1910-Der Bischof von Chur als Grundherr im Mittelalter
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nicht reden 219 . Das Hofrecht, wenn man es so nennen will, ist ein einheitliches<br />
Recht, soweit es nur Leiheverhältnisse beschlägt, kann auch innerhalb der<br />
engeren Immunität ein Standesrecht darstellen, wenn nur Unfreie dort sitzen -<br />
und die Freien zogen sich in dieser Zeit tatsächlich <strong>im</strong>mer mehr auf die weitere<br />
Immunität zurück, sobald aber neben den Unfreien auch Freie in Betracht<br />
kommen, ist es kein Standesrecht mehr. Damit fällt für uns auch die oft<br />
gemachte Unterscheidung <strong>von</strong> hofrechtlichen, das heisst unfreien Leihen und<br />
den <strong>im</strong> Gegensatz dazu stehenden freien Leihen dahin.<br />
Kehren wir nun zum Schluss noch einmal zum. Immunitätsdiplom Ottos III.<br />
zurück! Es muss nämlich noch erwähnt werden, dass dasselbe auch einen<br />
Anhaltspunkt über die Organisation des Immunitätsgerichtes bietet. Es wird<br />
nämlich darin <strong>von</strong> einem advocatus (Vogt), den der <strong>Bischof</strong> selbst ernenne, <strong>als</strong><br />
ausübendem Organ des Immunitätsgerichtes gesprochen. Nun darf man diesen<br />
advocatus jedenfalls nicht mit dem später vorkommenden Reichsvogt oder<br />
Schirmvogt, die beide auch advocatus genannt werden 220 , verwechseln, wie<br />
dies Fetz getan hat 221 . In unserer Urkunde kann mit dem advocatus eben nur der<br />
Immunitätsrichter gemeint sein. Doch könnte wohl die Urkunde diese für den<br />
Immunitätsrichter <strong>im</strong> Reich überall gebräuchliche Bezeichnung gebraucht<br />
haben, ohne dass in Currätien, wo wir ja schon manche eigenartige Verhältnisse<br />
getroffen, der Immunitätsrichter wirklich so genannt worden sein müsste. Es<br />
könnte direkt <strong>von</strong> dem scul-<br />
S. 64: thasius, der in den Anfängen der <strong>Chur</strong>er Hofgerichtsbarkeit sicher auch<br />
richterliche Befugnisse ausübte 222 , dieses Amt des Immunitätsrichters auf den<br />
Vitztum, der es in spätem Jahrhunderten inne hat 223 , übergegangen sein.<br />
Eher möchte ich aber doch mit Planta 224 annehmen, dass wirklich ein «Vogt»<br />
auch in <strong>Chur</strong> die Immunitätsgerichtsbarkeit ausübte. Dagegen spricht nicht,<br />
dass später der Vogt in <strong>Chur</strong> stets in anderer Bedeutung auftritt. Diese<br />
Bezeichnung konnte ja die verschiedenste Bedeutung in sich schliessen 225 . Für<br />
unsere Annahme aber scheinen verschiedene Urkunden zu sprechen, die auch<br />
219 Seeliger a. a. O. 117 ff.<br />
220 Über den Reichs- und Schirmvogt siehe unten S. 90 f.<br />
221 Fetz, Schirmvogtei des Hofstiftes <strong>Chur</strong>.<br />
222 Siehe oben S. 54.<br />
223 Siehe unten S. 148.<br />
224 Planta, Currätische Herrschaften, 24 ff.<br />
225 Seeliger a. a. O. 166.