Briefe von H. F. Kohlbrügge an J. Wichelhaus - Licht und Recht
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sal <strong>und</strong> Weide beschickte. Petrus <strong>an</strong>twortet zweimal nicht: „agapo se“ sondern „philo se“. Zum<br />
dritten Mal fragt ihn der Herr nicht mehr: „agapas me?“ sondern: „phileis me?“ Ich will nicht darauf<br />
dringen, ob du mich mehr liebst als diese [1. Frage], ja selbst nicht einmal, ob du mich liebst [2.<br />
Frage], sondern jetzt nur noch dies eine: „Bist du mein Fre<strong>und</strong>? [3. Frage]. Willst du mich gastlich<br />
als Fre<strong>und</strong> aufnehmen, wenn ich darbe?“ Schneidend eingreifend war diese letzte Frage. Es geht<br />
aber auch so leicht nicht her. Es meint wohl ein jeder, es könne keiner Gott mehr lieben als er; er<br />
liebe die Wahrheit, er liebe Christum, er liebe das Wort; kommt es aber auf die Probe mit der Liebe,<br />
d<strong>an</strong>n erweist es sich in Wahrheit, wie viel denn nun der Herr, <strong>und</strong> wie viel das Wort bei ihm gilt. –<br />
Ich sage Ihnen D<strong>an</strong>k für das, was Sie mir in betreff Ihrer Arbeit 6 mitteilen. Ich würde sie ohne<br />
näheren Anlaß nicht drucken lassen, sondern erst premere in nonum <strong>an</strong>num [aufs neunte Jahr bearbeiten],<br />
es sei denn, daß etwa dringender Anlaß dazu komme.<br />
Und nun während ich mich freue, daß Sie die Sache des Licentiats so emsig treiben, bitte ich Sie:<br />
Lassen Sie sich das Verk<strong>an</strong>nt- oder Nichtverk<strong>an</strong>ntsein in seiner wahren Gestalt vor Augen bleiben!<br />
Alles ist Eitelkeit, <strong>und</strong> beides könnte Ihrer Seelen Seligkeit schädlich sein, entweder, daß Sie sich<br />
nur einen Augenblick einen Namen daraus machen, daß m<strong>an</strong> Sie nicht estimiert, oder daß m<strong>an</strong> Sie<br />
ohne weiteres durchließe. Machen Sie sich nichts aus allem, was m<strong>an</strong> Ihnen zumutet, aber alles aus<br />
Gottes Erbarmen <strong>und</strong> seiner ewigen Gnade, welche reich ist über alle, die ihn <strong>an</strong>rufen. Der Herr Jesus<br />
sei mit Ihrem Geiste! Es grüßt Sie meine Frau. Hebr. 12, Vs. 22 u. 23. Ich grüße Sie in zärtlicher<br />
Liebe.<br />
G<strong>an</strong>z der Ihrige <strong>Kohlbrügge</strong>,<br />
Utrecht, den 1. 2. 3. J<strong>an</strong>. 1844.<br />
______<br />
Geliebter Bruder in unserm Herrn Jesu Christo!<br />
3.<br />
Ich bin jetzt hier mit meiner Frau, meinen Söhnen <strong>und</strong> Annchen bis zum 13., den 17. oder 20. bin<br />
ich wieder hier <strong>und</strong> bleibe noch bis zum 24. oder 27.<br />
Vorgestern erhielt ich Ihre Mitteilung, wie es Ihnen ferner erg<strong>an</strong>gen sei.<br />
Gnade, Barmherzigkeit, Friede <strong>und</strong> Freude im Heiligen Geist!<br />
Es macht nicht Freude, so <strong>von</strong> allen Seiten sich gedrängt zu fühlen sein Leben dr<strong>an</strong>zugehen samt<br />
allen Erwartungen der Jugend, <strong>und</strong> sozusagen ins Blaue hineinzusehen, ohne hienieden auch nur<br />
eine einzige Erwartung zu haben, während alle <strong>an</strong>deren Menschen doch etwas geworden sind.<br />
Es kam in die Welt noch nichts so Albernes hinein, was nicht seine Anbeter <strong>und</strong> irgendwelche<br />
Ehre f<strong>an</strong>d; nur der lebendige Gott findet hier nichts, wo er sein Haupt niederlegen könnte. Im Gegenteil,<br />
daß er sich auch nur in etwa zeigt, <strong>und</strong> wo er sich d<strong>an</strong>n so zeigt, daß er daselbst eine Stellung<br />
hat, wie sie ihm zukommt, wird ihm zur Schmach <strong>an</strong>gerechnet.<br />
Obwohl m<strong>an</strong> ihn aber hinten<strong>an</strong>setzt, daß er nichts gelten soll, obwohl m<strong>an</strong> seine eigenen Wege<br />
geht <strong>und</strong> mutwillig eigene Lust treibt, will m<strong>an</strong> dennoch <strong>von</strong> ihm komplimentiert sein, daß m<strong>an</strong> ihn<br />
hat, liebt <strong>und</strong> ehrt.<br />
Dieses Kompliment möchte die Welt sich gern erstürmen, bald mit Lob <strong>und</strong> einem sich Gebärden,<br />
als wolle m<strong>an</strong> denken wie er <strong>und</strong> glauben wie er, bald mit List <strong>und</strong> Gaben, bald mit Folter <strong>und</strong><br />
6 Die für die Promotion in Bonn bestimmte Arbeit h<strong>an</strong>delte über die vier ersten Bücher der Kirchengeschichte des<br />
Eusebius.<br />
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