1910-Der Bischof von Chur als Grundherr im Mittelalter
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das Kloster St. Johann <strong>im</strong> Thurtal Anno 1265 «communi consensu et consilio<br />
S. 19: capituli nostri» 88 . Aber nicht nur bei der Weggabe con Kirchen, die <strong>als</strong><br />
besonders wertvolle Vermögensobjekte galten, findet sich dieser Konsens des<br />
Kapitels. Mit dem Propst <strong>von</strong> <strong>Chur</strong>walden tauscht <strong>im</strong> Jahre 1331 89 das<br />
Hochstift Güter aus «consilio et consensu cononicorum et ministerialium<br />
ejusdem ecclesiae». Lehen werden vom <strong>Bischof</strong> vergeben «et sigillo<br />
canonicorum» 90 , Güter in Zernetz Anno 1302 an Konrad <strong>von</strong> Planta verkauft<br />
«de consensu capituli nostri» 91 , endlich wird bei einer Verpfändung <strong>von</strong><br />
Rindern «mit wollen und gunst des Tegan und des Kapitels gemainlich <strong>von</strong><br />
<strong>Chur</strong>» kontrahiert 92 .<br />
Nun war mit der Zeit in <strong>Chur</strong> wie andern Diözesen 93 wohl durch die starke<br />
Zunahme des Kapitelvermögens und die Bevorzugung <strong>von</strong> adeligen<br />
Kanonikern eine Verweltlichung des Kapitels eingetreten, welches sich<br />
hauptsächlich darin äusserte, dass die Kanoniker ihre ursprünglichen rein<br />
geistlichen Pflichten vernachlässigten, ihr asketisches Leben aufgaben und sich<br />
mit Vorliebe in das weltliche Reg<strong>im</strong>ent einmischten. Schon durch eine Urkunde<br />
vom Jahr 1116 94 und dann besonders die Urbarien des Domkapitels 95 ist das<br />
Vorhandensein <strong>von</strong> ansehnlichen Kapitelsgütern verbürgt, die durch<br />
Schenkungen der Könige, der Bischöfe, gewöhnlicher Kleriker und Laien sowie<br />
auf anderem Wege an das Kapitel gelangt waren. Das Domkapitel trieb sowohl<br />
mit dem <strong>Bischof</strong> <strong>als</strong> auch nach aussen mit seinen Besitzungen einen<br />
vermögensrechtlichen Verkehr so gut wie jeder andere <strong>Grundherr</strong>. Gegenüber<br />
der wach-<br />
S. 20: senden Macht des Kapitels, das die Befugnisse der Bischöfe besonders bei<br />
deren Wahlen <strong>im</strong>mer mehr einzuengen suchte, hatten dann oft die Bischöfe eine<br />
unbequeme Stellung. Unter diesen Umständen mag manchmal die Einmischung<br />
des Domkapitels in Verwaltungsakte des <strong>Bischof</strong>s mehr eine Machtfrage<br />
gewesen sein <strong>als</strong> der Ausfluss eines feststehenden Rechtes, und wo in<br />
Verträgen des <strong>Bischof</strong>s mit Dritten eingangs oder am Schlusse der Urkunde<br />
88 Mohr, Cod. dipl., I. Nr. 250.<br />
89 Mohr, Cod. dipl., 1 Nr. 206.<br />
90 Mohr, Cod. dipl, 1 Nr. 234.<br />
91 Mohr, Cod. dipl., 2 Nr. 102.<br />
92 Mohr, Cod. dipl., 2 Nr. 21 B.<br />
93 Friedberg, Kirchenrecht, 183.<br />
94 Mohr, Cod. dipl., I. Nr. 111.<br />
95 Moor, Die Urbarien des Domkapitels aus dem XII., XIII., XIV. Jahrhundert.