong>an</strong> in Betracht nimmt, wie die Fre<strong>und</strong>e Hiobs doch Leute gewesen sind, die zu zeugen gewußt haben,<br />
<strong>und</strong> wie doch diese gezeigt haben, daß sie gar keine Liebe hatten <strong>und</strong> so gar nicht das waren,<br />
was sie <strong>von</strong> sich hielten, so haben wir eine Warnung <strong>von</strong> oben her vor uns, daß wir es doch ja nicht<br />
für etwas so Geringes halten, für etwas, womit m<strong>an</strong> so schnell fertig wäre, aus Gott, vor Gott einherzugehen<br />
<strong>und</strong> in seinen Sachen beauftragt zu sein. Nicht, daß es <strong>an</strong> <strong>und</strong> für sich so schwer hielte,<br />
aber unserer Herzenshärtigkeit <strong>und</strong> unserer Eigenliebe wegen hält es so schwer, <strong>und</strong> es liegt einem<br />
jeden Menschenherzen viel näher, als Frommer in Gerechtigkeit dazustehen, denn als ein Gottloser,<br />
der aus Gnaden gerechtfertigt wird. Auch haben wir das Sichtbare viel mehr vor Augen, als das Unsichtbare,<br />
welches doch vor unseren Augen sichtbar aus Gottes Wink heraus gebildet wird, wo nur<br />
die Not <strong>an</strong> den M<strong>an</strong>n kommt, <strong>und</strong> d<strong>an</strong>n das Schreien zu ihm, dem Allmächtigen, aufkommt.<br />
Ich grüße Sie aus der Ferne <strong>und</strong> Ihnen dennoch im Geiste in der Liebe Christi nahe. Herzensgerne<br />
lese ich Ihre neue Arbeit, Sie zu beruhigen, wenn es ein neues ungerechtes Urteil darüber geben<br />
sollte. Schreiben Sie aber das Hebräische etwas deutlicher, wie Sie zu tun pflegen, denn Ihr Hebräisch<br />
lese ich sonst nicht schnell genug. Vieles müssen Sie aber <strong>von</strong> mir nicht erwarten. Als ich nach<br />
Godesberg kam, meinte ich, ich würde nichts zu tun haben, auch daselbst höchstens 2 Monate verbleiben,<br />
ich habe aber wohl nie weniger zu tun gehabt. In der Morgenst<strong>und</strong>e beschäftigte ich mich<br />
mit der lieben Anna, sod<strong>an</strong>n kommt das Essen um 12½ Uhr, darauf gehen wir, wenn das Wetter es<br />
nur etwa erlaubt, spazieren, was für die Ges<strong>und</strong>heit meiner Frau sehr erforderlich ist. Nun aber die<br />
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