1910-Der Bischof von Chur als Grundherr im Mittelalter
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aufzufassen 137 . Solcher Argumente bedürfen wir aber auch gar nicht. Denn<br />
abgesehen da<strong>von</strong>, dass eine solche Schenkung des Grundeigentums einer<br />
halben Stadt etwas ganz Ungewöhnliches wäre, brauchen wir nur darauf<br />
hinzuweisen, dass die Stadt schon lange, bevor sie unter fränkischer Herrschaft<br />
stand, erbaut worden, dass der <strong>Bischof</strong> <strong>als</strong> alteingesessener Herr einen grossen<br />
Grundbesitz in der Stadt haben musste, dass die königliche Pfalz in <strong>Chur</strong> nur<br />
eine «curtis dominica» genannt wird, dass neben dem bischöflichen<br />
Grundeigentum, wie der urkundlich belegte vermögensrechtliche Verkehr<br />
beweist, viel freies Eigentum da war und dass <strong>als</strong>o daneben nicht mehr Raum<br />
übrig bleibt für ein so ausgedehntes königliches Privateigentum.<br />
Wir entscheiden uns <strong>als</strong>o dafür, dass es sich bei dieser Schenkung der halben<br />
Stadt nicht um eine solche <strong>von</strong> Grundbesitz handelt, und gehen hierin übrigens<br />
einig mit den uns bekannten in dieser Frage gefallenen Meinungsäusserungen.<br />
Welcher Natur sind aber nun die zugewendeten Rechte? Die Beantwortung<br />
dieser Frage gehört eigentlich nicht in dieses Kapitel, doch da das Thema<br />
S. 31: schon angeschnitten ist, wollen wir auch diese Frage zu beantworten suchen.<br />
Planta hält dafür 138 , es handle sich um einen aus römischer Zeit stammenden<br />
Hofstatt- oder Bodenzins für die halbe Grundfläche der Stadt <strong>Chur</strong>, die dem<br />
König bis dahin <strong>als</strong> Staatsgut zugestanden, während die andere - <strong>als</strong>o räumlich<br />
abgegrenzte - Hälfte schon früher, wahrscheinlich bei Gelegenheit der<br />
Ausscheidung zwischen weltlicher und geistlicher Macht des <strong>Bischof</strong>s, an<br />
letzteren abgetreten worden sei.<br />
Kind 139 meint, es handle sich um die Hälfte der Gesamteinkünfte in der Cent<br />
<strong>Chur</strong>, und lässt durchblicken, die andere Hälfte möchte nachher an die Stadt<br />
<strong>Chur</strong> <strong>als</strong> solche gelangt sein, «man kann sich», sagt er nämlich, «der<br />
Vermutung nicht erwehren, dass gerade diese Einrichtung (Teilung der Bussen<br />
und Wergelder zwischen <strong>Bischof</strong> und Stadt laut ältestem Vogtmandat) mit der<br />
Schenkung «der halben Stadt» durch Otto zusammenhängt, während Dr. <strong>von</strong><br />
Planta ann<strong>im</strong>mt, die andere Hälfte sei schon vorher dem <strong>Bischof</strong> zugeteilt<br />
gewesen».<br />
137 «publica» ist in der zitierten Urkunde (Anm. 3) wahrscheinlich zu verbinden mit dem folgenden «sub<br />
praesentia». (es folgen die Zeugen), oder es ist zu lesen «publice» scil. acta und bezieht sich auf die<br />
zugezogenen Zeugen. Siehe Rietschel, Die Civitas auf deutschem Boden, 73 ff.<br />
138 Planta a. a. O. 412.<br />
139 Christian Kind, « Die Vogtei <strong>Chur</strong>»,