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1910-Der Bischof von Chur als Grundherr im Mittelalter

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Berechtigt wird die Annahme sein, dass unter diesem halben hundert<br />

königlichen Kirchen mehr <strong>als</strong> die Hälfte bloss tituli minores waren. Die grosse<br />

Anzahl königlicher<br />

S. 76: Kirchen erklärt sich leicht, wenn man bedenkt, dass die fränkischen Könige in<br />

Rätien direkt aus der Hand der Ostgoten das Erbe der römischen Kaiser<br />

übernommen, dass fernerhin <strong>im</strong> Gebirge noch <strong>im</strong>mer unkultiviertes Land dem<br />

Aneignungsrecht des Königs anhe<strong>im</strong>fiel und dass eben nach fränkischer<br />

Auffassung zwischen königlichem Hausvermögen und Staatsvermögen nicht<br />

unterschieden wurde. Wo aber auf fiskalischem Boden ein römisches Bethaus<br />

in den Dienst der christlichen Religion überging, wo auf fiskalischem Boden<br />

eine neue Kirche errichtet wurde, da galt sie <strong>als</strong> Eigenkirche des Königs, und<br />

die Stellung der königlichen Eigenkirchen zu ihrem Herrn war <strong>im</strong> grossen und<br />

ganzen die gleiche, wie die der andern Eigenkirchen zu ihren Eigentümern.<br />

Bloss genossen die königlichen Eigenkirchen den Vorzug, dass sie zu Zehnten<br />

berechtigt waren 264 , was ihnen eine grosse wirtschaftliche Bedeutung verleihen<br />

musste. In unserm Urbar sind denn auch fast bei jeder Kirche die ihr<br />

zukommenden Zehnten verzeichnet. Ausserdem sind die Kirchen des Urbars<br />

mit Grundbesitz ausgestattet. So besitzen sie eine Anzahl Morgen <strong>von</strong> Ackerund<br />

Wiesland, Hufenland, Weinberge, Wald-, Alp- und Fischereirechte,<br />

Mühlen usw. Zu ihrem Sondergut kann ein ganzer Fronhof gehören, ebenso wie<br />

S. 77: umgekehrt die Kirche (<strong>als</strong> ecclesiae indominicata) auch einem Fronhof<br />

einverleibt sein kann. Dann finden sich <strong>im</strong> Urbar einzelne den Kirchen<br />

gehörende Huben <strong>als</strong> Zinsland ausgeliehen. Andere werden dem Priester, wo<br />

ein solcher angestellt war, <strong>als</strong> zinsfreies Leiheland gedient haben. Aber auch<br />

durch Belehnung mit den Kirchen selbst samt allen ihren Pertinenzen bewiesen<br />

die Kaiser ihre Liberalität. Solche Belehnungen weist das Urbar auch auf. <strong>Der</strong><br />

Belehnte kann ein Laie sein, der dann einen Priester anstellt oder durch den<br />

Priester einer andern Kirche den Gottesdienst versehen lässt, er kann aber auch<br />

selbst Kleriker sein, wie der mit der Kirche <strong>von</strong> Satains (bei Feldkirch) belehnte<br />

«Andreas Clericus».<br />

264 Stutz a. a. O. 164. Die Entrichtung <strong>von</strong> Zehnten <strong>als</strong> allgemeine Abgabe wurde <strong>im</strong> Frankenreich <strong>von</strong><br />

Pipin und Kar! verordnet. Ursprünglich stand der Zehnt dem <strong>Bischof</strong> zur Verfügung. Dann ging aber<br />

das Zehntrecht auch an die Pfarr- und Taufkirchen über. Doch wusste sich auch an den Zehnten der<br />

Pfarrkirche mancherorts der <strong>Bischof</strong> seinen Anteil zu wahren. Eigenkirchen bezogen Zehnten nur,<br />

wenn sie Pfarrkirchen waren, und dieser Fall war anfangs selten. Die <strong>Grundherr</strong>en wollten nun das<br />

Zehntrecht auch auf die andern Kirchen ausgedehnt wissen. Karl der Grosse verordnete, dass<br />

Zehnten, wo sie <strong>von</strong> alters her entrichtet wurden, auch fernerhin entrichtet werden sollen. Ferner<br />

erklärte er alle fiskalischen Kirchen <strong>als</strong> zehntberechtigt. Durch das Kapitular <strong>von</strong> 818 wird dann auch<br />

der Neuerwerb des Zehntrechtes unter gewissen Voraussetzungen dem <strong>Grundherr</strong>n freigegeben.

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