1910-Der Bischof von Chur als Grundherr im Mittelalter
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werden, besonders wenn sie frei waren. Diese konnten sehr wohl ihre<br />
persönliche Freiheit erhalten, während die innert der festen Bannbezirke<br />
sitzenden freien Leiheleute leicht zur Hörigkeit herabsanken.<br />
S. 145: In <strong>Chur</strong> gelang es offenbar dem <strong>Bischof</strong> nicht, eine derartige Gerichtsherrschaft<br />
<strong>im</strong> festen Bannbezirk auch über die auf ihrem Eigen sitzenden Freien zu<br />
erlangen. Dies beweist eine schon erwähnte Urkunde vom Jahr 1274 569 , laut<br />
welcher dem Reichsvogt Diethelm Meyer <strong>von</strong> Windegg <strong>als</strong> Nachfolger des<br />
frühern königlichen Grafen ein über das Eigentum an freiem Eigen<br />
entstandener Rechtsstreit zur Entscheidung vorgelegt wird. Dagegen mochte<br />
wohl die Umgebung der Kathedrale und des frühern königlichen Hofes eine<br />
engere Immunität, die mit der hohen Busse geschützt war, darstellen. Diese<br />
engere Immunität war dann ein herrschaftliches Recht auf kleinerem,<br />
engbegrenztem grundherrschaftlichem Gebiet, während die <strong>von</strong> uns in Zizers<br />
angenommene engere Immunität einen mit dem bischöflichen Grundbesitz<br />
keineswegs sich deckenden Bannkreis bildete.<br />
Was die zwar in <strong>Chur</strong>, aber ausser der vermuteten engern Immunität sitzenden<br />
Leiheleute anbetraf, so konnte sich hier wohl infolge der Nähe der Residenz <strong>im</strong><br />
Vergleich zu entfernt liegenden Besitzungen des <strong>Bischof</strong>s der Unterschied<br />
geltend machen, dass eine höhere gerichtliche Abhängigkeit vom Leiheherrn<br />
bestehen blieb, <strong>als</strong> dies gewöhnlich auf dem weitern Zinsland der Fall war.<br />
Wenn nun auch der <strong>Bischof</strong> somit über die Stadt <strong>Chur</strong> nicht eine so<br />
weitgehende abgerundete Gerichtsherrschaft, wie wir sie für Zizers und Igis<br />
annehmen, erlangen konnte, so erlangte er doch eine gewisse Bannherrschaft<br />
über diesen Bezirk - und zwar auch mit Geltung für die innert diesem Bezirk<br />
auf freiem Eigen sitzenden Leute: den Bann zu Zoll, Markt und Münze.<br />
Wir haben die dem <strong>Bischof</strong> zugestandenen Zoll- und Marktprivilegien bereits<br />
kennen gelernt, ebenso die übrigen vom König auf ihn übergegangenen<br />
Hoheitsrechte, wie das Recht auf den Hofstattzins, den Wachtdienst der<br />
S. 146: Bürger usw. 570 Zur Ausnutzung aller dieser Privilegien aber bedurfte<br />
naturgemäss der <strong>Bischof</strong> eines Bannes innerhalb der ganzen städtischen<br />
Bannmeile, aus welchem dann die Markt- und Baupolizei usw. abzuleiten ist.<br />
Darauf kommen wir noch bei der Aufführung der Gerichtsbeamtungen<br />
569 Mohr, Cod. dipl., I, Nr. 273.<br />
570 Vergl. 1. Teil, 7. Kapitel und II. Teil, 2. Kapitel.