1910-Der Bischof von Chur als Grundherr im Mittelalter
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wahrscheinlich Leibeigene und werden ausdrücklich genannt, weil sie wegen<br />
ihrer besondern beruflichen Ausbildung und Übung unter den Leibeigenen<br />
<strong>im</strong>merhin eine besondere Stellung einnehmen mussten. Die Bergcolonen waren<br />
vielleicht vor den übrigen Colonen in irgendeiner Beziehung bevorrechtet.<br />
Planta verbindet in der Aufzählung der mit dem Königshof tradierten Leute die<br />
Ausdrücke «colonis et vassellariis cunctis de montanis» und schliesst daraus,<br />
dass es nur in den Bergen Colonen gegeben habe und somit die <strong>im</strong> Tal<br />
liegenden Güter auf Rechnung des Grafen (<strong>als</strong>o wohl nur durch Leibeigene)<br />
bewirtschaftet worden seien. Dieser Schluss scheint mir gekünstelt. Ich trenne<br />
«colonis» <strong>von</strong> dem nachfolgenden<br />
S. 49: Passus «et vassellariis de montanis» ab. Dann bezieht sich ersterer Ausdruck an<br />
dieser Stelle nicht nur auf die an anderer Stelle genannten Coloni montanarici,<br />
sondern auf die Colonen überhaupt, und mit dem «et» werden besonders noch<br />
die «vassellarii» hinzugefügt, die begreiflicherweise nur in den Bergen<br />
vorkommen. Nachrichten über besonders für die deutschen Hörigen<br />
charakteristischen Abgaben habe ich in den bündnerischen Quellen dieser Zeit<br />
nicht gefunden.<br />
Dass in der bischöflichen <strong>Grundherr</strong>schaft viele Freie sassen, ist nicht zu<br />
bezweifeln. In dem Immunitätsdiplom Ottos In. werden. sie ausdrücklich<br />
genannt. Wie es sich damit speziell in der Stadt <strong>Chur</strong> verhielt, ist aus den<br />
Quellen nicht zu ersehen, doch darf vermutet werden, dass auch dort der<br />
<strong>Bischof</strong> zahlreiche freie Zinsleute hatte.<br />
6. Kapitel.<br />
Gerichtsbarkeit innert der <strong>Grundherr</strong>schaft.<br />
In der ersten Entwicklung der bischöflichen <strong>Grundherr</strong>schaft ist ihr Gebiet dem<br />
öffentlichen Gericht in gleicher Weise unterstellt wie das übrige Land.<br />
Dadurch, dass sich Freie <strong>als</strong> Inhaber kirchlicher Güter in ein dingliches<br />
Abhängigkeitsverhältnis begeben, werden sie nicht dem öffentlichen<br />
Gerichtsstand ihrer Volksgenossen entzogen. Dies darf für die Besitzungen des<br />
<strong>Chur</strong>er <strong>Bischof</strong>s um so eher angenommen werden, <strong>als</strong> derselbe, wie wir<br />
gesehen, während der Merowingerzeit und noch darüber hinaus auch die<br />
weltliche Herrschaft über Rätien in Händen hielt. Eine besondere Stellung<br />
musste der Inhaber einer <strong>Grundherr</strong>schaft aber <strong>im</strong>merhin wegen der grossen<br />
Zahl seiner Unfreien einnehmen. Über diese hatte er kraft des persönlichen