1910-Der Bischof von Chur als Grundherr im Mittelalter
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Wenden wir uns nun einstweilen <strong>von</strong> der Geschichte der Reichsvogtei ab, so<br />
haben wir zunächst nachzuholen, dass König Otto <strong>im</strong> Jahr 1209 eben gegen die<br />
Wiederverleihung der Schirmvogtei alle bischöflichen Beamten, die Familie auf<br />
dem Sept<strong>im</strong>er, die Klöster St. Luzius und <strong>Chur</strong>walden, sowie den Hof der<br />
Domherren in Schiers <strong>von</strong> allen sogenannten «precariae exactiones» freisprach,<br />
die übrigen Familien der Kirche zu <strong>Chur</strong> aber <strong>von</strong> einer Mehrbelastung mit<br />
solchen Leistungen 320 . Diese «precariae exactiones», auch «Beden» genannt,<br />
entstanden, wie schon ihr Name sagt, nicht auf Grund eines Rechtsanspruches,<br />
sondern <strong>als</strong> für besondere Bedürfnisse freiwillig entrichtete Leistungen, die<br />
aber mit Rücksicht auf die Person des Bittenden nicht wohl verweigert werden<br />
konnten. Besonders in den Immunitäten wurden sie zugunsten der Stiftsvögte<br />
<strong>von</strong> den Vogtleuten entrichtet. In den unter einer Reichsvogtei stehenden<br />
<strong>Bischof</strong>sstädten teilen sich gewöhnlich König und Stadtherr in die «Beden» 321 .<br />
Es könnte sich <strong>als</strong>o in unserer Urkunde auch um «Beden» handeln, die der<br />
König <strong>als</strong> Inhaber der Reichsvogtei bisher teilweise bezogen und nun den<br />
Vogtleuten erliess.<br />
S. 93: Auch <strong>von</strong> der Beherbergungspflicht 322 befreite König Otto die Kleriker und die<br />
Ministerialen. Und Friedrich II. dehnte dann die obige Best<strong>im</strong>mung betreffend<br />
Bedefreiheit auch auf die Ministerialen der Tumiliasca aus 323 . Im Jahr 1300<br />
erteilte König Albrecht dem <strong>Bischof</strong> Siegfried die förmliche Erlaubnis 324 , das<br />
<strong>von</strong> den frühern Bischöfen tatsächlich schon bezogene Ungelt (auch Umgeld,<br />
Ungeld), eine Lebensmittelsteuer 325 , die aber in <strong>Chur</strong> besonders <strong>von</strong> dem in der<br />
Stadt verbrauchten Wein erhoben wurde 326 , fernerhin mit königlicher<br />
Bewilligung zu erheben.<br />
Eine neue Gunstbezeugung des gleichen Königs bedeutete die Erhöhung des<br />
Pfandschillings der Reichsvogtei um 100 Mark 327 . Denn die Einlösung der<br />
Vogtei wurde dadurch erschwert.<br />
320 Mohr, Cod. dipl., I Nr. 173.<br />
321 Schröder, Deutsche Rechtsgeschichte, 553 ff.<br />
322 Schröder, Deutsche Rechtsgeschichte, 522, 528, 535, 536.<br />
323 Mohr, Cod. dipl., I Nr. 179.<br />
324 Mohr, Cod. dipl., 2 Nr. 95, Bestätigung durch Karl VI. <strong>im</strong> Jahr 1349. Cod. dipl. 2 Nr. 329.<br />
325 Schröder, Deutsche Rechtsgeschichte, 539 und 628.<br />
326 Planta, Verfassungsgeschichte der Stadt <strong>Chur</strong>, 41.<br />
327 Mohr, Cod. dipl., 2 Nr. 104.