1910-Der Bischof von Chur als Grundherr im Mittelalter
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umgebende Gebiet heissen kann 144 . Und wenn ferner Kind <strong>im</strong> Text der<br />
Urkunde in den Ausdrücken «in loco et civitate Curia» eine deutliche<br />
Unterscheidung des Ganzen<br />
S. 33: (civitas) und eines Teils (locus) erblicken und daraus erkennen will, dass die<br />
d<strong>im</strong>idia pars civitatis sich nur auf die Cent beziehen, d. h. die Hälfte der<br />
Centeinkünfte bedeuten könne, so ist darauf aufmerksam zu machen, dass der<br />
zusammenfassende Ausdruck «quasdam res juris nostri in civitate et loco<br />
Curia» sich nicht nur auf die d<strong>im</strong>idia pars, sondern alle in der Urkunde<br />
folgenden Schenkungen bezieht, welche teilweise auch die Cent betreffen.<br />
Kinds Unterscheidung lässt <strong>als</strong>o, falls sie richtig sein sollte, doch keinen<br />
besondern Schluss hinsichtlich der d<strong>im</strong>idia pars civitatis zu. Ich würde<br />
allerdings in dem genannten Passus eher eine Häufung synonymer Begriffe<br />
sehen, wie solche oft vorkommen. Planta hält auch die Abtretung der «den<br />
freien und zinspflichtigen Stadtbewohnern und Provinzialen obliegenden<br />
Leistungen» <strong>als</strong> überflüssig, da diese auch schon in den 951 abgetretenen<br />
Fiskaleinkünften einbezogen seien. Nach meiner Ansicht könnten aber damit<br />
spezielle, <strong>im</strong> Interesse städtischer Werke geforderte Leistungen gemeint sein,<br />
deren Vorkommen auch in <strong>Chur</strong> verbürgt ist 145 . Da später der <strong>Bischof</strong> <strong>von</strong> der<br />
ganzen Stadt diesen Hofstattzins bezieht, nehme ich mit Planta an, dass er die<br />
andere Hälfte schon bei der Ausscheidung der gräflichen und bischöflichen<br />
Kompetenzen erhalten habe. Denn dafür, dass, wie Ströbele meint, die zweite<br />
Hälfte mit der Schenkung der curtis regalis an den <strong>Bischof</strong> übergegangen,<br />
scheint mir die in Frage kommende Urkunde 146 keinen genügenden<br />
Anhaltspunkt zu bieten. In jenem Tausch wird volles Eigentum übertragen,<br />
nicht bloss ein Anspruch auf gewisse Leistungen.<br />
S. 34: Dass der d<strong>im</strong>idia pars auch eine räumliche Abgrenzung in zwei Hälften<br />
entsprach, scheint mir sehr wohl möglich. Ströbele stellte es <strong>als</strong> möglich hin,<br />
dass durch unsere Urkunde die ummauerte Stadt <strong>als</strong> eine Hälfte an den <strong>Bischof</strong><br />
überging, später das vor den Mauern liegende Quartier <strong>als</strong> zweite Hälfte, und<br />
vermutet <strong>als</strong> zur letztern gehörig das «welsche Dörfli» mit dem Königshof.<br />
Diese Zweiteilung könnte allerdings ganz gut mit dem Wortlaut der Urkunde<br />
144 Rietschel a. a. O. 61.<br />
145 z.B. waren die Kosten der Leitung des Baches durch die Stadt auf die verschiedenen Mühlen verteilt.<br />
Und für die Erhaltung der Haupt- und Zollbrücke mussten die Feldiser die erforderlichen «Tramen»<br />
bis unten an den Berg liefern (Kind, Zustände in der Stadt <strong>Chur</strong> am Ende des <strong>Mittelalter</strong>s). Diese<br />
Leistungen stammen offenbar aus alter Zeit.<br />
146 Mohr, Cod. dipl., I, Nr. 56.