1910-Der Bischof von Chur als Grundherr im Mittelalter
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Diese Territorialisierung hatte auch das Auseinandergehen <strong>von</strong> Leib- und<br />
Gerichtsherrschaft zur Folge, wenn ein Unfreier sich aus dem<br />
Herrschaftsbereich seines eigenen Herrn in denjenigen eines andern wegbegab.<br />
Was das zur Anwendung kommende Recht anbelangt, so wurde unabhängig<br />
vom Gerichtsstand gegenüber den<br />
S. 162: verschiedenen Ständen verschiedenes Recht angewendet eben das<br />
Standesrecht 645 . Einheitlich war bloss das «Hofrecht" in der Bedeutung des die<br />
dinglichen Leiheverhältnisse betreffenden Rechtes.<br />
7. Kapitel.<br />
Entstehung der Patronatsrechte aus dem Eigenkirchenwesen.<br />
In der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts trat in der Eigenkirchenfrage durch<br />
die legislatorische Tätigkeit Papst Alexanders III. auf diesem Gebiet eine<br />
bedeutende Wandlung ein. Dem Eingreifen dieses geschickten Juristen hatte<br />
aber tatsächlich die Entwicklung, welche die Frage genommen, stark<br />
vorgearbeitet 646 . Infolge der grossen Rente, welche das Geschäft der<br />
Kirchengründung abwarf, war das Moment des Eigentums an Kirche und<br />
Kirchenland, das an und für sich <strong>im</strong> Vergleich zu den Zehnten und sonstigen<br />
Einkünften recht bedeutungslos war, ganz in den Hintergrund getreten. Das<br />
einheitliche Eigenkirchenrecht löste sich in Einzelrechte auf. Man sprach <strong>von</strong><br />
einem «jus fundi oder fundationis", einem «jus petitionis» oder «patronatus»,<br />
«jus conductus», «jus praesentationis», «donum (oder investitura) ecclesiae»<br />
d.h. Kirchensatz usw. Von der proprietas war nicht mehr stark die Rede.<br />
Diese Entwicklung benutzte nun Alexander III. in äusserst geschickter Weise<br />
für die Sache der Kirche, indem er an Stelle der Eigentumsbasis die<br />
Dankbarkeit der Kirchen setzte und das Patronatsrecht darauf aufbaute.<br />
Äusserlich schien, dieses vom alten Eigenkirchenrecht<br />
S. 163: nicht sehr abzuweichen. Und doch hatte sich sein Wesen total verändert. Früher<br />
waren die «temporalia» obenan gestanden, jetzt traten die «spiritualia» in den<br />
Vordergrund. <strong>Der</strong> Patronat wurde <strong>als</strong> ein «jus temporale spirituali annexum»<br />
645 Allerdings wies das Strafrecht in dieser Zeit keine nennenswerten Standesunterschiede mehr auf.<br />
Schröder a. a. O. 777.<br />
646 Stutz,. Die Eigenkirche, 43.