1910-Der Bischof von Chur als Grundherr im Mittelalter
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Leiheformen.<br />
Bei der Betrachtung der Leiheformen beschränken wir uns hinsichtlich des<br />
Objektes der Leihe natürlich auf die Leihe an Grund und Boden, die Landleihe.<br />
Doch möchten wir den Ausdruck «Leihe» vorderhand noch nicht <strong>als</strong> «Leihe <strong>im</strong><br />
engern Sinn» <strong>im</strong> Gegensatz zu «Lehen» gesetzt wissen, sondern darunter alle<br />
Landverleihungen zusammenfassen.<br />
S. 113: Als Hauptleiheformen der spätfränkischen Zeit haben wir das Precarium und<br />
das Beneficium kennen gelernt 419 , das Precarium <strong>als</strong> eine Leihe, welcher<br />
regelmässig eine Tradition vorausging, das Beneficium in seiner Eigenschaft<br />
<strong>als</strong> Leihe höherer Art. Um nun mit einiger Sicherheit über die Fortentwicklung<br />
dieser Typen bis in die Feudalzeit Schlüsse ziehen zu können, müsste man an<br />
Hand <strong>von</strong> Registern die Schicksale einer möglichst grossen Zahl <strong>von</strong><br />
best<strong>im</strong>mten Leihegütern durch Jahrhunderte hindurch verfolgen können. Für<br />
die Erkundung der Landleihe in Rätien ist bei dem fast vollständigen Fehlen<br />
<strong>von</strong> Urkunden das angedeutete Verfahren ohne weiteres ausgeschlossen. Wir<br />
müssen uns daher darauf beschränken, die Entwicklung der Landleihe in<br />
nachfränkischer Zeit überhaupt nach den massgebenden Urteilen 420 kurz zu<br />
skizzieren.<br />
Bereits ist uns bekannt, dass das fränkische Beneficium sehr vielgestaltig war.<br />
Freie und Unfreie, Ritter und Bauern, Männer und Weiber, Geistliche und<br />
Laien konnten Benefizien erhalten. Und daraus, ob die Gegenleistung des<br />
Beliehenen in einem Zins oder in einer Dienstleistung bestand, ob diese<br />
Dienstleistung sich auf den landwirtschaftlichen Betrieb oder auf die Heerfolge<br />
bezog, konnte absolut kein Rückschluss auf den Stand der beliehenen Personen<br />
gezogen werden. Zunächst übernahm dann die deutsche Kaiserzeit diese ganze<br />
Mannigfaltigkeit des fränkischen Benefizialwesens.<br />
Erst später grenzten sich einzelne Lehensarten best<strong>im</strong>mter gegeneinander ab,<br />
wie z.B. das ministerialische und das freie vasallitische Lehen. Um diese Zeit<br />
schieden auch manche Leihen aus den Lehen aus. So betrachtete man das<br />
Zinslehen nicht mehr <strong>als</strong> des ritterlichen Mannes würdig. Anderseits kamen zu<br />
den Lehen neue Lehen<br />
S. 114: (z.B. das sogenannte Beutellehen) hinzu, die früher mit den Benefizien nichts<br />
zu tun gehabt hatten.<br />
419 Siehe S. 40 ff.<br />
420 Seeliger a. a. O. 44 ff.