Briefe von H. F. Kohlbrügge an J. Wichelhaus - Licht und Recht
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Meine lieben Brüder <strong>Wichelhaus</strong> <strong>und</strong> Meier!<br />
24.<br />
Unsern Gruß zuvor! Ich sage Euch vielen D<strong>an</strong>k für Eure werten Schreiben vom 7. <strong>und</strong> 22. ds. Es<br />
ist mir sehr tröstlich, daß Ihr Euch meiner Jonaspredigten so treulich <strong>an</strong>nehmet, daß auch dieses<br />
mein Kind ordentlich wird präsentiert werden können. Gegen die vorgeschlagenen Aufschriften<br />
habe ich nichts, finde sie im Gegenteil sehr <strong>an</strong>gebracht. Vergeßt nur nicht, diesmal auf den Titel<br />
„Pastor der Niederländisch-reformierten Gemeinde“ drucken zu lassen. Dieses um unserer lieben<br />
Gemeinde willen. Was den Katechismus <strong>an</strong>geht, so habe ich aus allen vorgeschlagenen Titeln den<br />
folgenden gewählt: „Kleiner Katechismus, oder kurzgefaßte Form der Lehre nach dem Heidelberger<br />
Katechismus“. Das „zum Gebrauch bei der niederl.-reform. Gemeinde in Elberfeld“ wird weggelassen.<br />
Unten steht g<strong>an</strong>z einfach: „Gedruckt zu Halle bei N. N.“ (ich weiß den Namen des Druckers<br />
augenblicklich nicht). Was die Abänderungen <strong>an</strong>geht, so möchte ich doch bitten, alles so zu lassen,<br />
wie ich es geschrieben. Ich will später wohl sagen, warum.<br />
Alles übrige so, wie ich es abgefaßt habe, wenn wenigstens nicht g<strong>an</strong>z gegen die deutsche Sprache<br />
gesündigt ist.<br />
Ich freue mich, daß Ihr Euch zufrieden gebet mit dem, was der Herr Euch nach seiner Weisheit<br />
<strong>und</strong> Gnade über Euch gibt. Denket <strong>an</strong> meine 20 Jahre! Es muß alles l<strong>an</strong>ge warten <strong>und</strong> harren, was<br />
Gottes ist. Wenn es am Ende nur gut ausgeht, wenn Gott nur gerechtfertigt wird, <strong>und</strong> wir unsere<br />
Seelen als eine Beute da<strong>von</strong>getragen haben, so haben wir dem Rate Gottes gedient. Jesajas, der<br />
große Prophet, hat auch klagen müssen: „Wer glaubt unserer Predigt? <strong>und</strong> wem wird der Arm des<br />
Herrn geoffenbart?“ Ein <strong>an</strong>deres Mal ruft er in Christo: „Meine Kraft wirkt vergebens, <strong>und</strong> mein<br />
<strong>Recht</strong> geht vor meinem Gott vorbei“. Das Zeugnis wirkt dennoch, wenn es vor unsern Augen auch<br />
verborgen ist. Wir lernen so schnell nicht, was Demut ist. Eigenliebe <strong>und</strong> etwas-bedeuten-wollen<br />
steckt tief. Liebe Gottes geht außerdem vor Nächstenliebe, wenn wir sie haben. Gott will gerechtfertigt<br />
sein am Geist. Die Geister fühlen es übrigens wohl, wo die Wahrheit steckt. Mich hat Luthers:<br />
perfer et obdura [Halte aus <strong>und</strong> werde hart] stets sehr getröstet. Können wir mit unserer Vernunft<br />
etwas <strong>an</strong>deres, als uns selbst <strong>und</strong> <strong>an</strong>dere auf den Irrweg führen? Lehren wir, so haben wir<br />
auch die Ver<strong>an</strong>twortung für die Seelen auf uns, die wir geleitet haben. Wer selbst noch das Exerzieren<br />
zu lernen hat, darf so viele M<strong>an</strong>nschaft nicht unter sich haben, sie das Exerzieren zu lehren;<br />
denn hier geht’s nicht um Luftstreiche, sondern darum, daß dem Feinde widerst<strong>an</strong>den sei. Darum<br />
sind wir mit dem Kindersinn: „Ach, mein himmlischer Vater, dein Kind weiß noch nichts, weiß<br />
nicht, wie dies <strong>und</strong> das zu machen; leite Du mich, lehre Du mich!“ wohl dar<strong>an</strong>. Wenn das im Herzen<br />
liegt, d<strong>an</strong>n frisch <strong>an</strong>s Steineklopfen! Saure Arbeit zwar, aber Gott wird sich wohl sammeln, was<br />
bei ihm erwählt ist. Experientia me docuit. [Die Erfahrung hat’s mich gelehrt.]<br />
Es bleibt mir doch immer ein Rätsel, daß die Menschen nicht so ehrlich sind, einzugestehen:<br />
Derjenige Geist, <strong>von</strong> dem Paulus Römer 8, <strong>und</strong> im Korintherbrief schreibt, muß eine selbständige<br />
Person sein. Glaubten wir nur die Worte für uns selbst: „Dieses alles wirket derselbige einige Geist<br />
<strong>und</strong> teilt einem jeglichen seines mit, nach dem er will“. – Aber ach, dar<strong>an</strong> liegt es: Wir meinen, wir<br />
seien die Geister <strong>und</strong> verstehen nicht, daß wir ein Hauch sind. O, hätte ich nur Zeit! Ich schriebe<br />
gern darüber eine Abh<strong>an</strong>dlung, eine durchschlagende; aber m<strong>an</strong> will die Wahrheit nicht. Es ist doch<br />
schrecklich, inne zu werden: „Der Heilige Geist ist“. Da hat’s ja in jeder Beziehung mit uns ein<br />
Ende.<br />
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