Briefe von H. F. Kohlbrügge an J. Wichelhaus - Licht und Recht
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Ihre mir mitgeteilte Antwort <strong>an</strong> Herrn S. haben Sie derartig abgefaßt, daß ich darüber g<strong>an</strong>z beruhigt<br />
bin. Er, der Wort <strong>und</strong> Treue hält, wird es Ihnen weiter <strong>an</strong> jeglichem guten Griff nicht fehlen lassen.<br />
Geliebter, was gibt’s? Der Diener ist nicht über seinen Meister; haben sie mich verworfen, sie<br />
werden euch auch verwerfen; haben sie mein Wort <strong>an</strong>genommen, sie werden eures <strong>an</strong>nehmen. Endlich<br />
siegt die gute Sache; aber dem Sichtbaren nach sollen wir darauf gefaßt bleiben, daß wir in jeglicher<br />
Hinsicht teilhaben werden <strong>an</strong> Christi, unsers Herrn, Schmach <strong>und</strong> Leiden, wie <strong>an</strong> seiner Herrlichkeit.<br />
Es ist doch eigen: „Wir haben ein Gesetz, <strong>und</strong> nach diesem Gesetze muß er sterben“. Es wiederholt<br />
sich dieses allerwärts. wo sich nur ein Sprößlein Christi erblicken läßt. Indessen ev<strong>an</strong>gelisiert<br />
m<strong>an</strong> immer vor<strong>an</strong>, <strong>und</strong> die Großen <strong>und</strong> die Geringen beugen sich vor dem Tiere, das wie ein Lamm<br />
spricht. Die besser sein wollen, beklagen sich zwar über m<strong>an</strong>che Inkonsequenz inbezug auf die Praxis,<br />
indessen möchte m<strong>an</strong> es selbst doch auch nicht so genau genommen wissen, <strong>und</strong> Schmach<br />
bleibt doch immer Schmach. Also mit einem „Wir haben ein Gesetz!“ muß Gott <strong>von</strong> der Bahn! –<br />
<strong>und</strong> wer ist <strong>von</strong> den Toten zurückgekommen, der uns bestimmt sagen könne, wie <strong>und</strong> was nach dem<br />
Ende der Welt sein wird!<br />
O wie kurz ist der Welt Ewigkeit, <strong>und</strong> wie schnell Babels Sturz!<br />
Gestern wurde in den hiesigen Zeitungen rühmlichst erwähnt, wie die Christen in Berlin so toler<strong>an</strong>t<br />
geworden, daß sie die Römischen in ihren Kirchen ihren Ritus feiern lassen.<br />
Diese Stadt Nimwegen, welche in der wallonischen Kirche hervorragt durch den Harnisch geistlicher<br />
Auferstehung, hat künftigen Monat eine wallonische Synode; nach Ablauf derselben ein<br />
großes Festmahl im Theater der Stadt! Dennoch ist m<strong>an</strong> daselbst festgegründet in der Lehre <strong>und</strong><br />
lebt in jeder himmlischen Empfindung.<br />
Sogar die Juden in Fr<strong>an</strong>kfurt verlegen ihres Gottes Sabbat auf den Tag dessen, den sie den Erhängten<br />
nennen.<br />
M<strong>an</strong> beschwört Symbole, welche m<strong>an</strong> selbst nie gelesen hat, hat m<strong>an</strong> sie auch gelesen. Das Gehalt<br />
(das Geld) bestimmt alles. Ein jeder möge alles für sich besorgen <strong>und</strong> einen möglichst großen<br />
Brocken der Welt für sich zu erraffen suchen! Möge Gott, wenn noch ein Gott zugegeben wird, allen<br />
gnädig sein, oder sei es der Teufel.<br />
Mein teurer Bruder! Es liegt im Menschen, daß er sich auch aus dem, was er um Gottes willen<br />
leidet, etwas macht, <strong>und</strong> er möchte deswegen gern hofiert sein.<br />
Die Frucht der Trübsal ist Gerechtigkeit. Eine solche sehen Sie vor Ihren Augen reifen, damit Sie<br />
da<strong>von</strong> reiche Ernte haben.<br />
Seien Sie der Obhut des ewig treuen Erbarmers <strong>an</strong>befohlen! Ich bin Ihrer tagtäglich eingedenk,<br />
<strong>und</strong> es ist mir eine Freude, zu wissen, wie Sie im Herrn beim Guten beharren. Nein, es gibt hier auf<br />
der Welt nichts Haltbares! Aber des Herrn Herrn Wort bleibt in Ewigkeit, <strong>und</strong> wer ist je beschämt<br />
oder zu Sch<strong>an</strong>den geworden, der seinen heiligen <strong>und</strong> allein guten Namen <strong>an</strong>gerufen hat!<br />
Es grüßt Sie meine liebe Frau <strong>und</strong> meine Kinder. – O, eine Hoffnung, lebendig durch Jesu Christi<br />
Auferstehung <strong>von</strong> den Toten! Wie überleben wir in ihr die kommenden <strong>und</strong> gehenden Geschlechter,<br />
welche die Lüge lieben <strong>und</strong> Ungerechtigkeit tun <strong>und</strong> Gewalt trinken wie Wasser. – Geliebter, die<br />
Gnade mit Ihnen in Hoffnung ewigen Lebens! – Ihr <strong>von</strong> Herzen Sie liebender <strong>und</strong> <strong>an</strong> Ihnen Anteil<br />
nehmender Bruder H. F. <strong>Kohlbrügge</strong>.<br />
Nimwegen, den 6. Juli 1844.<br />
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