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Briefe von H. F. Kohlbrügge an J. Wichelhaus - Licht und Recht

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Mein lieber Joh<strong>an</strong>nes!<br />

48.<br />

Du hast alle Ursache, auf mich zu schelten, daß ich Dich so l<strong>an</strong>ge ohne Antwort auf Dein doppeltes<br />

Schreiben gelassen habe. Wie oft bin ich mit meinem Geiste bei Dir! Aber Du kennst mich <strong>und</strong><br />

weißt, wie ich <strong>von</strong> allem beschwert werde. Ich will mit Deinem ersten Schreiben beginnen. Ich habe<br />

wohl Lust, etwas für das Volksblatt zu schreiben, aber das „w<strong>an</strong>n“ muß ich dem überlassen, der<br />

mich leitet, <strong>und</strong> uns unsern Willen nicht läßt. Hast Du das M<strong>an</strong>uskript mit den katechetisch-dogmatischen<br />

Aufsätzen über Gottes Wort mitgenommen? Ich k<strong>an</strong>n’s hier nicht finden. Bis dahin hatte ich<br />

auch keine Zeit, Dir etwas über die Ev<strong>an</strong>gelien mitzuteilen. Schaue darin das Wogen menschlichen<br />

Elendes <strong>und</strong> Herzenshärte <strong>und</strong> Eigengerechtigkeit gegen die Barmherzigkeit, die Gnade <strong>und</strong> die Gerechtigkeit<br />

Gottes; <strong>und</strong> wiederum das Wogen dieser Barmherzigkeit gegen die Sünde <strong>an</strong> <strong>und</strong> über<br />

die Sünde her. Der Brennpunkt ist das Kreuz; das Feld, wo die große Schlacht geschlagen wird, ist<br />

Gethsem<strong>an</strong>e, des Hohenpriesters Saal, Gabbatha-Golgatha, <strong>und</strong> da der Sieg. D<strong>an</strong>n die neue Schöpfung<br />

in der Auferstehung, <strong>und</strong> die Aufrichtung des Reiches bei der Himmelfahrt. So hast Du den<br />

Schlüssel des G<strong>an</strong>zen, <strong>und</strong> Du siehst, wie die einzelnen Teile des Gebäudes in ein<strong>an</strong>der passen.<br />

Was Jes. 7,14 <strong>an</strong>geht, so bleibe ich dabei, Jesajas Hausfrau, sein Sohn <strong>und</strong> der <strong>an</strong>dere Sohn sind<br />

die Zeichen, <strong>und</strong> doch bleibt almah Jungfrau <strong>und</strong> nicht junge Frau. Aber wer <strong>von</strong> den Studenten begreift<br />

dieses? Ja, wer <strong>von</strong> den Verheirateten k<strong>an</strong>n seine eigene Frau als Jungfrau in gewissem Sinne<br />

schätzen? Das gehörte zu der alten guten Zeit. Unser alter Dichter Cats schreibt das irgendwo g<strong>an</strong>z<br />

schön.<br />

Die Leute, welche die formale Willensfreiheit lehren, dürfen nicht sagen: „Ich glaube <strong>an</strong> den heiligen<br />

Geist“. Traun, <strong>an</strong> diesen glauben die Theologen, soweit ich sie kenne, alle nicht mehr <strong>und</strong> haben<br />

den kleinen Lutherischen Katechismus vergessen: „Ich glaube, daß ich nicht aus eigener Vernunft<br />

<strong>und</strong> Kraft <strong>an</strong> Jesum Christum meinen Herrn glauben oder zu ihm kommen k<strong>an</strong>n, sondern der<br />

Heilige Geist hat mich durch das Ev<strong>an</strong>gelium berufen, mit seinen Gaben erleuchtet, im rechten<br />

Glauben geheiligt <strong>und</strong> erhalten“. Durch Selbstbestimmung das Gute wählen, was jetzt grade bei den<br />

Menschen gut ist, ist vor Gott verwerflich; <strong>und</strong> was vor Gott gut ist, allein gut ist, der Glaube, wer<br />

k<strong>an</strong>n sich dar<strong>an</strong> halten! Aber natürlich, wer Gottes Vorsatz <strong>und</strong> Vorherbestimmung verwirft, kommt<br />

auf solche Dummheiten, daß er meint, er könne, wolle <strong>und</strong> solle etwas.<br />

Von Jakobus’ Schiff hat m<strong>an</strong> seit dessen Abfahrt noch nichts gehört. Ich habe seitdem <strong>von</strong> verschiedenen<br />

Seiten noch m<strong>an</strong>ches vernommen, was uns getröstet <strong>und</strong> in der Hoffnung befestigt hat,<br />

daß er hier den letzten Abend durchgebrochen ist <strong>und</strong> ein für allemal die gute Wahl get<strong>an</strong> hat.<br />

Herr Diergardt hat noch nichts für Gerhard auftreiben können, er hat mit dem Grafen <strong>von</strong> Hartefeldt<br />

gesprochen; dieser will mit seinen Brüdern sprechen, die um Weihnachten nach Berlin kommen.<br />

Die <strong>von</strong> Hartefeldt’s sind bedeutende Gutsbesitzer bei Cleve, in der Mark <strong>und</strong> in Schlesien.<br />

Herr Diergardt schreibt, daß, wenn Gerhard sonst was <strong>an</strong>geboten wird, er es nicht abschlagen soll,<br />

da es ihm scheint, er werde in Berlin schwerlich Erfolg haben. Du hast gewiß auch noch nichts gef<strong>und</strong>en.<br />

Gerhard hat ein schönes Zeugnis <strong>von</strong> Dr. Thomae in Wiesbaden <strong>und</strong> erfreut sich daselbst<br />

m<strong>an</strong>cher Auszeichnung.<br />

Es geht noch immer prächtig mit Deinem Rasiermesser; ich brauchte es noch nicht schärfen zu<br />

lassen.<br />

Von Deiner lieben Schwester aus Liverpool bekam ich gestern ein ausführliches Schreiben, namentlich<br />

über allerlei Kirchliches in Liverpool.<br />

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