Briefe von H. F. Kohlbrügge an J. Wichelhaus - Licht und Recht
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te ihm kein günstiges Kirchenzeugnis gegeben werden, da er sich gewissenshalber im letzten Jahr<br />
<strong>von</strong> dem Gottesdienst <strong>und</strong> Abendmahl der Kirche ferne gehalten hatte. Auch konnte die <strong>von</strong> ihm abgegebene<br />
Erklärung über seine Stellung zur Union, „daß er weder <strong>von</strong> lutherisch noch reformiert<br />
wisse <strong>und</strong> Gemeinschaft mit allen denen zu halten wünsche, die Gott fürchten“, das Konsistorium<br />
nicht befriedigen. Vom Examen für sol<strong>an</strong>ge zurückgewiesen, bis er durch Einsendung eines guten<br />
Zeugnisses den Beweis liefere, daß er sich wiederum der ev<strong>an</strong>gelischen Kirche g<strong>an</strong>z <strong>an</strong>geschlossen<br />
habe, war Gustav L<strong>an</strong>gen <strong>von</strong> der theologischen Laufbahn zurückgetreten, <strong>und</strong> hatte sich im Geschäft<br />
seines Vaters, des Zuckerfabrik<strong>an</strong>ten J. J. L<strong>an</strong>gen in Köln, dem Kaufm<strong>an</strong>nsst<strong>an</strong>de, zunächst<br />
als Lehrling eintretend, gewidmet. Wie freute er sich, in Godesberg den M<strong>an</strong>n persönlich kennen zu<br />
lernen, „dem er das Beste zu verd<strong>an</strong>ken hatte, was er in seinem Leben f<strong>an</strong>d“. Nach Godesberg begleitete<br />
ihn sein Fre<strong>und</strong> Wilhelm Greeff aus Elberfeld, der damals in Köln eine kaufmännische Stellung<br />
inne hatte.<br />
Hier in Godesberg erging nun um Pfingsten 1846 <strong>an</strong> K. der Ruf, in einem <strong>von</strong> 21 früheren Gliedern<br />
der reformierten Gemeinde in Elberfeld unterzeichneten Brief, nach Elberfeld zu kommen, <strong>und</strong><br />
ihnen, die sich gewissenshalber <strong>von</strong> der Kirche zurückgezogen hatten, das Wort Gottes zu verkündigen<br />
<strong>und</strong> ihr Lehrer <strong>und</strong> Seelsorger zu werden.<br />
Es wurde K. nicht leicht, diesem Ruf zu folgen. Sein Herz hing <strong>an</strong> seinem Vaterl<strong>an</strong>d Holl<strong>an</strong>d <strong>und</strong><br />
<strong>an</strong> den wenigen dortigen Fre<strong>und</strong>en. Ein Brief, den er <strong>von</strong> Godesberg aus vor seiner Übersiedlung<br />
nach Elberfeld <strong>an</strong> einen holländischen Fre<strong>und</strong> schrieb, zeigt uns die Ged<strong>an</strong>ken, die ihn damals bewegten.<br />
Godesberg, den 10. November 1845.<br />
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Jetzt, wo wir zunächst unsere Ges<strong>und</strong>heit wieder erhalten haben, <strong>und</strong>, um dies zu erreichen, wie<br />
<strong>von</strong> selbst hierhin gekommen sind, würde die Frage: „Was nun weiter?“ eine ungünstige Zurückwirkung<br />
auf uns haben. Wir haben nicht den Pl<strong>an</strong>, unser Vaterl<strong>an</strong>d zu unserm Vergnügen dr<strong>an</strong> zu geben,<br />
selbst nicht einmal für unsere Ges<strong>und</strong>heit; wir haben nicht den Ged<strong>an</strong>ken, in Godesberg zu<br />
bleiben, aber wir haben wohl Glauben, um Gottes Tun abzuwarten <strong>und</strong> seinem Weg zu folgen; <strong>und</strong>,<br />
wenn es sein Weg ist, daß wir hier in Deutschl<strong>an</strong>d bleiben, so wird es doch immer im Zusammenh<strong>an</strong>g<br />
mit meiner Berufung bleiben, <strong>und</strong> so für alle, denen es in Niederl<strong>an</strong>d um Wahrheit zu tun ist,<br />
um so mehr Frucht tragen. Aber wir leben bei dem Tag, sowie mein Leben immer gewesen ist, ohne<br />
etwas für mich zu suchen, aber überall alle, die ich in dem Herrn lieb habe, auf meinem Herzen tragend.<br />
Weiter wissen die Menschen, wahrscheinlich im Vorgefühl eines in dieser Hinsicht nicht guten<br />
Gewissens, mehr als wir selbst, <strong>und</strong> berechnen <strong>und</strong> machen Pläne <strong>von</strong> dem, was wir tun oder<br />
nicht tun sollen, denen wir völlig fremd sind. Ich k<strong>an</strong>n heute so wenig versichern, daß wir zurückkommen,<br />
als ich versichern k<strong>an</strong>n, daß wir hier sicher bleiben werden. Jeder weist mir eine Stelle<br />
nach seiner Weise <strong>an</strong>; das hat die Synode auch in ihrer Weise get<strong>an</strong>. Gott weist mir heute meine<br />
Stelle in Godesberg <strong>an</strong>. Das ist sicher, daß ich keinen <strong>von</strong> Ihnen vor ihm vergesse <strong>und</strong> daß ich auch<br />
hier nicht ohne Arbeit bin. Seien Sie darum nicht unruhig, geliebter Fre<strong>und</strong>! Auch unser teurer<br />
Fre<strong>und</strong> de Clercq soll nicht unruhig sein. Naomi wird wieder Naomi, kommt auch eine Mara dazwischen.<br />
Elimelech heißt: „Gott ist König“; Machion heißt: „Es verwelkt alles wie ein Blatt <strong>und</strong> vergeht“;<br />
Chiljon heißt: „Es kommt doch alles vollkommen zurecht“ <strong>und</strong> Ruth heißt: „Es wird einst gesehen!“<br />
(Holländischer Brief Nr. 64.)<br />
Dennoch entschloß sich K., dem Ruf nach Elberfeld zu folgen. Am 4. Juni siedelte er dorthin<br />
über <strong>und</strong> war zuerst als Gast bei D<strong>an</strong>iel <strong>von</strong> der Heydt. Vor seiner Abreise schrieb er <strong>an</strong> diesen im<br />
April 1846:<br />
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