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Briefe von H. F. Kohlbrügge an J. Wichelhaus - Licht und Recht

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lendorf, Rungsdorf <strong>und</strong> auf die Berge bis <strong>an</strong> den Hirschberg. Das Wohnzimmer hat seine Aussichtsseite<br />

ebenso bis auf Königswinter. Nach Süden hin, wo wir gewöhnlich am Fenster sitzen, haben<br />

wir das g<strong>an</strong>ze Tal vor uns, wie Königswinter, Mehlem usw., sod<strong>an</strong>n den Drachenfels, die fernen<br />

Bergkuppen, den Roderberg. Moßendorfer Höhe. Blinzlers Hotel usw. Von dem Balkon des Salons<br />

hat m<strong>an</strong> eben dieselbe Aussicht nach Süden. Wir können uns rühmen, daß wir die schönste Aussicht<br />

haben <strong>von</strong> g<strong>an</strong>z Godesberg: denn allerwärts hat m<strong>an</strong> nur einen Teil, wir aber das G<strong>an</strong>ze, <strong>und</strong> d<strong>an</strong>n<br />

jeden Morgen die liebe Sonne. Wir haben auf unseren beiden Zimmern einen Ofen, <strong>und</strong> <strong>von</strong> Ihrer<br />

Frau Mutter einen schönen Wasserkessel, <strong>von</strong> Ihnen aber das schöne Kesselchen mit Feuermaschine,<br />

dessen Sie sich in Berlin bedienten. Ich spaziere mit meiner Frau jeden Mittag. So waren wir<br />

schon auf der Schweinenheimer Heide, den Berg entl<strong>an</strong>g auf der Mossendorferhöhe, auf dem<br />

Lünchsberg, nach Philipps hin, weiter hinauf hinter Marienforst in den Wald hinein, – dreimal nach<br />

dem Roderberg, über L<strong>an</strong>nerdorf <strong>und</strong> Nieder-Bachem, zurück über Rol<strong>an</strong>dseck. – zweimal auf dem<br />

Petersberg, – zweimal auf dem Drachenfels, einmal am Ölberg, einmal auf dem Ölberg, – zweimal<br />

nach Heisterbach, immer ohne Führer, <strong>und</strong> indem wir uns <strong>an</strong> nichts kehren <strong>und</strong> uns durch alles hindurch<br />

machen, haben wir die schönsten Naturszenen, die keiner sonst so finden wird. Jeden Morgen<br />

früh bin ich am Brunnen. Wie haben wir doch <strong>an</strong> Kräften zugenommen! Meine Frau steht jeden<br />

Morgen vergnügt <strong>und</strong> munter auf. Jakobus macht es recht gut in Delft; Herr <strong>und</strong> Frau v. Heumen loben<br />

ihn fortwährend. Er ist öfters im Haag bei seinem Ohm. Unser Gerhard ist jetzt bei v<strong>an</strong> Heumen<br />

in Arnheim <strong>und</strong> kommt nächstes Frühjahr wahrscheinlich hierhin nach Zißendorf zum Herrn Greve,<br />

einem tüchtigen Ökonomen, der 7 Zöglinge hat, <strong>und</strong> es sich <strong>an</strong>gelegen sein läßt, dieselben nach<br />

zweijährigem Unterricht gehörig unterzubringen. Unser Haus in Utrecht ist zu kaufen; wir haben es<br />

dazu <strong>an</strong>schlagen lassen. N. N. wird mager, weil wir diesen Winter nicht zurückkommen, auch v<strong>an</strong><br />

Heekeren ist deswegen voller Trauer. – Mein letztes Buch war in Utrecht in sehr kurzer Zeit bereits<br />

vergriffen. – Wir haben hier jeden Sonntag Besuch aus Köln, L<strong>an</strong>gen <strong>und</strong> Greeff, sod<strong>an</strong>n den einen<br />

<strong>und</strong> <strong>an</strong>deren aus Elberfeld. Von Ihren Büchern habe ich Hengstenbergs Christologie, Ne<strong>an</strong>ders <strong>und</strong><br />

Henkes Kirchengeschichte. Ich suche etwas besseres als dies alles. Gerne bin ich Ihnen nach Kräften<br />

behilflich. Wünschen Sie, daß ich das Buch über Jeremia, wo<strong>von</strong> Sie geschrieben haben, erst<br />

lese, so lassen Sie es mir aus Bonn zukommen. Ich meine aber doch, daß eine solche Arbeit 14 für<br />

einen Professor Hupfeld selbst noch wohl etwas schwer wäre. Im g<strong>an</strong>zen ist es eine Absurdität, Beweise<br />

zu bringen für etwas, was über jeden Beweis erhaben ist; ja es ist dies eine Frivolität. Ich<br />

freue mich indes, daß Sie sich nicht aus dem Felde schlagen, <strong>und</strong> sich den Mut nicht nehmen lassen.<br />

Was mir auf den Universitäten aber nicht gefällt, ist, daß m<strong>an</strong> da zwar die Bibel noch hat, daß indes<br />

keiner etwas <strong>von</strong> ihr wissen will. Ich hoffe mündlich mit Ihnen die Fragen zu beh<strong>an</strong>deln, für die das<br />

Papier mir nicht genügt. Sorgen Sie jetzt ja nur, daß Ihre Arbeit rein philologisch [sprachlich] bleibe,<br />

<strong>und</strong> lassen Sie sich durch all das dumme Zeug der jetzigen Gelehrsamkeit nicht einschüchtern.<br />

Gott, der gnädige Gott <strong>und</strong> Erbarmer, sei mit Ihnen, mein lieber Joh<strong>an</strong>nes. Indem ich für alle Ihre<br />

lieben Zeilen d<strong>an</strong>ksage, versichere ich Ihnen, daß ich Ihrer eingedenk bleibe vor dem Herrn. Ihrem<br />

Schreiben nach scheint es, daß Ihre jetzige Arbeit g<strong>an</strong>z <strong>und</strong> gar despotisch zurückgewiesen werden<br />

wird, sonst würde ich sagen: „Machen Sie das, was Sie jetzt haben, so kurz, daß es drei Bogen abgibt.“<br />

„Machen Sie einen Unterschied zwischen dem, was gelehrt ist, <strong>und</strong> was Gottes Wahrheit ist,<br />

<strong>und</strong> bitten Sie, daß m<strong>an</strong> Sie doch nicht Ihrer Ansichten wegen, wenn sonst die Arbeit gut wäre, vom<br />

14 Prof. Hupfeld in Halle, welcher der zuerst <strong>von</strong> W. eingereichten Arbeit den wissenschaftlichen Charakter<br />

abgesprochen hatte <strong>und</strong> mit W.’s exegetischer Methode wie alle seine Kollegen nicht einverst<strong>an</strong>den war, schlug als<br />

Gegenst<strong>an</strong>d einer neuen Arbeit eine Untersuchung über des Jeremias hebräischen Text im Verhältnis zur<br />

Übersetzung der Septuaginta mit Bezug auf die Kritiken <strong>von</strong> Movers <strong>und</strong> Hitzig, also eine rein philologischkritische<br />

Arbeit vor, die W. d<strong>an</strong>n mit allem Eifer in Angriff nahm. (s. Zahn, a. o. O. S. XXIV u. XXV.)<br />

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