Briefe von H. F. Kohlbrügge an J. Wichelhaus - Licht und Recht
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Halle, den 12. November 1856.<br />
Lieber Herr Pastor!<br />
Anlage 19 zu Brief 75.<br />
Vielen herzlichen D<strong>an</strong>k für Ihren lieben Brief <strong>und</strong> seine Mitteilungen. Was Sie mir <strong>von</strong> Bula <strong>und</strong><br />
Huber schreiben, freut mich sehr. Ich hoffe, letzterer wird Ihnen zur Hilfe sein können. Der jetzt<br />
eingetroffene K<strong>an</strong>didat heißt Künzli; er hat 3 Jahre in Zürich studiert, aber dort wenig gute Anleitung<br />
gehabt <strong>und</strong> will nun hier noch ein Jahr studieren. Sein Vater ist in guten Verhältnissen. So viel<br />
ich ihn bis jetzt kenne, ist in ihm ein sehr gediegener Gr<strong>und</strong> wahrhaftiger Nachfrage nach Gerechtigkeit<br />
<strong>und</strong> Frieden der Seele; seinem Äußeren nach ist er un<strong>an</strong>sehnlich, wie Huber, <strong>und</strong> im Predigen<br />
ist er wohl noch garnicht geübt. Er hat entschieden vor, in Elberfeld einen längeren Aufenthalt<br />
zu nehmen. Also einstweilen wird er Bula noch nicht ersetzen können, er wird aber wohl zu Ostern<br />
nach Elberfeld kommen; d<strong>an</strong>n können Sie ihn näher kennen lernen. Sollte Not <strong>an</strong> M<strong>an</strong>n gehn, so<br />
könnte er immer mal zu einem Versuche herüberreisen.<br />
Mein Kolleg (über Genesis) ist diesmal besser besetzt, stark 20, meist ältere Leute, – doch kenne<br />
ich die wenigsten näher. Die sich fest zu uns halten, sind Künzli, Böhl <strong>und</strong> Tsch<strong>an</strong>ter, die mit Joh<strong>an</strong>nes<br />
Zahn sonntäglich zur Predigt kommen. In Berlin sind ihrer jetzt fünf, die brav zusammenhalten;<br />
Adolf Zahn in Tübingen fühlt sich einsam.<br />
Mit dem Druck der Predigten 84 wird es sich wohl machen. Die Buchh<strong>an</strong>dlung des Waisenhauses<br />
will sie im Verlag nehmen; gehn sie gut <strong>und</strong> kommt’s zu einer 2. Auflage, so gibt sie auch Honorar.<br />
Einstweilen eine Sammlung zu etwa 16 bis 20 Bogen. Wollen Sie nun die Güte haben, mir die Abschriften<br />
der holländischen gedruckten Predigten zuzuschicken, so will ich das Weitere besorgen.<br />
Ich freue mich recht darauf, sie drucken zu lassen. Ich denke d<strong>an</strong>n auf den Titel zu setzen: „zum<br />
Druck befördert <strong>von</strong> J. W.“ <strong>und</strong> etwa ein einleitendes Wort, vielleicht auch hier <strong>und</strong> da eine Anmerkung,<br />
wo ich es zum Verständnis dienlich halte, zuzusetzen. Auch ist es gut, daß die zitierten Bibelstellen<br />
notiert werden. Gestern las ich mit Neuenhaus <strong>und</strong> Zahn die Predigt über Römer 6, Vs. 6 a<br />
„unser alter Mensch“; sie wünschten auch sehr den Druck.<br />
Die Kopie der Kabinetsordre kommt hierbei zurück. Es fiel mir dabei ein Brief ein, den ich 1848<br />
<strong>an</strong> Snethlage geschrieben habe; Pauline hat da<strong>von</strong> eine Abschrift genommen, welche ich beilege. Er<br />
ist natürlich nur zu vertraulicher Mitteilung geeignet, da er nicht offiziellen Charakter hat. Es können<br />
Fälle kommen, wo m<strong>an</strong> jem<strong>an</strong>d einmal schwarz auf weiß zeigt, daß die Gemeinde es nicht ist,<br />
welche gegen die Liebe <strong>und</strong> Gemeinschaft gesündigt hat. Durch die Kabinetsordre ist es nun allerdings<br />
der Gemeinde in die Schuhe geschoben, daß sie die Vereinigung suchen soll. Da sind aber 3<br />
Stücke: 1. Die ev<strong>an</strong>gelisch-reformierte Gemeinde, 2. Der Oberkirchenrat, 3. Der König. Zahn, dem<br />
ich das Schreiben mitteilte, sagt: Der König möchte wohl dem reformierten <strong>und</strong> lutherischen Bekenntnis<br />
gerecht werden, aber sobald es in Praxis geht, <strong>und</strong> Union, Agende <strong>und</strong> Kirchenordnung in<br />
Frage kommen, bricht die Sache ab. Auch hier in der Provinz hat der König die 10 reformierten Gemeinden<br />
in einer Spezial-Synode zusammen kommen lassen, <strong>und</strong> Neuenhaus hat – magni momenti<br />
factum! [Eine Tat <strong>von</strong> großer Bedeutung] durchgesetzt, daß die 10 Gemeinden einstimmig den Heidelberger<br />
Katechismus wieder einführen. Aber sogleich wird nun auch dem Konsistorium b<strong>an</strong>ge, es<br />
möchte weiter geg<strong>an</strong>gen werden <strong>und</strong> das reformierte zu stark hervortreten.<br />
Wenn ich <strong>an</strong> die Möglichkeit Ihres Wegg<strong>an</strong>ges <strong>von</strong> Elberfeld denke, – <strong>an</strong> die reformierten Gemeinden<br />
des L<strong>an</strong>des überhaupt, so kreuzen sich m<strong>an</strong>che Fragen bei mir. Möge Gott die Sache befohlen<br />
sein! Bis dahin war’s gut, daß die Gemeinde isoliert st<strong>an</strong>d, <strong>und</strong> ich möchte, sie blieb so<br />
84 Siehe die Anm. 1 zu Brief 76.<br />
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