1910-Der Bischof von Chur als Grundherr im Mittelalter
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Feststellungen hinsichtlich der CR wollen wir uns begnügen.<br />
S. 54: Wir haben bisher <strong>als</strong>o gesehen, dass dem <strong>Bischof</strong> <strong>als</strong> <strong>Grundherr</strong> kraft<br />
persönlicher und dinglicher Verhältnisse eine Vertretung seiner unfreien und<br />
freien Abhängigen vor Gericht und eine gewisse Gerichtsbarkeit über sie<br />
zustand, während <strong>im</strong> übrigen sein Gebiet der öffentlichen Gerichtsbarkeit<br />
unterstand. Nun wird aber in Rätien bis zur Einführung der Gauverfassung die<br />
öffentliche Gerichtsbarkeit auch vom <strong>Bischof</strong> <strong>als</strong> Inhaber der gräflichen Rechte<br />
oder seinem Stellvertreter in Gerichtssachen, dem «judex publicus», und den<br />
öffentlichen Unterrichtern, vergleichbar den fränkischen Centenaren, nach<br />
deutschem Gerichtsverfahren ausgeübt. Man muss nun annehmen, dass die<br />
oben genannten, dem <strong>Bischof</strong> persönlich zustehenden, nicht vom König<br />
delegierten Rechte durch die bischöflichen Beamten, die Schultheissen,<br />
ausgeübt wurden, sowohl vor der Einsetzung <strong>von</strong> Grafen <strong>als</strong> auch ganz<br />
besonders, nachdem das öffentliche Gericht nicht mehr vom <strong>Bischof</strong> und den<br />
ihm unterstellten Richtern sondern den Gaugrafen und Centenaren gehalten<br />
wurde. - Gewisse grundherrliche Herrschaftskreise waren <strong>als</strong>o schon früh<br />
entstanden. Geschlossenheit erlangten sie aber erst durch die förmliche<br />
Immunitätserteilung. Eine solche enthält das Diplom Ludwigs des Frommen<br />
aus dem Jahr 831 204 . Möglich ist es, dass auch schon Karl der Grosse durch<br />
eine uns verloren gegangene Urkunde der Kirche zu <strong>Chur</strong> die Immunität<br />
verlieh. In der ob genannten Urkunde Ludwigs des Frommen wird verordnet,<br />
«ut nullus judex publicus vel quislibet et judiciaria potestate in ecclesias aut<br />
loca vel agros. seu reliquas possessiones memoratae ecclesiae ad causas<br />
judiciario more audiendas vel freda aut tributa exigenda... (Lücke <strong>im</strong> Text) ad<br />
paratas faciendas aut tide jussores tollendos aut homines ipsius ecclesiae super<br />
terram ipsius commanentes injuste distringendo aut ullas redibitiones aut<br />
inlicitas occasiones... (Lücke) ullis tem-<br />
S. 55: poribus ingredi aud... (Lücke, wahrscheinlich zu ergänzen mit: audeat neve<br />
bona quae supra) memorata sunt penitus exigere presumat.» Kein Graf oder<br />
sonstiger Gerichtsbeamte soll <strong>als</strong>o kirchlichen Grund und Boden betreten, um<br />
Gericht zu halten, Friedensgelder und Grundsteuern zu erheben, Reisequartier<br />
und Verpflegung zu fordern, Bürgschaft sich leisten zu lassen (für das<br />
Erscheinen vor Gericht) oder die kirchlichen Hintersassen ungerechterweise vor<br />
Gericht zu laden oder irgend welche Abgaben oder unstatthafte<br />
aussergewöhnliche Leistungen zu erheben. Betont ist <strong>als</strong>o hauptsächlich, dass<br />
204 Mohr, Cod. dipl., I Nr. 20.