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Briefe von H. F. Kohlbrügge an J. Wichelhaus - Licht und Recht

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Gott befohlen sein; er allein ist weise, <strong>und</strong> will er, so steht ihm nichts im Wege. Sol<strong>an</strong>ge er aber zuschließt,<br />

wer wird aufmachen können? <strong>und</strong> wer k<strong>an</strong>n den Weg versperren, wenn er sendet?<br />

Was <strong>von</strong> der Maria geschrieben steht: „Maria aber bewahrte alle diese Worte <strong>und</strong> bewegte sie in<br />

ihrem Herzen“, das wünsche ich auch Dir. Eine ruhige Selbstdurchschauung <strong>und</strong> ein sich halten<br />

nach der <strong>an</strong>erk<strong>an</strong>nten Wahrheit ist besser, als ein sich häufig demütigen. Wir haben auf des Herren<br />

H<strong>an</strong>d zu sehen <strong>und</strong> nicht nach der Erde hin; nach oben hin mit uns, dahin, wo Christus ist, in jeglicher<br />

Beziehung!<br />

Ob wir auch viel wüßten, so reicht doch das Wissen nicht aus, ein L<strong>an</strong>d <strong>und</strong> Volk zu bekehren.<br />

Sei am allerersten froh, wenn Du Deine Seele wie eine Beute da<strong>von</strong>trägst (Jer. 45 Vs. 5), <strong>und</strong> laß<br />

Dir die Kunst den Bauch nicht zerreiben, wie Luther sagt.<br />

Ich verstehe es wohl, was Du damit meinst wenn Du schreibst, Du seiest durch viele Kämpfe<br />

hindurch ein Theologus geworden, aber doch, laß es Dein Hemd nicht wissen daß Du Dich für<br />

einen Theologen hältst. Du würdest sonst da<strong>von</strong> zu sehr geplagt werden, <strong>und</strong> wirst bereits da<strong>von</strong> geplagt.<br />

Jetzt erkenne ich es stückweise. Wie vieles gibt es, das wir nicht wissen! Den Herrn kennen<br />

gibt Ruhe <strong>und</strong> macht zufrieden mit den Wegen des Herrn. Wenn wir auch viel wissen so müssen wir<br />

doch noch, soll es des Herrn sein, die Art <strong>und</strong> Weise lernen, es <strong>an</strong>dern beizubringen. Dazu müssen<br />

wir auch noch in die Tiefe gebeugt werden. Eitelkeit der Eitelkeiten! Alles ist eitel!<br />

Die drei Tage vor Weihnachten lag ich kr<strong>an</strong>k <strong>und</strong> schlummerte fast den g<strong>an</strong>zen Tag auf meinem<br />

K<strong>an</strong>apee. An Schreiben war nicht zu denken. Ich konnte auch keine zwei Sätze zusammendenken.<br />

Welch eine Last drückte mich! Predigen, Abendmahl halten, <strong>und</strong> wiederum zwei Tage hinterein<strong>an</strong>der<br />

predigen <strong>und</strong> nicht wissen was, nichts haben; alles war mir verschlossen. Ich lag ohne Gefühl,<br />

wie tot. Am Samstag Nachmittag sprach ich: „Gib mir nur ein bißchen <strong>von</strong> Deiner Gnade zu<br />

schmecken, daß ich es meinen Brüdern mitteile“. Und noch heute weiß die g<strong>an</strong>ze Gemeinde <strong>und</strong> ich<br />

auch zu erzählen <strong>von</strong> dem Überschüttetsein, womit so viele <strong>und</strong> auch ich <strong>an</strong> den Festtagen, am 31.<br />

Dezember <strong>und</strong> am 1. J<strong>an</strong>uar, überschüttet worden sind.<br />

Was half mir da all mein Wissen, all meine Kenntnis? War ich da nicht ein erbärmlicher Theologe?<br />

Konnte ich mir doch mit nichts helfen!<br />

Vorigen Freitag wollte ich eine Predigt schreiben über einen Text, den ich sonst halb wach meinte<br />

auslegen zu können. Es fahren mir allerlei Ged<strong>an</strong>ken in den Kopf. Es will nichts aus der Feder<br />

heraus. Ich lege mich verdrießlich hin aufs K<strong>an</strong>apee <strong>und</strong> schlafe.<br />

Abends um 5½ Uhr nach dem Spazierg<strong>an</strong>g kommt mir Psalm 119 Vs. 17 in den Sinn: „Tue wohl<br />

deinem Knechte, daß ich lebe <strong>und</strong> dein Wort halte“. Es strömt mir zu; vor 9 Uhr ist fast die g<strong>an</strong>ze<br />

Predigt geschrieben, <strong>und</strong> Sonntag nachmittags kommen vier Seelen zufällig zusammen, hatten alle<br />

vier in schwerer Not gesessen, wußten <strong>von</strong>ein<strong>an</strong>der nichts, <strong>und</strong> alle vier sind aus der Not hinweg<br />

<strong>und</strong> jauchzen darüber, daß der Herr so gütig ist.<br />

Wozu schreibe ich Dir dieses? Sprüche 30,2-4, Hiob 38,3. Wie viel habe ich gelesen, wie eifrig<br />

studiert, <strong>und</strong> fahre auch damit fort! Ich habe viel gesehen, sehr viel, aber wenn’s drum geht, habe<br />

ich nichts, sehe ich nichts. Wie m<strong>an</strong>chmal sitze ich auf meiner Stube <strong>und</strong> weine, daß ich ein so erbärmlicher<br />

Knecht bin, <strong>und</strong> daß ich so nichts weiß.<br />

Du hast mich in Utrecht gek<strong>an</strong>nt, mein lieber Joh<strong>an</strong>nes. Ich kenne den wichtigen Posten, auf<br />

welchem Du stehst; höre aber auf, etwas <strong>von</strong> Dir zu halten. Simeon muß ein tüchtiger Theologe gewesen<br />

sein; er saß aber als ein schlichter <strong>und</strong> unbek<strong>an</strong>nter M<strong>an</strong>n in seinem Kämmerlein; er muß es<br />

erfahren haben, was es bedeutet: „Dieser ist gesetzt zu einem Fall <strong>und</strong> Aufersteh’n vieler in Israel<br />

<strong>und</strong> zu einem Zeichen, dem widersprochen wird“ (Luc. 2 Vs. 34), <strong>und</strong> seine Quintessenz [Haupt-<br />

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