1910-Der Bischof von Chur als Grundherr im Mittelalter
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eigenes Genossenschaftsgut 511 . Und endlich bildete die alte Cent <strong>Chur</strong>, über<br />
welche der <strong>Bischof</strong> die Vogtei inne hatte, wieder eine ökonomische<br />
Talgenossenschaft 512 . Als Inhaber der Vogtei stand dem <strong>Bischof</strong> die Besetzung<br />
des Talkanzleramtes <strong>im</strong> Engadin ob 513 . Dieser Talkanzler (cancellarius vallis)<br />
war Vorsteher der Talgenossenschaft. Er hatte die Aufsicht über die Allmende<br />
und die Privatgüter. Er hatte Kaufbriefe <strong>von</strong> Grundstücken und andere<br />
Urkunden, die sich auf Handänderungen bezogen, zu siegeln und auf Befehl des<br />
<strong>Bischof</strong>s besonders dafür zu sorgen, dass kein Fremder <strong>im</strong> Engadin Grund und<br />
Boden ankaufe. Diese letzte Verfügung ist nichts anderes <strong>als</strong> ein Ausfluss des<br />
alten Retractsrechtes der Markgenossen gegenüber Auswärtigen 514<br />
5. Kapitel.<br />
Stand der Bevölkerung.<br />
Auch in Rätien zeigt, wie anderswo, in der Feudalzeit die Bevölkerung die<br />
durch das Lehenswesen und Rittertum bedingte eigenartige Gliederung. Es sind<br />
zu unterscheiden die freien Ritter, die unfreien Ritter oder Ministerialen,<br />
Gemeinfreie, Grundhörige und Leibeigene. Im Vergleich zu der frühem Periode<br />
erscheint <strong>als</strong>o <strong>als</strong> neuer Stand der Ritterstand, der eben in die Klasse der freien<br />
und unfreien Ritter zerfällt.<br />
Durch die ritterliche Lebensführung mancher Unfreier fand ein Ausgleich nach<br />
oben statt, indem dieser Ritter-<br />
S. 134: stand sich unmittelbar dem Stand der Edlen anschloss und bald den<br />
Gemeinfreien den Rang ablief 515 . Anderseits öffnete sich aber eine tiefe Kluft<br />
zwischen diesen ritterlichen Unfreien und den niedern Unfreien.<br />
An erster Stelle ist <strong>als</strong> ein dem Herrenstand angehöriger bischöflicher Vasall<br />
das reichsunmittelbare Edelgeschlecht derer <strong>von</strong> Vatz zu nennen 516 .<br />
Dann erscheinen <strong>als</strong> Belehnte des Bistums eine Menge <strong>von</strong> Geschlechtern, die<br />
meist dem freien Ritterstand angehören, auf eigenem Boden sitzen, eigene<br />
Leute und niedere Gerichtsbarkeit besitzen, die aber nicht reichsunmittelbar,<br />
511 Mohr, Cod. dipl., 3, 126.<br />
512 Planta, Currätische Herrschaften, 38.<br />
513 Mohr, Cod. dipl., 1 220.<br />
514 Heusler, Deutsches Privatrecht, 2 60 ff.<br />
515 Schröder, Deutsche Rechtsgeschichte, 448.<br />
516 Siehe oben S. 110.