Briefe von H. F. Kohlbrügge an J. Wichelhaus - Licht und Recht
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Im Namen des unsichtbaren <strong>und</strong> einigen Herrn <strong>und</strong> Königs seiner streitenden <strong>und</strong> triumphierenden<br />
Gemeinde frage ich den Herrn <strong>von</strong> Mühler, welches <strong>Recht</strong> er habe, <strong>von</strong> einer Sekte der Kohlbrüggi<strong>an</strong>er<br />
zu reden? Die Stellung der niederländisch-reformierten Gemeinde in Elberfeld ist kürzlich<br />
diese: Herr Dr. <strong>Kohlbrügge</strong>, in seinem Vaterl<strong>an</strong>d Holl<strong>an</strong>d abgesetzt <strong>und</strong> verworfen, weil er die<br />
allein selig machende Lehre des Glaubens in der „herstelde luthersche Gemeente“ zu Amsterdam<br />
mit Kraft verkündigte <strong>und</strong> in keine fremde Lehre hatte einwilligen wollen, kam im Jahre 1833/34<br />
nach Elberfeld <strong>und</strong> predigte dort in den verschiedenen Kirchen Gottes lauteres Ev<strong>an</strong>gelium. Es liegen<br />
noch drei Predigten aus jener Zeit gedruckt vor über Psalm 45, Vs. 14-16; Römer 7, Vs. 14;<br />
Psalm 65, Vs. 5. Infolge, ich weiß nicht welcher Verdächtigungen <strong>und</strong> Anstiftungen, erging aber in<br />
kurzem ein Ministerial-Rescript, wodurch dem Dr. <strong>Kohlbrügge</strong> die K<strong>an</strong>zeln der Rheinprovinz untersagt<br />
wurden. Im Jahre darauf wurde die Agende <strong>und</strong> Kirchenordnung durch Königlichen Befehl<br />
in Elberfeld eingeführt. Nach dem Kirchenrecht steht fest, daß der L<strong>an</strong>desherr keine Agende wider<br />
den Willen der Gemeinden einführen, wie auch, daß er in dem Bekenntnisst<strong>an</strong>d einer Kirche willkürlich<br />
nichts ändern darf. Es wurde deshalb feierlich <strong>von</strong> Gemeindeverordneten <strong>und</strong> Gemeindegliedern<br />
Protest eingelegt, <strong>und</strong> alle <strong>Recht</strong>e der reformierten Kirche jener L<strong>an</strong>de wurden ausdrücklich<br />
als unverletztes <strong>und</strong> unverletzbares Eigentum verwahrt. Dieser Protest ist damals <strong>von</strong> vielen<br />
h<strong>und</strong>ert Gemeindegliedern unterzeichnet worden.<br />
Der jetzt regierende König erk<strong>an</strong>nte das geschehene Unrecht <strong>an</strong>. Die Treue des Bekenntnisses<br />
wurde belohnt, indem eine Anzahl jener Protestierenden den Dr. <strong>Kohlbrügge</strong> zu ihrem Prediger berufen,<br />
sich als Gemeinde konstituieren <strong>und</strong> dabei das reformierte Bekenntnis <strong>und</strong> die alte jülich-bergische<br />
Kirchenordnung zu Gr<strong>und</strong>e legen konnten. Das ist aber nicht geschehen, ohne daß alle nur<br />
möglichen Versuche gemacht worden wären, die Gemeinschaft mit der L<strong>an</strong>deskirche herzustellen,<br />
<strong>und</strong> ins besondere hat Pastor <strong>Kohlbrügge</strong> selbst mit Tränen die Behörden beschworen, daß sie den<br />
schrecklichen Bruch zwischen Gewalttat <strong>und</strong> <strong>Recht</strong> heilen <strong>und</strong> die Bruderh<strong>an</strong>d reichen möchten.<br />
Die Dokumente aller dieser Tatsachen liegen in den Akten des Ministeriums.<br />
Und nach allem diesem, selbst nachdem die niederländisch-reformierte Gemeinde in Elberfeld<br />
als solche vom Staats- <strong>und</strong> Kirchenoberhaupt <strong>an</strong>erk<strong>an</strong>nt ist, wird es mir zum Verbrechen <strong>an</strong>gerechnet,<br />
daß ich bei der „Sekte der Kohlbrüggi<strong>an</strong>er“ zum Abendmahl geg<strong>an</strong>gen sei, <strong>und</strong> wird <strong>an</strong> mich<br />
die Zumutung gestellt, daß ich proprio motu erklären soll, mit keiner „Sekte“ in Verbindung zu stehen!<br />
O! L<strong>an</strong>d, L<strong>an</strong>d, L<strong>an</strong>d! Wie l<strong>an</strong>ge soll in dir das <strong>Recht</strong> in Wermut verkehrt <strong>und</strong> das Blut der Unschuldigen<br />
vergossen werden? Wird der Herr nicht solches sehen <strong>und</strong> suchen? [Amos 5,7.]<br />
Und nun meine Stellung zur L<strong>an</strong>deskirche. Als oben Gemeldetes in Elberfeld geschah, war ich<br />
noch jung <strong>und</strong> mein Vater bereits nach Bonn verzogen. Ich wurde dort durch die Konfirmation auf<br />
Gr<strong>und</strong> des Heidelberger Katechismus in die unierte L<strong>an</strong>deskirche aufgenommen. In ihr bin ich bis<br />
auf diesen Tag zu nichts genötigt worden, was wider mein Gewissen wäre; <strong>und</strong> ich habe es immer<br />
als meine Pflicht betrachtet, der L<strong>an</strong>deskirche zu dienen, wie ich nur k<strong>an</strong>n. Ich werde keinen Stein<br />
gegen sie erheben, am wenigsten in dieser Zeit allgemeiner Schmähungen <strong>und</strong> Spaltungen, in dieser<br />
Zeit der drohendsten Gefahren. Ich werfe mich mit D<strong>an</strong>iel vor Gott nieder <strong>und</strong> rufe: „Wir <strong>und</strong> unsere<br />
Väter haben gesündigt! Gedenke unserer nicht nach unseren Sünden, sondern gedenke deiner<br />
großen Barmherzigkeit!“ Ich bin ein Kind <strong>und</strong> Glied der L<strong>an</strong>deskirche, <strong>und</strong> die acht Jahre, in denen<br />
ich hier alles über mich habe ergehen lassen, sind Beweis dafür, ob ich es redlich mit dem L<strong>an</strong>de<br />
<strong>und</strong> der Kirche meine. Nach ihrem Ursprung ist aber die preußische L<strong>an</strong>deskirche die durch König<br />
Friedrich Wilhelm III. staatlich vollzogene Vereinigung der reformierten <strong>und</strong> lutherischen Kirche im<br />
preußischen L<strong>an</strong>de. Diese Vereinigung k<strong>an</strong>n eine wahrhaft kirchliche nur auf dem Wege werden,<br />
daß das <strong>von</strong> Gott selbst verordnete Haupt, unser Heil<strong>an</strong>d Jesus Christus durch sein Wort <strong>und</strong> seinen<br />
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