1910-Der Bischof von Chur als Grundherr im Mittelalter
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<strong>Der</strong> Ammann hatte <strong>als</strong>o gleichsam <strong>als</strong> Marktrichter und Marktaufseher den<br />
Bann durchzuführen, der dem <strong>Bischof</strong> infolge Verleihung der<br />
Marktgerechtigkeit, der Aufsicht über Mass und Gewicht und des Umgeldes<br />
zustand.<br />
Unter dem «auftun» des Weines ist jedenfalls eine Aufnahme der in den<br />
Kellern befindlichen Wein quanta zu verstehen.<br />
Das Proveidgericht, bestehend aus dem Proveid (<strong>von</strong> Präfekt?) und sechs<br />
Eidschwörern, wo<strong>von</strong> zwei der <strong>Bischof</strong>, einen das Kapitel und drei der Rat<br />
erwählte, hatte die Bau- und Strassenpolizei durchzuführen 595 , welches<br />
Bannrecht dem <strong>Bischof</strong> wahrscheinlich durch die Verleihung der Hofstattzinse<br />
zugefallen war 596 . Dem Proveid wurden Grundzinse, den Eidschwörern Bussen<br />
zur Entschädigung zugewiesen.<br />
Als amtliche Urkundsperson (Notar) fungierte der Kanzler, der ein Siegel mit<br />
einem Adler führte.<br />
Im Oberengadin erscheint der <strong>Bischof</strong> schon früh <strong>als</strong> Inhaber der gräflichen<br />
Judikatur, ohne dass sich der Übergang dieser Rechte auf ihn nachweisen liesse.<br />
Da nach dem Übergang der Gamertinger und Tarasper Besitzungen keine<br />
andere <strong>Grundherr</strong>schaft <strong>als</strong> diejenige des Bistums vorhanden war, lag <strong>als</strong>o die<br />
ganze Gerichtsbarkeit in seinen Händen. Das Immunitätsgericht der<br />
<strong>Grundherr</strong>schaft,<br />
S. 151: das vielleicht früher schon die Gamertinger ausgeübt 597 , lag vermutlich in den<br />
Händen des Obermeyers zu Zuoz. Dieser Hof wie auch die übrigen bildeten<br />
wahrscheinlich engere Immunitäten. Die hohe Vogtei, die <strong>als</strong>o alle ausser der<br />
Immunitätsgerichtsbarkeit der bischöflichen <strong>Grundherr</strong>schaft liegenden<br />
richterlichen Befugnisse in sich vereinigte, wurde durch einen Ammann<br />
ausgeübt 598 . Jährlich fanden zwei Gerichtsversammlungen statt, nämlich an<br />
Sankt Johann und an Sankt Michael, während welcher der Herrenhof die<br />
Bewirtung der Richter zu übernehmen hatte. Was diese Richter betrifft, so ist<br />
anzunehmen, dass die freie Bevölkerung des Oberengadins die Geschwornen<br />
stellte. Wie das Talkanzleramt und das Vizedominat, so ging Ende des 13.<br />
Jahrhunderts auch das Ammannamt in Form eines sogar durch Frauen<br />
595 Siehe z.B. Mohr, Cod. dipl., 4 Nr. 253.<br />
596 Vergl. Planta, Verfassungsgeschichte der Stadt <strong>Chur</strong> <strong>im</strong> <strong>Mittelalter</strong>, 35 ff.<br />
597 Muoth, Currätien in der Feudalzeit, 55.<br />
598 Muoth a. a. O. 58.